Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.Des XVII. Hauptstücks. VII. Abschnitt. 30. §. Aus dem was bisher gesaget worden, ist nun zu ermessen, daß es 31. §. Das Zeitmaaß in einer besondern Vollkommenheit zu verstehen, 32. §. Einige halten das Zögern oder Nachschleppen, (trainiren) oder das glei-
Des XVII. Hauptſtuͤcks. VII. Abſchnitt. 30. §. Aus dem was bisher geſaget worden, iſt nun zu ermeſſen, daß es 31. §. Das Zeitmaaß in einer beſondern Vollkommenheit zu verſtehen, 32. §. Einige halten das Zoͤgern oder Nachſchleppen, (trainiren) oder das glei-
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Des XVII. Hauptſtuͤcks. VII. Abſchnitt.
30. §.
Aus dem was bisher geſaget worden, iſt nun zu ermeſſen, daß es
bey weitem nicht hinlaͤnglich ſey, das Piano und Forte nur an denen Or-
ten, wo es geſchrieben ſteht, zu beobachten: ſondern daß ein jeder Accom-
pagniſt auch wiſſen muͤſſe, ſolches an vielen Orten, wo es nicht dabey
ſteht, mit Ueberlegung anzubringen. Hierzu nun zu gelangen, iſt ein
guter Unterricht und viel Erfahrung noͤthig.
31. §.
Das Zeitmaaß in einer beſondern Vollkommenheit zu verſtehen,
und in der groͤßten Strenge auszuuͤben, iſt eine Pflicht, ſo allen denen,
die von der Muſik Werk machen, und alſo auch allen guten Accompagni-
ſten, obliegt. Ohne dieſe wird die Ausfuͤhrung, beſonders bey einem
zahlreichen Accompagnement, allezeit mangelhaft bleiben. So viel aber
auch hieran gelegen iſt: ſo wuͤrde man doch bey genauer Unterſuchung
finden, daß Viele im Zeitmaaße noch nicht recht ſicher ſind, ohnerachtet
ſie ſich deſſen ſchmeicheln, und vielleicht ihren Fehler ſelbſt nicht gewahr
werden; ſondern daß ſie ſich nur nach andern richten, und auf ein Gera-
thewohl ſpielen. Dieſen Fehler findet man nicht nur bey jungen Leuten
allein; ſondern man wird auch wohl oͤfters gewahr, daß von ſolchen, wel-
che man fuͤr geſchikte und erfahrne Tonkuͤnſtler haͤlt, der eine im Tacte
zoͤgert, der andre ſich uͤbereilet. Hierdurch nun kann in einem Orcheſter
viel Unordnung angerichtet werden: zumal wenn ſolche Leute ohngefaͤhr
die Hauptſtimmen zu ſpielen, und andre anzufuͤhren haben.
32. §.
Einige halten das Zoͤgern oder Nachſchleppen, (trainiren) oder das
Eilen, (preſſiren) fuͤr einen Naturfehler. Es iſt wahr daß das herr-
ſchende ſogenannte Temperament viel dazu beytraͤgt: und daß ein luſtiger
oder hitziger und haſtiger Menſch zum Eilen, ein trauriger, niedergeſchla-
gener, oder ein traͤger kaltſinniger Menſch aber, zum Zoͤgern geneigt iſt.
Es iſt aber auch nicht zu laͤugnen, daß man ſein Temperament, wenn
man anders darauf Acht hat, verbeſſern und maͤßigen koͤnne. Man huͤ-
te ſich nur, daß zu den gedachten Fehlern nicht etwan die Unwiſſenheit
Anlaß gebe. Man laͤuft Gefahr darein zu verfallen, wenn man die Ein-
theilung der Noten, und den Tact uͤberhaupt, anfaͤnglich nicht durch rich-
tige Grundſaͤtze, ſondern mehrentheils nur aus eigener Uebung erlernen
will; wenn man ſich zu zeitig mit Schwierigkeiten, zu denen man noch kei-
ne Faͤhigkeit hat, einlaͤßt; wenn man ſich zu viel vor ſich allein, ohne Be-
glei-
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