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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Das IV. Hauptstück.
22. §.

Um die Octaven anzugeben, ist also keine Verstärkung des Windes
nöthig. Will man aber einen Ton, es sey in der Höhe oder Tiefe, stär-
ker oder schwächer angeben; so merke man, daß die Verstärkung des Win-
des, und das Zurückziehen der Lippen, von dem Orte, den sie bey jedem
Tone auf dem Mundloche einzunehmen haben, den Ton höher; die Mäs-
sigung des Windes, und das Vorschieben der Lippen hingegen, den Ton
tiefer mache. Will man demnach eine lange Note schwach angeben, und
sie darauf in der Stärke des Tones wachsen lassen: so muß man anfangs
die Lippen um so viel zurück ziehen, oder die Flöte auswärts drehen, daß
der Ton, mit den andern Jnstrumenten, in einerley Stimmung bleibt.
Jn währendem stärker Blasen, schiebe man die Lippen vorwärts, oder
drehe die Flöte einwärts: widrigenfalls würde der Ton anfänglich zu tief,
und zuletzt zu hoch werden. Will man aber eben denselben Ton wieder
schwach endigen: so muß man auch die Lippen, in gehörigem Verhalte
wieder zurück ziehen; oder die Flöte auswärts drehen.

23. §.

Die Flöte hat den Naturfehler, daß einige mit Kreuzen bezeichnete
Töne, nicht ganz rein, sondern daß etliche davon ein wenig zu tief, etli-
che ein wenig zu hoch sind. Denn bey Abstimmung der Flöte hat man
darauf zu sehen, daß hauptsächlich die natürlichen Töne nach ihrer Ver-
hältniß rein gestimmet werden. Man muß also, so viel als möglich ist,
suchen, durch Hülfe des Ansatzes, und nach dem Gehöre, die mangel-
haften rein zu spielen. Es ist zwar schon im vorigen Hauptstücke etwas
davon erwähnet worden: damit man aber wiße, auf welche man am mei-
sten Achtung zu geben habe; so will ich solche hier namhaft machen.

Das ein- und zweygestriche E mit dem Kreuze; das ein- und zwey-
gestrichene außerordentliche Fis; ingleichen das zweygestrichene Gis und
As, sind zu hoch. Deswegen muß man den Wind mäßigen, und die
Flöte einwärts drehen.

Das ein- und zweygestrichene ordentliche Fis, ist zu tief; muß also
durch das Auswärtsdrehen, oder die Verstärkung des Windes erhöhet
werden.

Das zweygestrichene D und C mit dem Erniedrigungszeichen sind zu
tief. Hierbey muß man die Flöte um ein merkliches auswärts drehen.

Zu dem tiefen F, welches der schwächste Ton auf der Flöte, und auf
den meisten Flöten wegen eines unvermeidlichen Mangels ihrer innerlichen

Structur
Das IV. Hauptſtuͤck.
22. §.

Um die Octaven anzugeben, iſt alſo keine Verſtaͤrkung des Windes
noͤthig. Will man aber einen Ton, es ſey in der Hoͤhe oder Tiefe, ſtaͤr-
ker oder ſchwaͤcher angeben; ſo merke man, daß die Verſtaͤrkung des Win-
des, und das Zuruͤckziehen der Lippen, von dem Orte, den ſie bey jedem
Tone auf dem Mundloche einzunehmen haben, den Ton hoͤher; die Maͤſ-
ſigung des Windes, und das Vorſchieben der Lippen hingegen, den Ton
tiefer mache. Will man demnach eine lange Note ſchwach angeben, und
ſie darauf in der Staͤrke des Tones wachſen laſſen: ſo muß man anfangs
die Lippen um ſo viel zuruͤck ziehen, oder die Floͤte auswaͤrts drehen, daß
der Ton, mit den andern Jnſtrumenten, in einerley Stimmung bleibt.
Jn waͤhrendem ſtaͤrker Blaſen, ſchiebe man die Lippen vorwaͤrts, oder
drehe die Floͤte einwaͤrts: widrigenfalls wuͤrde der Ton anfaͤnglich zu tief,
und zuletzt zu hoch werden. Will man aber eben denſelben Ton wieder
ſchwach endigen: ſo muß man auch die Lippen, in gehoͤrigem Verhalte
wieder zuruͤck ziehen; oder die Floͤte auswaͤrts drehen.

23. §.

Die Floͤte hat den Naturfehler, daß einige mit Kreuzen bezeichnete
Toͤne, nicht ganz rein, ſondern daß etliche davon ein wenig zu tief, etli-
che ein wenig zu hoch ſind. Denn bey Abſtimmung der Floͤte hat man
darauf zu ſehen, daß hauptſaͤchlich die natuͤrlichen Toͤne nach ihrer Ver-
haͤltniß rein geſtimmet werden. Man muß alſo, ſo viel als moͤglich iſt,
ſuchen, durch Huͤlfe des Anſatzes, und nach dem Gehoͤre, die mangel-
haften rein zu ſpielen. Es iſt zwar ſchon im vorigen Hauptſtuͤcke etwas
davon erwaͤhnet worden: damit man aber wiße, auf welche man am mei-
ſten Achtung zu geben habe; ſo will ich ſolche hier namhaft machen.

Das ein- und zweygeſtriche E mit dem Kreuze; das ein- und zwey-
geſtrichene außerordentliche Fis; ingleichen das zweygeſtrichene Gis und
As, ſind zu hoch. Deswegen muß man den Wind maͤßigen, und die
Floͤte einwaͤrts drehen.

Das ein- und zweygeſtrichene ordentliche Fis, iſt zu tief; muß alſo
durch das Auswaͤrtsdrehen, oder die Verſtaͤrkung des Windes erhoͤhet
werden.

Das zweygeſtrichene D und C mit dem Erniedrigungszeichen ſind zu
tief. Hierbey muß man die Floͤte um ein merkliches auswaͤrts drehen.

Zu dem tiefen F, welches der ſchwaͤchſte Ton auf der Floͤte, und auf
den meiſten Floͤten wegen eines unvermeidlichen Mangels ihrer innerlichen

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[50/0068] Das IV. Hauptſtuͤck. 22. §. Um die Octaven anzugeben, iſt alſo keine Verſtaͤrkung des Windes noͤthig. Will man aber einen Ton, es ſey in der Hoͤhe oder Tiefe, ſtaͤr- ker oder ſchwaͤcher angeben; ſo merke man, daß die Verſtaͤrkung des Win- des, und das Zuruͤckziehen der Lippen, von dem Orte, den ſie bey jedem Tone auf dem Mundloche einzunehmen haben, den Ton hoͤher; die Maͤſ- ſigung des Windes, und das Vorſchieben der Lippen hingegen, den Ton tiefer mache. Will man demnach eine lange Note ſchwach angeben, und ſie darauf in der Staͤrke des Tones wachſen laſſen: ſo muß man anfangs die Lippen um ſo viel zuruͤck ziehen, oder die Floͤte auswaͤrts drehen, daß der Ton, mit den andern Jnſtrumenten, in einerley Stimmung bleibt. Jn waͤhrendem ſtaͤrker Blaſen, ſchiebe man die Lippen vorwaͤrts, oder drehe die Floͤte einwaͤrts: widrigenfalls wuͤrde der Ton anfaͤnglich zu tief, und zuletzt zu hoch werden. Will man aber eben denſelben Ton wieder ſchwach endigen: ſo muß man auch die Lippen, in gehoͤrigem Verhalte wieder zuruͤck ziehen; oder die Floͤte auswaͤrts drehen. 23. §. Die Floͤte hat den Naturfehler, daß einige mit Kreuzen bezeichnete Toͤne, nicht ganz rein, ſondern daß etliche davon ein wenig zu tief, etli- che ein wenig zu hoch ſind. Denn bey Abſtimmung der Floͤte hat man darauf zu ſehen, daß hauptſaͤchlich die natuͤrlichen Toͤne nach ihrer Ver- haͤltniß rein geſtimmet werden. Man muß alſo, ſo viel als moͤglich iſt, ſuchen, durch Huͤlfe des Anſatzes, und nach dem Gehoͤre, die mangel- haften rein zu ſpielen. Es iſt zwar ſchon im vorigen Hauptſtuͤcke etwas davon erwaͤhnet worden: damit man aber wiße, auf welche man am mei- ſten Achtung zu geben habe; ſo will ich ſolche hier namhaft machen. Das ein- und zweygeſtriche E mit dem Kreuze; das ein- und zwey- geſtrichene außerordentliche Fis; ingleichen das zweygeſtrichene Gis und As, ſind zu hoch. Deswegen muß man den Wind maͤßigen, und die Floͤte einwaͤrts drehen. Das ein- und zweygeſtrichene ordentliche Fis, iſt zu tief; muß alſo durch das Auswaͤrtsdrehen, oder die Verſtaͤrkung des Windes erhoͤhet werden. Das zweygeſtrichene D und C mit dem Erniedrigungszeichen ſind zu tief. Hierbey muß man die Floͤte um ein merkliches auswaͤrts drehen. Zu dem tiefen F, welches der ſchwaͤchſte Ton auf der Floͤte, und auf den meiſten Floͤten wegen eines unvermeidlichen Mangels ihrer innerlichen Structur

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/68>, abgerufen am 13.11.2024.