Ritornell, gegen die erste eine ähnliche Melodie, es sey in der Terze, Sexte, oder Quarte; so kann die zweyte mit der ersten in einerley Stärke spielen. Jst es aber auch nur, wie im obigen Falle, eine Mittelstimme; so muß die zweyte Violine ebenfalls den Ton etwas mäßigen: weil die Hauptstimmen allezeit mehr als die Mittelstimmen gehöret werden müssen.
35. §.
Wenn die Violinisten eine schwache concertirende Stimme zu be- gleiten haben, so muß solches mit vieler Mäßigung geschehen. Sie müs- sen die Art des Accompagnements wohl betrachten: ob die Bewegung desselben, aus geschwinden oder langsamen, aus gleichen oder springen- den Noten bestehe; ob solches tiefer, höher, oder mit der Concertstimme in derselben Gegend gesetzet sey; ob es zwey- drey- oder vierstimmig sey; ob die Concertstimme einen schmeichelnden Gesang, oder Passagien zu spielen habe; ob die Passagien aus weitläuftigen Sprüngen, oder aus rol- lenden Noten bestehen; und ob diese Noten in der Tiefe oder Höhe sich befinden. Dieses alles erfodert eine große Behutsamkeit. Z. E. Eine Flöte ist in der Tiefe nicht so durchdringend, als in der Höhe; besonders in Molltönen; sie wird auch, von rechtswegen, nicht allezeit in einerley Stärke, sondern, nachdem es die Sache erfodert, bald schwach, bald mit- telmäßig, bald stark gespielet. Ein gleiches fällt auch bey schwachen Singstimmen, und andern nicht allzustarken Jnstrumenten vor. Die Violinisten müssen also beständig Achtung geben, daß die concertirende Stimme niemals unterdrücket, sondern allezeit vor andern gehöret werde.
Des
DesXVII.Hauptſtuͤcks.II.Abſchnitt. Von den ꝛc.
Ritornell, gegen die erſte eine aͤhnliche Melodie, es ſey in der Terze, Sexte, oder Quarte; ſo kann die zweyte mit der erſten in einerley Staͤrke ſpielen. Jſt es aber auch nur, wie im obigen Falle, eine Mittelſtimme; ſo muß die zweyte Violine ebenfalls den Ton etwas maͤßigen: weil die Hauptſtimmen allezeit mehr als die Mittelſtimmen gehoͤret werden muͤſſen.
35. §.
Wenn die Violiniſten eine ſchwache concertirende Stimme zu be- gleiten haben, ſo muß ſolches mit vieler Maͤßigung geſchehen. Sie muͤſ- ſen die Art des Accompagnements wohl betrachten: ob die Bewegung deſſelben, aus geſchwinden oder langſamen, aus gleichen oder ſpringen- den Noten beſtehe; ob ſolches tiefer, hoͤher, oder mit der Concertſtimme in derſelben Gegend geſetzet ſey; ob es zwey- drey- oder vierſtimmig ſey; ob die Concertſtimme einen ſchmeichelnden Geſang, oder Paſſagien zu ſpielen habe; ob die Paſſagien aus weitlaͤuftigen Spruͤngen, oder aus rol- lenden Noten beſtehen; und ob dieſe Noten in der Tiefe oder Hoͤhe ſich befinden. Dieſes alles erfodert eine große Behutſamkeit. Z. E. Eine Floͤte iſt in der Tiefe nicht ſo durchdringend, als in der Hoͤhe; beſonders in Molltoͤnen; ſie wird auch, von rechtswegen, nicht allezeit in einerley Staͤrke, ſondern, nachdem es die Sache erfodert, bald ſchwach, bald mit- telmaͤßig, bald ſtark geſpielet. Ein gleiches faͤllt auch bey ſchwachen Singſtimmen, und andern nicht allzuſtarken Jnſtrumenten vor. Die Violiniſten muͤſſen alſo beſtaͤndig Achtung geben, daß die concertirende Stimme niemals unterdruͤcket, ſondern allezeit vor andern gehoͤret werde.
Des
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0224"n="206"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Des</hi><hirendition="#aq">XVII.</hi><hirendition="#b">Hauptſtuͤcks.</hi><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#b">Abſchnitt. Von den ꝛc.</hi></fw><lb/>
Ritornell, gegen die erſte eine aͤhnliche Melodie, es ſey in der Terze,<lb/>
Sexte, oder Quarte; ſo kann die zweyte mit der erſten in einerley Staͤrke<lb/>ſpielen. Jſt es aber auch nur, wie im obigen Falle, eine Mittelſtimme;<lb/>ſo muß die zweyte Violine ebenfalls den Ton etwas maͤßigen: weil die<lb/>
Hauptſtimmen allezeit mehr als die Mittelſtimmen gehoͤret werden<lb/>
muͤſſen.</p></div><lb/><divn="3"><head>35. §.</head><lb/><p>Wenn die Violiniſten eine ſchwache concertirende Stimme zu be-<lb/>
gleiten haben, ſo muß ſolches mit vieler Maͤßigung geſchehen. Sie muͤſ-<lb/>ſen die Art des Accompagnements wohl betrachten: ob die Bewegung<lb/>
deſſelben, aus geſchwinden oder langſamen, aus gleichen oder ſpringen-<lb/>
den Noten beſtehe; ob ſolches tiefer, hoͤher, oder mit der Concertſtimme<lb/>
in derſelben Gegend geſetzet ſey; ob es zwey- drey- oder vierſtimmig ſey;<lb/>
ob die Concertſtimme einen ſchmeichelnden Geſang, oder Paſſagien zu<lb/>ſpielen habe; ob die Paſſagien aus weitlaͤuftigen Spruͤngen, oder aus rol-<lb/>
lenden Noten beſtehen; und ob dieſe Noten in der Tiefe oder Hoͤhe ſich<lb/>
befinden. Dieſes alles erfodert eine große Behutſamkeit. Z. E. Eine<lb/>
Floͤte iſt in der Tiefe nicht ſo durchdringend, als in der Hoͤhe; beſonders<lb/>
in Molltoͤnen; ſie wird auch, von rechtswegen, nicht allezeit in einerley<lb/>
Staͤrke, ſondern, nachdem es die Sache erfodert, bald ſchwach, bald mit-<lb/>
telmaͤßig, bald ſtark geſpielet. Ein gleiches faͤllt auch bey ſchwachen<lb/>
Singſtimmen, und andern nicht allzuſtarken Jnſtrumenten vor. Die<lb/>
Violiniſten muͤſſen alſo beſtaͤndig Achtung geben, daß die concertirende<lb/>
Stimme niemals unterdruͤcket, ſondern allezeit vor andern gehoͤret<lb/>
werde.</p></div></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Des</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[206/0224]
Des XVII. Hauptſtuͤcks. II. Abſchnitt. Von den ꝛc.
Ritornell, gegen die erſte eine aͤhnliche Melodie, es ſey in der Terze,
Sexte, oder Quarte; ſo kann die zweyte mit der erſten in einerley Staͤrke
ſpielen. Jſt es aber auch nur, wie im obigen Falle, eine Mittelſtimme;
ſo muß die zweyte Violine ebenfalls den Ton etwas maͤßigen: weil die
Hauptſtimmen allezeit mehr als die Mittelſtimmen gehoͤret werden
muͤſſen.
35. §.
Wenn die Violiniſten eine ſchwache concertirende Stimme zu be-
gleiten haben, ſo muß ſolches mit vieler Maͤßigung geſchehen. Sie muͤſ-
ſen die Art des Accompagnements wohl betrachten: ob die Bewegung
deſſelben, aus geſchwinden oder langſamen, aus gleichen oder ſpringen-
den Noten beſtehe; ob ſolches tiefer, hoͤher, oder mit der Concertſtimme
in derſelben Gegend geſetzet ſey; ob es zwey- drey- oder vierſtimmig ſey;
ob die Concertſtimme einen ſchmeichelnden Geſang, oder Paſſagien zu
ſpielen habe; ob die Paſſagien aus weitlaͤuftigen Spruͤngen, oder aus rol-
lenden Noten beſtehen; und ob dieſe Noten in der Tiefe oder Hoͤhe ſich
befinden. Dieſes alles erfodert eine große Behutſamkeit. Z. E. Eine
Floͤte iſt in der Tiefe nicht ſo durchdringend, als in der Hoͤhe; beſonders
in Molltoͤnen; ſie wird auch, von rechtswegen, nicht allezeit in einerley
Staͤrke, ſondern, nachdem es die Sache erfodert, bald ſchwach, bald mit-
telmaͤßig, bald ſtark geſpielet. Ein gleiches faͤllt auch bey ſchwachen
Singſtimmen, und andern nicht allzuſtarken Jnſtrumenten vor. Die
Violiniſten muͤſſen alſo beſtaͤndig Achtung geben, daß die concertirende
Stimme niemals unterdruͤcket, ſondern allezeit vor andern gehoͤret
werde.
Des
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/224>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.