Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.Das XVIII. Hauptstück. Wie ein Musikus 25. §. Bey Beurtheilung der Arien ins besondere aber, wird sich dessen 26. §. Wenn man eine Singmusik, welche zu gewissen Absichten, entwe- Arie Unter andern findet man in einer gewissen Serenate: il trionfo d'Imeneo
benennet, welche 1750. in Jtalien neu ist aufgeführet worden, so wie in den übri- gen Werken ihres Verfassers, bewundernswürdige Beyspiele dieses Fehlers; und zwar von der Feder eines Welschen, der entweder seiner eigenen Muttersprache nicht mächtig zu seyn, oder zum wenigsten auf den Sinn der Wörter, und auf dessen Ausdruck, gar selten Acht zu haben scheint. Das XVIII. Hauptſtuͤck. Wie ein Muſikus 25. §. Bey Beurtheilung der Arien ins beſondere aber, wird ſich deſſen 26. §. Wenn man eine Singmuſik, welche zu gewiſſen Abſichten, entwe- Arie Unter andern findet man in einer gewiſſen Serenate: il trionfo d’Imeneo
benennet, welche 1750. in Jtalien neu iſt aufgefuͤhret worden, ſo wie in den uͤbri- gen Werken ihres Verfaſſers, bewundernswuͤrdige Beyſpiele dieſes Fehlers; und zwar von der Feder eines Welſchen, der entweder ſeiner eigenen Mutterſprache nicht maͤchtig zu ſeyn, oder zum wenigſten auf den Sinn der Woͤrter, und auf deſſen Ausdruck, gar ſelten Acht zu haben ſcheint. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0310" n="292"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das <hi rendition="#aq">XVIII.</hi> Hauptſtuͤck. Wie ein Muſikus</hi> </fw><lb/> <note xml:id="f10" prev="#f09" place="foot" n="(**)">Unter andern findet man in einer gewiſſen Serenate: <hi rendition="#aq">il trionfo d’Imeneo</hi><lb/> benennet, welche 1750. in Jtalien neu iſt aufgefuͤhret worden, ſo wie in den uͤbri-<lb/> gen Werken ihres Verfaſſers, bewundernswuͤrdige Beyſpiele dieſes Fehlers; und<lb/> zwar von der Feder eines Welſchen, der entweder ſeiner eigenen Mutterſprache<lb/> nicht maͤchtig zu ſeyn, oder zum wenigſten auf den Sinn der Woͤrter, und auf<lb/> deſſen Ausdruck, gar ſelten Acht zu haben ſcheint.</note> </div><lb/> <div n="3"> <head>25. §.</head><lb/> <p>Bey Beurtheilung der Arien ins beſondere aber, wird ſich deſſen<lb/> ungeachtet doch noch Mancher betruͤgen koͤnnen: weil die Meiſten immer<lb/> nur nach ihrer eigenen Empfindung urtheilen, und allein diejenigen Arien<lb/> fuͤr die beſten halten, welche ihnen vorzuͤglich gefallen. Die Einrichtung<lb/> einer Oper erfodert aber, daß um des Zuſammenhanges des Ganzen wil-<lb/> len, nicht alle Arien von gleicher Beſchaffenheit oder Staͤrke, ſondern von<lb/> verſchiedener Art und Natur ſeyn muͤſſen. Die erſten von den recitirenden Per-<lb/> ſonen muͤſſen, nicht nur in Anſehung der Poeſie, ſondern auch der Muſik, vor<lb/> den letztern einigen Vorzug behalten. Denn gleich wie ein Gemaͤlde, welches<lb/> aus lauter gleichfoͤrmigen ſchoͤnen Figuren beſteht, das Auge nicht ſo ein-<lb/> nimmt und reizet, als wenn etliche Figuren von geringerer Schoͤnheit<lb/> mit darunter vorkommen: ſo bekoͤmmt auch oftmals eine Hauptarie nur<lb/> alsdenn erſt ihren rechten Glanz, wenn ſie zwiſchen zwo geringere einge-<lb/> flochten wird. Nachdem die Gemuͤthtsbeſchaffenheiten der Zuhoͤrer un-<lb/> terſchieden ſind, nachdem wird auch ihr Geſchmack an den Arien unter-<lb/> ſchieden ſeyn. Einem wird dieſe, einem andern jene Arie am beſten ge-<lb/> fallen. Man darf ſich alſo gar nicht wundern, wenn dem einem dasje-<lb/> nige gefaͤllt, woran der andere gar nichts angenehmes findet; und wenn<lb/> folglich die Beurtheilung eines Stuͤckes, und beſonders einer Oper, ſo<lb/> verſchieden und ungewiß ausſchlaͤgt.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>26. §.</head><lb/> <p>Wenn man eine Singmuſik, welche zu gewiſſen Abſichten, entwe-<lb/> der fuͤr die Kirche, oder fuͤr das Theater verfertiget worden iſt, und nun<lb/> in der Kammer aufgefuͤhret wird, beurtheilen will; hat man großer Be-<lb/> hutſamkeit von noͤthen. Die Umſtaͤnde, welche damit an dem Orte ihrer<lb/> Beſtimmung verknuͤpfet geweſen ſind, die verſchiedene Art des Vortra-<lb/> ges und der Ausfuͤhrung, ſowohl in Anſehung der Saͤnger, als der Jn-<lb/> ſtrumentiſten, ingleichen, ob man das ganze Werk in ſeinem vollkomme-<lb/> nen Zuſammenhange, oder nur ſtuͤckweiſe etwas davon hoͤret, tragen ſo-<lb/> wohl zu einem guten, als zu einem ſchlechten Erfolge, ſehr viel bey. Eine<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Arie</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [292/0310]
Das XVIII. Hauptſtuͤck. Wie ein Muſikus
(**)
25. §.
Bey Beurtheilung der Arien ins beſondere aber, wird ſich deſſen
ungeachtet doch noch Mancher betruͤgen koͤnnen: weil die Meiſten immer
nur nach ihrer eigenen Empfindung urtheilen, und allein diejenigen Arien
fuͤr die beſten halten, welche ihnen vorzuͤglich gefallen. Die Einrichtung
einer Oper erfodert aber, daß um des Zuſammenhanges des Ganzen wil-
len, nicht alle Arien von gleicher Beſchaffenheit oder Staͤrke, ſondern von
verſchiedener Art und Natur ſeyn muͤſſen. Die erſten von den recitirenden Per-
ſonen muͤſſen, nicht nur in Anſehung der Poeſie, ſondern auch der Muſik, vor
den letztern einigen Vorzug behalten. Denn gleich wie ein Gemaͤlde, welches
aus lauter gleichfoͤrmigen ſchoͤnen Figuren beſteht, das Auge nicht ſo ein-
nimmt und reizet, als wenn etliche Figuren von geringerer Schoͤnheit
mit darunter vorkommen: ſo bekoͤmmt auch oftmals eine Hauptarie nur
alsdenn erſt ihren rechten Glanz, wenn ſie zwiſchen zwo geringere einge-
flochten wird. Nachdem die Gemuͤthtsbeſchaffenheiten der Zuhoͤrer un-
terſchieden ſind, nachdem wird auch ihr Geſchmack an den Arien unter-
ſchieden ſeyn. Einem wird dieſe, einem andern jene Arie am beſten ge-
fallen. Man darf ſich alſo gar nicht wundern, wenn dem einem dasje-
nige gefaͤllt, woran der andere gar nichts angenehmes findet; und wenn
folglich die Beurtheilung eines Stuͤckes, und beſonders einer Oper, ſo
verſchieden und ungewiß ausſchlaͤgt.
26. §.
Wenn man eine Singmuſik, welche zu gewiſſen Abſichten, entwe-
der fuͤr die Kirche, oder fuͤr das Theater verfertiget worden iſt, und nun
in der Kammer aufgefuͤhret wird, beurtheilen will; hat man großer Be-
hutſamkeit von noͤthen. Die Umſtaͤnde, welche damit an dem Orte ihrer
Beſtimmung verknuͤpfet geweſen ſind, die verſchiedene Art des Vortra-
ges und der Ausfuͤhrung, ſowohl in Anſehung der Saͤnger, als der Jn-
ſtrumentiſten, ingleichen, ob man das ganze Werk in ſeinem vollkomme-
nen Zuſammenhange, oder nur ſtuͤckweiſe etwas davon hoͤret, tragen ſo-
wohl zu einem guten, als zu einem ſchlechten Erfolge, ſehr viel bey. Eine
Arie
(**) Unter andern findet man in einer gewiſſen Serenate: il trionfo d’Imeneo
benennet, welche 1750. in Jtalien neu iſt aufgefuͤhret worden, ſo wie in den uͤbri-
gen Werken ihres Verfaſſers, bewundernswuͤrdige Beyſpiele dieſes Fehlers; und
zwar von der Feder eines Welſchen, der entweder ſeiner eigenen Mutterſprache
nicht maͤchtig zu ſeyn, oder zum wenigſten auf den Sinn der Woͤrter, und auf
deſſen Ausdruck, gar ſelten Acht zu haben ſcheint.
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