Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite


Das I. Hauptstück.
Kurze Historie und Beschreibung der Flöte
traversiere.
1. §.

Bey fabelhaften und ungewissen Erzählungen vom Ur-
sprunge der Flöten so in die quere vor den Mund gehal-
ten werden, will ich mich nicht aufhalten. Weil wir
keine ganz sichere Nachricht davon haben; so kann es
uns gleich viel seyn, ob der Phrygische König Mydas, oder ein an-
derer, dieselben erfunden habe. Ob ein ausgehöhlter, oben abgebroche-
ner Stamm eines Holunderstrauchs, in welchen an der Seite eine kleine
Oefnung eingefaulet gewesen; darauf just der Zug des Windes getroffen;
oder sonst was anders zu dieser Erfindung den ersten Anlaß gegeben habe:
kann ich gleichfalls nicht entscheiden.

2. §.

Daß aber, in den Abendländern, die Deutschen die ersten gewesen,
welche den Grund zur Flöte traversiere nebst vielen andern Blasinstru-
menten, wo nicht von neuem geleget, doch zum wenigsten wieder hervor-
gesuchet haben; ist außer allem Zweifel. Die Engländer nennen dieses
Jnstrument deswegen: the German Flute, (die deutsche Flöte.) Die
Franzosen benennen es ebenfalls la Flaute alemande. (s. Principes
de la Flaute Traversiere, ou de la Flaute alemande, par Mr. Hotteterre
le Romain.)

3. §. Mi-


Das I. Hauptſtuͤck.
Kurze Hiſtorie und Beſchreibung der Floͤte
traverſiere.
1. §.

Bey fabelhaften und ungewiſſen Erzaͤhlungen vom Ur-
ſprunge der Floͤten ſo in die quere vor den Mund gehal-
ten werden, will ich mich nicht aufhalten. Weil wir
keine ganz ſichere Nachricht davon haben; ſo kann es
uns gleich viel ſeyn, ob der Phrygiſche Koͤnig Mydas, oder ein an-
derer, dieſelben erfunden habe. Ob ein ausgehoͤhlter, oben abgebroche-
ner Stamm eines Holunderſtrauchs, in welchen an der Seite eine kleine
Oefnung eingefaulet geweſen; darauf juſt der Zug des Windes getroffen;
oder ſonſt was anders zu dieſer Erfindung den erſten Anlaß gegeben habe:
kann ich gleichfalls nicht entſcheiden.

2. §.

Daß aber, in den Abendlaͤndern, die Deutſchen die erſten geweſen,
welche den Grund zur Floͤte traverſiere nebſt vielen andern Blasinſtru-
menten, wo nicht von neuem geleget, doch zum wenigſten wieder hervor-
geſuchet haben; iſt außer allem Zweifel. Die Englaͤnder nennen dieſes
Jnſtrument deswegen: the German Flute, (die deutſche Floͤte.) Die
Franzoſen benennen es ebenfalls la Flûte alemande. (ſ. Principes
de la Flûte Traverſiere, ou de la Flûte alemande, par Mr. Hotteterre
le Romain.)

3. §. Mi-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0041" n="[23]"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">I.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.<lb/>
Kurze Hi&#x017F;torie und Be&#x017F;chreibung der Flo&#x0364;te<lb/>
traver&#x017F;iere.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>1. §.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">B</hi>ey fabelhaften und ungewi&#x017F;&#x017F;en Erza&#x0364;hlungen vom Ur-<lb/>
&#x017F;prunge der Flo&#x0364;ten &#x017F;o in die quere vor den Mund gehal-<lb/>
ten werden, will ich mich nicht aufhalten. Weil wir<lb/>
keine ganz &#x017F;ichere Nachricht davon haben; &#x017F;o kann es<lb/>
uns gleich viel &#x017F;eyn, ob der Phrygi&#x017F;che Ko&#x0364;nig <hi rendition="#fr">Mydas,</hi> oder ein an-<lb/>
derer, die&#x017F;elben erfunden habe. Ob ein ausgeho&#x0364;hlter, oben abgebroche-<lb/>
ner Stamm eines Holunder&#x017F;trauchs, in welchen an der Seite eine kleine<lb/>
Oefnung eingefaulet gewe&#x017F;en; darauf ju&#x017F;t der Zug des Windes getroffen;<lb/>
oder &#x017F;on&#x017F;t was anders zu die&#x017F;er Erfindung den er&#x017F;ten Anlaß gegeben habe:<lb/>
kann ich gleichfalls nicht ent&#x017F;cheiden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>2. §.</head><lb/>
            <p>Daß aber, in den Abendla&#x0364;ndern, die Deut&#x017F;chen die er&#x017F;ten gewe&#x017F;en,<lb/>
welche den Grund zur Flo&#x0364;te traver&#x017F;iere neb&#x017F;t vielen andern Blasin&#x017F;tru-<lb/>
menten, wo nicht von neuem geleget, doch zum wenig&#x017F;ten wieder hervor-<lb/>
ge&#x017F;uchet haben; i&#x017F;t außer allem Zweifel. Die Engla&#x0364;nder nennen die&#x017F;es<lb/>
Jn&#x017F;trument deswegen: <hi rendition="#aq">the German Flute,</hi> (die deut&#x017F;che Flo&#x0364;te.) Die<lb/>
Franzo&#x017F;en benennen es ebenfalls <hi rendition="#aq">la Flûte alemande.</hi> (&#x017F;. <hi rendition="#aq">Principes<lb/>
de la Flûte Traver&#x017F;iere, ou de la Flûte alemande, par Mr. Hotteterre<lb/>
le Romain.)</hi></p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">3. §. Mi-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[23]/0041] Das I. Hauptſtuͤck. Kurze Hiſtorie und Beſchreibung der Floͤte traverſiere. 1. §. Bey fabelhaften und ungewiſſen Erzaͤhlungen vom Ur- ſprunge der Floͤten ſo in die quere vor den Mund gehal- ten werden, will ich mich nicht aufhalten. Weil wir keine ganz ſichere Nachricht davon haben; ſo kann es uns gleich viel ſeyn, ob der Phrygiſche Koͤnig Mydas, oder ein an- derer, dieſelben erfunden habe. Ob ein ausgehoͤhlter, oben abgebroche- ner Stamm eines Holunderſtrauchs, in welchen an der Seite eine kleine Oefnung eingefaulet geweſen; darauf juſt der Zug des Windes getroffen; oder ſonſt was anders zu dieſer Erfindung den erſten Anlaß gegeben habe: kann ich gleichfalls nicht entſcheiden. 2. §. Daß aber, in den Abendlaͤndern, die Deutſchen die erſten geweſen, welche den Grund zur Floͤte traverſiere nebſt vielen andern Blasinſtru- menten, wo nicht von neuem geleget, doch zum wenigſten wieder hervor- geſuchet haben; iſt außer allem Zweifel. Die Englaͤnder nennen dieſes Jnſtrument deswegen: the German Flute, (die deutſche Floͤte.) Die Franzoſen benennen es ebenfalls la Flûte alemande. (ſ. Principes de la Flûte Traverſiere, ou de la Flûte alemande, par Mr. Hotteterre le Romain.) 3. §. Mi-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/41
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. [23]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/41>, abgerufen am 13.11.2024.