Feuer gespielet werden soll, wird einem, wenn man es um so viel langsa- mer spielet, als es seyn soll, endlich gewiß die Lust zu schlafen an- kommen.
46. §.
Man ist zwar schon, seit langer Zeit, ein, zu gewisser Treffung des Zeitmaaßes, dienliches Mittel auszufinden bemühet gewesen. Loulie hat in seinen Elements ou Principes de Musique, mis dans un nouvel ordre &c. a Paris, 1698, den Abriß einer Maschine, die er Chrono- metre nennet, mitgetheilet. Jch habe diesen Abriß nicht können zu sehen bekommen, und kann also meine Gedanken nicht völlig darüber eröfnen. Jnzwischen wird diese Maschine doch schwerlich von einem jeden immer bey sich geführet werden können: zugeschweigen, daß die fast allgemeine Vergessenheit derselben, da sie, so viel man weis, niemand sich zu Nutzen gemacht hat, schon einen Verdacht, wider ihre Zulänglichkeit und Tüch- tigkeit, erreget.
47. §.
Das Mittel welches ich zur Richtschnur des Zeitmaaßes am dien- lichsten befinde, ist um so viel bequemer, ie weniger Mühe es kostet, dessel- ben habhaft zu werden; weil es ein jeder immer bey sich hat. Es ist der Pulsschlag an der Hand eines gesunden Menschen. Jch will mich bemühen, eine Anleitung zu geben, wie man, wenn man sich nach ihm richtet, eine jede sich von den andern besonders unterscheidende Art des Zeitmaaßes, ohne große Schwierigkeit finden könne. Jch kann mich zwar nicht ganz und gar rühmen, der erste zu seyn, der auf dieses Mit- tel gefallen wäre: so viel ist aber auch gewiß, daß sich noch niemand die Mühe gegeben hat, die Anwendung desselben deutlich und ausführlich zu beschreiben, und zum Gebrauche der itzigen Musik bequem zu machen. Jch thue das letztere also mit desto größerer Sicherheit, da ich in Anse- hung der Hauptsache, wie mir nachher erst bekannt worden, nicht der einzige bin, der auf diese Gedanken gerathen ist.
48. §.
Jch verlange nicht, daß man ein ganzes Stück nach dem Puls- schlage abmessen solle; denn dieses wäre ungereimt und unmöglich: son- dern meine Absicht geht nur dahin, zu zeigen, wie man zum wenigsten durch zween oder vier, sechs oder acht Pulsschläge, ein jedes Zeitmaaß, so man verlanget, fassen, und vor sich, eine Erkenntniß der verschiedenen Arten desselben, erlangen, und daher zu weiterm Nachforschen Anlaß
nehmen
K k 3
Von den Pflichten aller Accompagniſten uͤberhaupt.
Feuer geſpielet werden ſoll, wird einem, wenn man es um ſo viel langſa- mer ſpielet, als es ſeyn ſoll, endlich gewiß die Luſt zu ſchlafen an- kommen.
46. §.
Man iſt zwar ſchon, ſeit langer Zeit, ein, zu gewiſſer Treffung des Zeitmaaßes, dienliches Mittel auszufinden bemuͤhet geweſen. Loulié hat in ſeinen Elements ou Principes de Muſique, mis dans un nouvel ordre &c. a Paris, 1698, den Abriß einer Maſchine, die er Chrono- metre nennet, mitgetheilet. Jch habe dieſen Abriß nicht koͤnnen zu ſehen bekommen, und kann alſo meine Gedanken nicht voͤllig daruͤber eroͤfnen. Jnzwiſchen wird dieſe Maſchine doch ſchwerlich von einem jeden immer bey ſich gefuͤhret werden koͤnnen: zugeſchweigen, daß die faſt allgemeine Vergeſſenheit derſelben, da ſie, ſo viel man weis, niemand ſich zu Nutzen gemacht hat, ſchon einen Verdacht, wider ihre Zulaͤnglichkeit und Tuͤch- tigkeit, erreget.
47. §.
Das Mittel welches ich zur Richtſchnur des Zeitmaaßes am dien- lichſten befinde, iſt um ſo viel bequemer, ie weniger Muͤhe es koſtet, deſſel- ben habhaft zu werden; weil es ein jeder immer bey ſich hat. Es iſt der Pulsſchlag an der Hand eines geſunden Menſchen. Jch will mich bemuͤhen, eine Anleitung zu geben, wie man, wenn man ſich nach ihm richtet, eine jede ſich von den andern beſonders unterſcheidende Art des Zeitmaaßes, ohne große Schwierigkeit finden koͤnne. Jch kann mich zwar nicht ganz und gar ruͤhmen, der erſte zu ſeyn, der auf dieſes Mit- tel gefallen waͤre: ſo viel iſt aber auch gewiß, daß ſich noch niemand die Muͤhe gegeben hat, die Anwendung deſſelben deutlich und ausfuͤhrlich zu beſchreiben, und zum Gebrauche der itzigen Muſik bequem zu machen. Jch thue das letztere alſo mit deſto groͤßerer Sicherheit, da ich in Anſe- hung der Hauptſache, wie mir nachher erſt bekannt worden, nicht der einzige bin, der auf dieſe Gedanken gerathen iſt.
48. §.
Jch verlange nicht, daß man ein ganzes Stuͤck nach dem Puls- ſchlage abmeſſen ſolle; denn dieſes waͤre ungereimt und unmoͤglich: ſon- dern meine Abſicht geht nur dahin, zu zeigen, wie man zum wenigſten durch zween oder vier, ſechs oder acht Pulsſchlaͤge, ein jedes Zeitmaaß, ſo man verlanget, faſſen, und vor ſich, eine Erkenntniß der verſchiedenen Arten deſſelben, erlangen, und daher zu weiterm Nachforſchen Anlaß
nehmen
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Von den Pflichten aller Accompagniſten uͤberhaupt.
Feuer geſpielet werden ſoll, wird einem, wenn man es um ſo viel langſa-
mer ſpielet, als es ſeyn ſoll, endlich gewiß die Luſt zu ſchlafen an-
kommen.
46. §.
Man iſt zwar ſchon, ſeit langer Zeit, ein, zu gewiſſer Treffung
des Zeitmaaßes, dienliches Mittel auszufinden bemuͤhet geweſen. Loulié
hat in ſeinen Elements ou Principes de Muſique, mis dans un nouvel
ordre &c. a Paris, 1698, den Abriß einer Maſchine, die er Chrono-
metre nennet, mitgetheilet. Jch habe dieſen Abriß nicht koͤnnen zu ſehen
bekommen, und kann alſo meine Gedanken nicht voͤllig daruͤber eroͤfnen.
Jnzwiſchen wird dieſe Maſchine doch ſchwerlich von einem jeden immer
bey ſich gefuͤhret werden koͤnnen: zugeſchweigen, daß die faſt allgemeine
Vergeſſenheit derſelben, da ſie, ſo viel man weis, niemand ſich zu Nutzen
gemacht hat, ſchon einen Verdacht, wider ihre Zulaͤnglichkeit und Tuͤch-
tigkeit, erreget.
47. §.
Das Mittel welches ich zur Richtſchnur des Zeitmaaßes am dien-
lichſten befinde, iſt um ſo viel bequemer, ie weniger Muͤhe es koſtet, deſſel-
ben habhaft zu werden; weil es ein jeder immer bey ſich hat. Es iſt der
Pulsſchlag an der Hand eines geſunden Menſchen. Jch will
mich bemuͤhen, eine Anleitung zu geben, wie man, wenn man ſich nach
ihm richtet, eine jede ſich von den andern beſonders unterſcheidende Art
des Zeitmaaßes, ohne große Schwierigkeit finden koͤnne. Jch kann mich
zwar nicht ganz und gar ruͤhmen, der erſte zu ſeyn, der auf dieſes Mit-
tel gefallen waͤre: ſo viel iſt aber auch gewiß, daß ſich noch niemand die
Muͤhe gegeben hat, die Anwendung deſſelben deutlich und ausfuͤhrlich zu
beſchreiben, und zum Gebrauche der itzigen Muſik bequem zu machen.
Jch thue das letztere alſo mit deſto groͤßerer Sicherheit, da ich in Anſe-
hung der Hauptſache, wie mir nachher erſt bekannt worden, nicht der
einzige bin, der auf dieſe Gedanken gerathen iſt.
48. §.
Jch verlange nicht, daß man ein ganzes Stuͤck nach dem Puls-
ſchlage abmeſſen ſolle; denn dieſes waͤre ungereimt und unmoͤglich: ſon-
dern meine Abſicht geht nur dahin, zu zeigen, wie man zum wenigſten
durch zween oder vier, ſechs oder acht Pulsſchlaͤge, ein jedes Zeitmaaß,
ſo man verlanget, faſſen, und vor ſich, eine Erkenntniß der verſchiedenen
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nehmen
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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/279>, abgerufen am 22.07.2024.
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