Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.Das XVIII. Hauptstück. Wie ein Musikus gierig sey; ob von den Anwesenden, wenn das Stück zu Ende ist, einVerlangen gezeiget werde, dasselbe noch einmal zu hören. Endlich müs- sen sie auch ihrer eigenen Empfindung in etwas nachgehen, und untersu- chen, ob die angehörete Musik sie selbst gerühret habe; wenn sie auch gleich nicht allemal die Ursache davon sagen können. Finden sich nun alle die hier bemeldeten vortheilhaften Umstände bey einer Musik: so kann auch ein der Musik nicht kundiger Zuhörer sicher schlüßen, daß das Stück gut gesetzet, und gut ausgeführet worden sey. 52. §. Der Unterschied des Geschmackes, der sich bey verschiedenen 53. §. Jede Nation, die anders nicht zu den barbarischen gehöret, hat zwar 54. §. Daß
Das XVIII. Hauptſtuͤck. Wie ein Muſikus gierig ſey; ob von den Anweſenden, wenn das Stuͤck zu Ende iſt, einVerlangen gezeiget werde, daſſelbe noch einmal zu hoͤren. Endlich muͤſ- ſen ſie auch ihrer eigenen Empfindung in etwas nachgehen, und unterſu- chen, ob die angehoͤrete Muſik ſie ſelbſt geruͤhret habe; wenn ſie auch gleich nicht allemal die Urſache davon ſagen koͤnnen. Finden ſich nun alle die hier bemeldeten vortheilhaften Umſtaͤnde bey einer Muſik: ſo kann auch ein der Muſik nicht kundiger Zuhoͤrer ſicher ſchluͤßen, daß das Stuͤck gut geſetzet, und gut ausgefuͤhret worden ſey. 52. §. Der Unterſchied des Geſchmackes, der ſich bey verſchiedenen 53. §. Jede Nation, die anders nicht zu den barbariſchen gehoͤret, hat zwar 54. §. Daß
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Das XVIII. Hauptſtuͤck. Wie ein Muſikus
gierig ſey; ob von den Anweſenden, wenn das Stuͤck zu Ende iſt, ein
Verlangen gezeiget werde, daſſelbe noch einmal zu hoͤren. Endlich muͤſ-
ſen ſie auch ihrer eigenen Empfindung in etwas nachgehen, und unterſu-
chen, ob die angehoͤrete Muſik ſie ſelbſt geruͤhret habe; wenn ſie auch gleich
nicht allemal die Urſache davon ſagen koͤnnen. Finden ſich nun alle die
hier bemeldeten vortheilhaften Umſtaͤnde bey einer Muſik: ſo kann auch
ein der Muſik nicht kundiger Zuhoͤrer ſicher ſchluͤßen, daß das Stuͤck gut
geſetzet, und gut ausgefuͤhret worden ſey.
52. §.
Der Unterſchied des Geſchmackes, der ſich bey verſchiedenen
Nationen, welche an den Wiſſenſchaften uͤberhaupt Geſchmack finden, nicht
ſowohl in Anſehung des Weſentlichen, als vielmehr des Zufaͤlligen der
Muſik, aͤußert, hat in die muſikaliſche Beurtheilung den groͤßten Einfluß.
Es iſt alſo noͤthig, dieſen Unterſchied des Geſchmackes, in der Muſik,
noch etwas weitlaͤuftiger zu unterſuchen: ob ich gleich ſchon im Vorigen,
an verſchiedenen Orten, wo es noͤthig war, etwas davon angefuͤhret
habe.
53. §.
Jede Nation, die anders nicht zu den barbariſchen gehoͤret, hat zwar
in ihrer Muſik etwas, das ihr vor andern vorzuͤglich gefaͤllt: es iſt aber
theils nicht ſo ſehr von andern unterſchieden, theils nicht von ſolcher Er-
heblichkeit, daß man es einer beſondern Aufmerkſamkeit wuͤrdig ſchaͤtzen
koͤnnte. Zwey Voͤlker in den neuern Zeiten aber, haben ſich beſonders, nicht
nur um die Ausbeſſerung des muſikaliſchen Geſchmackes verdient gemacht,
ſondern auch darinne, nach Anleitung ihrer angebohrnen Gemuͤthtsnei-
gungen, vorzuͤglich von einander unterſchieden. Dieſes ſind die Jta-
liaͤner, und die Franzoſen. Andere Nationen haben dem Geſchma-
cke dieſer beyden Voͤlker den meiſten Beyfall gegeben, und entweder die-
ſem, oder jenem nachzufolgen, und etwas davon anzunehmen, geſuchet.
Hierdurch ſind die gedachten beyden Voͤlker auch verleitet worden, ſich
gleichſam zu eigenmaͤchtigen Richtern des guten Geſchmackes in der Mu-
ſik aufzuwerfen: und weil niemand von den Auslaͤndern lange Zeit nichts
dawider einzuwenden gehabt hat; ſo ſind ſie gewiſſermaßen, einige Jahr-
hunderte hindurch, wirklich die muſikaliſchen Geſetzgeber geweſen. Von
ihnen iſt hernach der gute Geſchmack in der Muſik auf andere Voͤlker
gebracht worden.
54. §. Daß
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