deren sind, in einem Bogenstriche genommen, und mit einem Drucke markiret werden.
28. §.
Nicht allein die richtige Eintheilung der Bogenstriche; nicht allein das zu rechter Zeit zu brauchende starke oder schwache Aufdrücken des Bo- gens auf die Seyten; sondern auch der Ort an welchem die Seyten da- mit berühret werden müssen, und was ein jeder Theil des Bogens für Kraft habe, ist denenjenigen zu wissen nöthig, die den Bogen recht füh- ren, und damit gute Wirkungen hervorbringen wollen. Es kömmt viel darauf an, ob der Bogen nahe am Stege, oder weit von demselben gefüh- ret wird; auch ob man die Seyten mit dem untersten Theile, mit der Mitte, oder mit der Spitze des Bogens anstreichet. Seine größte Stärke liegt im untersten Theile, der der rechten Hand der nächste ist; die mäßige Stärke liegt in der Mitte; und die schwächste bey der Spi- tze des Bogens. Wird nun derselbe allzunahe beym Stege geführet, so wird der Ton zwar schneidend und stark; aber auch zugleich dün- ne, pfeifend, und kratzend: besonders auf der besponnenen Seyte. Denn die Seyten sind ganz nahe am Stege zu stark gespannet: folg- lich hat der Bogen die Gewalt nicht, dieselben in einen, mit dem übrigen langen Theile der Seyte in gehörigem Verhalte stehenden, gleichen Schwung zu bringen, um die erfoderliche Zitterung der Seyte zu erregen.
Da nun dieses bey der Violine keine gute Wirkung thut: so ist leicht zu erachten, daß es bey der Bratsche, dem Violoncell, und Contra- violon, noch viel schlechter klingen müsse: besonders weil auf diesen Jn- strumenten die Seyten um so viel dicker und länger sind, als auf der Vio- line. Um aber darinne die rechte Maaße zu treffen, halte ich dafür, daß, wenn ein guter Violinist, um einen dicken männlichen Ton heraus zu bringen, den Bogen einen Finger breit vom Stege abwärts führet; daß alsdenn der Bratschist die Entfernung von zweenen, der Violoncellist von drey, bis vier, und der Contraviolinist von sechs Fingern breit nehmen müsse. Man merke, daß auf den dünnen Seyten eines jeden Jnstruments, der Bogen etwas näher am Stege, auf den dicken Seyten aber, etwas weiter von ihm abwärts geführet werden könne.
Will man den Ton in der Stärke wachsen lassen, so kann man, in währendem Streichen, den Bogen fester aufdrücken, und etwas näher zum Stege führen, wodurch der Ton stärker und schneidender wird. Bey
dem
DasXVII.Hauptſtuͤck.II.Abſchnitt.
deren ſind, in einem Bogenſtriche genommen, und mit einem Drucke markiret werden.
28. §.
Nicht allein die richtige Eintheilung der Bogenſtriche; nicht allein das zu rechter Zeit zu brauchende ſtarke oder ſchwache Aufdruͤcken des Bo- gens auf die Seyten; ſondern auch der Ort an welchem die Seyten da- mit beruͤhret werden muͤſſen, und was ein jeder Theil des Bogens fuͤr Kraft habe, iſt denenjenigen zu wiſſen noͤthig, die den Bogen recht fuͤh- ren, und damit gute Wirkungen hervorbringen wollen. Es koͤmmt viel darauf an, ob der Bogen nahe am Stege, oder weit von demſelben gefuͤh- ret wird; auch ob man die Seyten mit dem unterſten Theile, mit der Mitte, oder mit der Spitze des Bogens anſtreichet. Seine groͤßte Staͤrke liegt im unterſten Theile, der der rechten Hand der naͤchſte iſt; die maͤßige Staͤrke liegt in der Mitte; und die ſchwaͤchſte bey der Spi- tze des Bogens. Wird nun derſelbe allzunahe beym Stege gefuͤhret, ſo wird der Ton zwar ſchneidend und ſtark; aber auch zugleich duͤn- ne, pfeifend, und kratzend: beſonders auf der beſponnenen Seyte. Denn die Seyten ſind ganz nahe am Stege zu ſtark geſpannet: folg- lich hat der Bogen die Gewalt nicht, dieſelben in einen, mit dem uͤbrigen langen Theile der Seyte in gehoͤrigem Verhalte ſtehenden, gleichen Schwung zu bringen, um die erfoderliche Zitterung der Seyte zu erregen.
Da nun dieſes bey der Violine keine gute Wirkung thut: ſo iſt leicht zu erachten, daß es bey der Bratſche, dem Violoncell, und Contra- violon, noch viel ſchlechter klingen muͤſſe: beſonders weil auf dieſen Jn- ſtrumenten die Seyten um ſo viel dicker und laͤnger ſind, als auf der Vio- line. Um aber darinne die rechte Maaße zu treffen, halte ich dafuͤr, daß, wenn ein guter Violiniſt, um einen dicken maͤnnlichen Ton heraus zu bringen, den Bogen einen Finger breit vom Stege abwaͤrts fuͤhret; daß alsdenn der Bratſchiſt die Entfernung von zweenen, der Violoncelliſt von drey, bis vier, und der Contravioliniſt von ſechs Fingern breit nehmen muͤſſe. Man merke, daß auf den duͤnnen Seyten eines jeden Jnſtruments, der Bogen etwas naͤher am Stege, auf den dicken Seyten aber, etwas weiter von ihm abwaͤrts gefuͤhret werden koͤnne.
Will man den Ton in der Staͤrke wachſen laſſen, ſo kann man, in waͤhrendem Streichen, den Bogen feſter aufdruͤcken, und etwas naͤher zum Stege fuͤhren, wodurch der Ton ſtaͤrker und ſchneidender wird. Bey
dem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0220"n="202"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das</hi><hirendition="#aq">XVII.</hi><hirendition="#b">Hauptſtuͤck.</hi><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#b">Abſchnitt.</hi></fw><lb/>
deren ſind, in einem Bogenſtriche genommen, und mit einem Drucke<lb/>
markiret werden.</p></div><lb/><divn="3"><head>28. §.</head><lb/><p>Nicht allein die richtige Eintheilung der Bogenſtriche; nicht allein<lb/>
das zu rechter Zeit zu brauchende ſtarke oder ſchwache Aufdruͤcken des Bo-<lb/>
gens auf die Seyten; ſondern auch der Ort an welchem die Seyten da-<lb/>
mit beruͤhret werden muͤſſen, und was ein jeder Theil des Bogens fuͤr<lb/>
Kraft habe, iſt denenjenigen zu wiſſen noͤthig, die den Bogen recht fuͤh-<lb/>
ren, und damit gute Wirkungen hervorbringen wollen. Es koͤmmt viel<lb/>
darauf an, ob der Bogen nahe am Stege, oder weit von demſelben gefuͤh-<lb/>
ret wird; auch ob man die Seyten mit dem unterſten Theile, mit der<lb/>
Mitte, oder mit der Spitze des Bogens anſtreichet. Seine groͤßte<lb/>
Staͤrke liegt im unterſten Theile, der der rechten Hand der naͤchſte iſt;<lb/>
die maͤßige Staͤrke liegt in der Mitte; und die ſchwaͤchſte bey der Spi-<lb/>
tze des Bogens. Wird nun derſelbe allzunahe beym Stege gefuͤhret,<lb/>ſo wird der Ton zwar ſchneidend und ſtark; aber auch zugleich duͤn-<lb/>
ne, pfeifend, und kratzend: beſonders auf der beſponnenen Seyte.<lb/>
Denn die Seyten ſind ganz nahe am Stege zu ſtark geſpannet: folg-<lb/>
lich hat der Bogen die Gewalt nicht, dieſelben in einen, mit dem uͤbrigen<lb/>
langen Theile der Seyte in gehoͤrigem Verhalte ſtehenden, gleichen<lb/>
Schwung zu bringen, um die erfoderliche Zitterung der Seyte zu<lb/>
erregen.</p><lb/><p>Da nun dieſes bey der Violine keine gute Wirkung thut: ſo iſt leicht<lb/>
zu erachten, daß es bey der Bratſche, dem Violoncell, und Contra-<lb/>
violon, noch viel ſchlechter klingen muͤſſe: beſonders weil auf dieſen Jn-<lb/>ſtrumenten die Seyten um ſo viel dicker und laͤnger ſind, als auf der Vio-<lb/>
line. Um aber darinne die rechte Maaße zu treffen, halte ich dafuͤr, daß,<lb/>
wenn ein guter Violiniſt, um einen dicken maͤnnlichen Ton heraus zu<lb/>
bringen, den Bogen einen Finger breit vom Stege abwaͤrts fuͤhret; daß<lb/>
alsdenn der Bratſchiſt die Entfernung von <hirendition="#fr">zweenen,</hi> der Violoncelliſt<lb/>
von <hirendition="#fr">drey,</hi> bis <hirendition="#fr">vier,</hi> und der Contravioliniſt von <hirendition="#fr">ſechs</hi> Fingern breit<lb/>
nehmen muͤſſe. Man merke, daß auf den duͤnnen Seyten eines jeden<lb/>
Jnſtruments, der Bogen etwas naͤher am Stege, auf den dicken Seyten<lb/>
aber, etwas weiter von ihm abwaͤrts gefuͤhret werden koͤnne.</p><lb/><p>Will man den Ton in der Staͤrke wachſen laſſen, ſo kann man, in<lb/>
waͤhrendem Streichen, den Bogen feſter aufdruͤcken, und etwas naͤher<lb/>
zum Stege fuͤhren, wodurch der Ton ſtaͤrker und ſchneidender wird. Bey<lb/><fwplace="bottom"type="catch">dem</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[202/0220]
Das XVII. Hauptſtuͤck. II. Abſchnitt.
deren ſind, in einem Bogenſtriche genommen, und mit einem Drucke
markiret werden.
28. §.
Nicht allein die richtige Eintheilung der Bogenſtriche; nicht allein
das zu rechter Zeit zu brauchende ſtarke oder ſchwache Aufdruͤcken des Bo-
gens auf die Seyten; ſondern auch der Ort an welchem die Seyten da-
mit beruͤhret werden muͤſſen, und was ein jeder Theil des Bogens fuͤr
Kraft habe, iſt denenjenigen zu wiſſen noͤthig, die den Bogen recht fuͤh-
ren, und damit gute Wirkungen hervorbringen wollen. Es koͤmmt viel
darauf an, ob der Bogen nahe am Stege, oder weit von demſelben gefuͤh-
ret wird; auch ob man die Seyten mit dem unterſten Theile, mit der
Mitte, oder mit der Spitze des Bogens anſtreichet. Seine groͤßte
Staͤrke liegt im unterſten Theile, der der rechten Hand der naͤchſte iſt;
die maͤßige Staͤrke liegt in der Mitte; und die ſchwaͤchſte bey der Spi-
tze des Bogens. Wird nun derſelbe allzunahe beym Stege gefuͤhret,
ſo wird der Ton zwar ſchneidend und ſtark; aber auch zugleich duͤn-
ne, pfeifend, und kratzend: beſonders auf der beſponnenen Seyte.
Denn die Seyten ſind ganz nahe am Stege zu ſtark geſpannet: folg-
lich hat der Bogen die Gewalt nicht, dieſelben in einen, mit dem uͤbrigen
langen Theile der Seyte in gehoͤrigem Verhalte ſtehenden, gleichen
Schwung zu bringen, um die erfoderliche Zitterung der Seyte zu
erregen.
Da nun dieſes bey der Violine keine gute Wirkung thut: ſo iſt leicht
zu erachten, daß es bey der Bratſche, dem Violoncell, und Contra-
violon, noch viel ſchlechter klingen muͤſſe: beſonders weil auf dieſen Jn-
ſtrumenten die Seyten um ſo viel dicker und laͤnger ſind, als auf der Vio-
line. Um aber darinne die rechte Maaße zu treffen, halte ich dafuͤr, daß,
wenn ein guter Violiniſt, um einen dicken maͤnnlichen Ton heraus zu
bringen, den Bogen einen Finger breit vom Stege abwaͤrts fuͤhret; daß
alsdenn der Bratſchiſt die Entfernung von zweenen, der Violoncelliſt
von drey, bis vier, und der Contravioliniſt von ſechs Fingern breit
nehmen muͤſſe. Man merke, daß auf den duͤnnen Seyten eines jeden
Jnſtruments, der Bogen etwas naͤher am Stege, auf den dicken Seyten
aber, etwas weiter von ihm abwaͤrts gefuͤhret werden koͤnne.
Will man den Ton in der Staͤrke wachſen laſſen, ſo kann man, in
waͤhrendem Streichen, den Bogen feſter aufdruͤcken, und etwas naͤher
zum Stege fuͤhren, wodurch der Ton ſtaͤrker und ſchneidender wird. Bey
dem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/220>, abgerufen am 22.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.