Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Des XVII. Hauptstücks. VI. Abschnitt.
die kleine Terze mit der übermäßigen Quarte, die falsche Quinte mit der
großen Sexte, die übermäßige Sexte, die mangelhafte Septime, die
Septime mit der Secunde und Quarte, erfodern noch mehr Nachdruck
als die übrigen; und müssen deswegen von dem Accompagnisten, ver-
mittelst eines stärkern Anschlags, noch kräftiger vorgetragen werden.

14. §.

Um die Sache noch deutlicher zu machen, will ich über die vor er-
wähnten Dissonanzen, und über den Unterschied ihres Ausdrucks, in An-
sehung der Mäßigung und Verstärkung, ein Exempel beyfügen, s. Tab.
XXIV, Fig. 1; woraus man deutlich wird ersehen können, daß das Piano
und Forte, um die Affecten gehörig auszudrücken, bey der Ausführung,
eines der nöthigsten Dinge sey. Man spiele dieses Exempel etliche mal,
so, wie es mit dem Piano, Pianissimo, Mezzo forte, Forte, und Fortissi-
mo bezeichnet ist (*): hernach wiederhole man es in einerley Stärke des
Tones; und gebe dabey, sowohl auf die Verschiedenheit der Ziffern, als
auch auf die eigene Empfindung wohl Achtung. Jch bin versichert, wenn
man sich nur erst ein wenig, ohne Vorurtheil, an diese Art zu accompagni-
ren gewöhnet hat; wenn man die verschiedenen Wirkungen der Dissonan-
zen erkennen lernet; wenn man auf die Wiederholungen der Gedanken,
auf die haltenden Noten, welche die Lebhaftigkeit unterbrechen, auf die
Betrugsgänge, so öfters bey den Cadenzen vorkommen, und auf die No-
ten, welche zu einer fremden Tonart führen, und die durch das Kreuz oder
eckigte b erhöhet, oder aber durch das runde b erniedriget werden, genau
Acht hat; ich bin versichert, sage ich, daß man alsdenn das Piano, Mez-
zo forte, Forte, und Fortissimo, ohne daß es dazu geschrieben ist, sehr leicht
wird errathen können. Jch theile dem oben gesagten zu Folge, die Dis-
sonanzen, in Ansehung ihrer Wirkungen, und des darnach einzurichtenden
Anschlags, um mehrerer Deutlichkeit willen, in drey Classen ein. Die
erste bezeichne ich mit mezzo forte; die zweyte mit forte; und die
dritte mit fortissimo. Zur ersten Classe mezzo forte kann man
rechnen:

Die Secunde mit der Quarte,
Die Quinte mit der großen Sexte,
Die große Sexte mit der kleinen Terze,
Die kleine Septime mit der kleinen Terze,
Die große Septime.
Zur

Des XVII. Hauptſtuͤcks. VI. Abſchnitt.
die kleine Terze mit der uͤbermaͤßigen Quarte, die falſche Quinte mit der
großen Sexte, die uͤbermaͤßige Sexte, die mangelhafte Septime, die
Septime mit der Secunde und Quarte, erfodern noch mehr Nachdruck
als die uͤbrigen; und muͤſſen deswegen von dem Accompagniſten, ver-
mittelſt eines ſtaͤrkern Anſchlags, noch kraͤftiger vorgetragen werden.

14. §.

Um die Sache noch deutlicher zu machen, will ich uͤber die vor er-
waͤhnten Diſſonanzen, und uͤber den Unterſchied ihres Ausdrucks, in An-
ſehung der Maͤßigung und Verſtaͤrkung, ein Exempel beyfuͤgen, ſ. Tab.
XXIV, Fig. 1; woraus man deutlich wird erſehen koͤnnen, daß das Piano
und Forte, um die Affecten gehoͤrig auszudruͤcken, bey der Ausfuͤhrung,
eines der noͤthigſten Dinge ſey. Man ſpiele dieſes Exempel etliche mal,
ſo, wie es mit dem Piano, Pianiſſimo, Mezzo forte, Forte, und Fortiſſi-
mo bezeichnet iſt (*): hernach wiederhole man es in einerley Staͤrke des
Tones; und gebe dabey, ſowohl auf die Verſchiedenheit der Ziffern, als
auch auf die eigene Empfindung wohl Achtung. Jch bin verſichert, wenn
man ſich nur erſt ein wenig, ohne Vorurtheil, an dieſe Art zu accompagni-
ren gewoͤhnet hat; wenn man die verſchiedenen Wirkungen der Diſſonan-
zen erkennen lernet; wenn man auf die Wiederholungen der Gedanken,
auf die haltenden Noten, welche die Lebhaftigkeit unterbrechen, auf die
Betrugsgaͤnge, ſo oͤfters bey den Cadenzen vorkommen, und auf die No-
ten, welche zu einer fremden Tonart fuͤhren, und die durch das Kreuz oder
eckigte b erhoͤhet, oder aber durch das runde b erniedriget werden, genau
Acht hat; ich bin verſichert, ſage ich, daß man alsdenn das Piano, Mez-
zo forte, Forte, und Fortiſſimo, ohne daß es dazu geſchrieben iſt, ſehr leicht
wird errathen koͤnnen. Jch theile dem oben geſagten zu Folge, die Diſ-
ſonanzen, in Anſehung ihrer Wirkungen, und des darnach einzurichtenden
Anſchlags, um mehrerer Deutlichkeit willen, in drey Claſſen ein. Die
erſte bezeichne ich mit mezzo forte; die zweyte mit forte; und die
dritte mit fortiſſimo. Zur erſten Claſſe mezzo forte kann man
rechnen:

Die Secunde mit der Quarte,
Die Quinte mit der großen Sexte,
Die große Sexte mit der kleinen Terze,
Die kleine Septime mit der kleinen Terze,
Die große Septime.
Zur
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0246" n="228"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Des</hi><hi rendition="#aq">XVII.</hi><hi rendition="#b">Haupt&#x017F;tu&#x0364;cks.</hi><hi rendition="#aq">VI.</hi><hi rendition="#b">Ab&#x017F;chnitt.</hi></fw><lb/>
die kleine Terze mit der u&#x0364;berma&#x0364;ßigen Quarte, die fal&#x017F;che Quinte mit der<lb/>
großen Sexte, die u&#x0364;berma&#x0364;ßige Sexte, die mangelhafte Septime, die<lb/>
Septime mit der Secunde und Quarte, erfodern noch mehr Nachdruck<lb/>
als die u&#x0364;brigen; und mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en deswegen von dem Accompagni&#x017F;ten, ver-<lb/>
mittel&#x017F;t eines &#x017F;ta&#x0364;rkern An&#x017F;chlags, noch kra&#x0364;ftiger vorgetragen werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>14. §.</head><lb/>
            <p>Um die Sache noch deutlicher zu machen, will ich u&#x0364;ber die vor er-<lb/>
wa&#x0364;hnten Di&#x017F;&#x017F;onanzen, und u&#x0364;ber den Unter&#x017F;chied ihres Ausdrucks, in An-<lb/>
&#x017F;ehung der Ma&#x0364;ßigung und Ver&#x017F;ta&#x0364;rkung, ein Exempel beyfu&#x0364;gen, &#x017F;. Tab.<lb/><hi rendition="#aq">XXIV,</hi> Fig. 1; woraus man deutlich wird er&#x017F;ehen ko&#x0364;nnen, daß das Piano<lb/>
und Forte, um die Affecten geho&#x0364;rig auszudru&#x0364;cken, bey der Ausfu&#x0364;hrung,<lb/>
eines der no&#x0364;thig&#x017F;ten Dinge &#x017F;ey. Man &#x017F;piele die&#x017F;es Exempel etliche mal,<lb/>
&#x017F;o, wie es mit dem Piano, Piani&#x017F;&#x017F;imo, Mezzo forte, Forte, und Forti&#x017F;&#x017F;i-<lb/>
mo bezeichnet i&#x017F;t (*): hernach wiederhole man es in einerley Sta&#x0364;rke des<lb/>
Tones; und gebe dabey, &#x017F;owohl auf die Ver&#x017F;chiedenheit der Ziffern, als<lb/>
auch auf die eigene Empfindung wohl Achtung. Jch bin ver&#x017F;ichert, wenn<lb/>
man &#x017F;ich nur er&#x017F;t ein wenig, ohne Vorurtheil, an die&#x017F;e Art zu accompagni-<lb/>
ren gewo&#x0364;hnet hat; wenn man die ver&#x017F;chiedenen Wirkungen der Di&#x017F;&#x017F;onan-<lb/>
zen erkennen lernet; wenn man auf die Wiederholungen der Gedanken,<lb/>
auf die haltenden Noten, welche die Lebhaftigkeit unterbrechen, auf die<lb/>
Betrugsga&#x0364;nge, &#x017F;o o&#x0364;fters bey den Cadenzen vorkommen, und auf die No-<lb/>
ten, welche zu einer fremden Tonart fu&#x0364;hren, und die durch das Kreuz oder<lb/>
eckigte <hi rendition="#aq">b</hi> erho&#x0364;het, oder aber durch das runde <hi rendition="#aq">b</hi> erniedriget werden, genau<lb/>
Acht hat; ich bin ver&#x017F;ichert, &#x017F;age ich, daß man alsdenn das Piano, Mez-<lb/>
zo forte, Forte, und Forti&#x017F;&#x017F;imo, ohne daß es dazu ge&#x017F;chrieben i&#x017F;t, &#x017F;ehr leicht<lb/>
wird errathen ko&#x0364;nnen. Jch theile dem oben ge&#x017F;agten zu Folge, die Di&#x017F;-<lb/>
&#x017F;onanzen, in An&#x017F;ehung ihrer Wirkungen, und des darnach einzurichtenden<lb/>
An&#x017F;chlags, um mehrerer Deutlichkeit willen, in drey Cla&#x017F;&#x017F;en ein. Die<lb/><hi rendition="#fr">er&#x017F;te</hi> bezeichne ich mit <hi rendition="#fr">mezzo forte;</hi> die <hi rendition="#fr">zweyte</hi> mit <hi rendition="#fr">forte;</hi> und die<lb/><hi rendition="#fr">dritte</hi> mit <hi rendition="#fr">forti&#x017F;&#x017F;imo.</hi> Zur er&#x017F;ten Cla&#x017F;&#x017F;e <hi rendition="#fr">mezzo forte</hi> kann man<lb/>
rechnen:</p><lb/>
            <lg type="poem">
              <l>Die Secunde mit der Quarte,</l><lb/>
              <l>Die Quinte mit der großen Sexte,</l><lb/>
              <l>Die große Sexte mit der kleinen Terze,</l><lb/>
              <l>Die kleine Septime mit der kleinen Terze,</l><lb/>
              <l>Die große Septime.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Zur</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0246] Des XVII. Hauptſtuͤcks. VI. Abſchnitt. die kleine Terze mit der uͤbermaͤßigen Quarte, die falſche Quinte mit der großen Sexte, die uͤbermaͤßige Sexte, die mangelhafte Septime, die Septime mit der Secunde und Quarte, erfodern noch mehr Nachdruck als die uͤbrigen; und muͤſſen deswegen von dem Accompagniſten, ver- mittelſt eines ſtaͤrkern Anſchlags, noch kraͤftiger vorgetragen werden. 14. §. Um die Sache noch deutlicher zu machen, will ich uͤber die vor er- waͤhnten Diſſonanzen, und uͤber den Unterſchied ihres Ausdrucks, in An- ſehung der Maͤßigung und Verſtaͤrkung, ein Exempel beyfuͤgen, ſ. Tab. XXIV, Fig. 1; woraus man deutlich wird erſehen koͤnnen, daß das Piano und Forte, um die Affecten gehoͤrig auszudruͤcken, bey der Ausfuͤhrung, eines der noͤthigſten Dinge ſey. Man ſpiele dieſes Exempel etliche mal, ſo, wie es mit dem Piano, Pianiſſimo, Mezzo forte, Forte, und Fortiſſi- mo bezeichnet iſt (*): hernach wiederhole man es in einerley Staͤrke des Tones; und gebe dabey, ſowohl auf die Verſchiedenheit der Ziffern, als auch auf die eigene Empfindung wohl Achtung. Jch bin verſichert, wenn man ſich nur erſt ein wenig, ohne Vorurtheil, an dieſe Art zu accompagni- ren gewoͤhnet hat; wenn man die verſchiedenen Wirkungen der Diſſonan- zen erkennen lernet; wenn man auf die Wiederholungen der Gedanken, auf die haltenden Noten, welche die Lebhaftigkeit unterbrechen, auf die Betrugsgaͤnge, ſo oͤfters bey den Cadenzen vorkommen, und auf die No- ten, welche zu einer fremden Tonart fuͤhren, und die durch das Kreuz oder eckigte b erhoͤhet, oder aber durch das runde b erniedriget werden, genau Acht hat; ich bin verſichert, ſage ich, daß man alsdenn das Piano, Mez- zo forte, Forte, und Fortiſſimo, ohne daß es dazu geſchrieben iſt, ſehr leicht wird errathen koͤnnen. Jch theile dem oben geſagten zu Folge, die Diſ- ſonanzen, in Anſehung ihrer Wirkungen, und des darnach einzurichtenden Anſchlags, um mehrerer Deutlichkeit willen, in drey Claſſen ein. Die erſte bezeichne ich mit mezzo forte; die zweyte mit forte; und die dritte mit fortiſſimo. Zur erſten Claſſe mezzo forte kann man rechnen: Die Secunde mit der Quarte, Die Quinte mit der großen Sexte, Die große Sexte mit der kleinen Terze, Die kleine Septime mit der kleinen Terze, Die große Septime. Zur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/246
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/246>, abgerufen am 21.11.2024.