Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Veränderungen über die simpeln Jntervalle.
welche bey dem Heruntergehen, s. (h), eine Stufe höher, bey dem Hin-
aufsteigen aber, s. (i), zwo Stufen höher kömmt.

35. §.

Fig. 21. Bey den Einschnitten, im Langsamen, wo der Ge-
sang durch eine Pause unterbrochen wird, und welche aus einer, s. (a),
oder zwo Noten, s. (b), welche letztern einen Terzensprung unterwärts
machen, (es mag die große oder kleine Terze, im Aufheben oder Nieder-
schlagen des Tactes seyn), bestehen, ist zu merken, daß die einzelne No-
te, s. (a), nebst dem Vorschlage einen Triller verlanget. Bey dem Ter-
zensprunge, s. (b), verfährt man auf gleiche Weise: doch muß man den
Triller ohne Nachschlag machen, und kann, an dessen statt, die dazwischen
fehlende Note dem Triller angeschleifet werden. Diesen Terzensprung
muß man fast allezeit so betrachten, als wenn die kleine Note dazwischen
stünde: wie denn auch die itzigen Componisten es mehrentheils so zu se-
tzen pflegen: weil dieser Sprung an sich selbst, im Langsamen, nicht sin-
gend genug ist.

36. §.

Steht über der Pause ein Bogen mit dem Puncte, welches eine
Fermate, Pausa generalis, oder ad libitum genennet wird, auch
so wohl im Allegro als Adagio vorkömmt: so kann der Triller, nach Belie-
ben, etwas lange geschlagen werden; doch nothwendig ohne Nachschlag,
weil es die folgenden Noten nicht erlauben: indem solche in einer gelasse-
nen und schmeichelnden Art, geendiget werden müssen, s. (c). Da aber
solches in der Ausübung schwerer ist, als es dem Auge nach scheint, auch
nicht ein jeder die gehörige Einsicht hat, wie es eigentlich, nach der von
vielen Zeiten her eingeführten Regel soll gespielet werden; so finde ich vor
nöthig, solches erstlich mit Noten auszudrücken, s. (d), und hernach
durch einige Anmerkungen zu erklären. Diese sind folgende: Man nehme
die zwey kleinen Sechzehntheile, vor der weißen Note worüber der Tril-
ler steht, in gleicher Geschwindigkeit des Trillers; lasse den Ton, unter
währendem Triller, nach und nach zu- und abnehmen; und stelle sich die
Zeit des Trillers von vier langsamen Achttheilen vor. Wenn nun solche
verflossen, so lasse man den Finger, mit welchem geschlagen wird, unter
Verlierung des Tones liegen, aber auch nicht länger, als es die Zeit der
dreymal geschwänzten Note erfodert, welches alsdenn die zweyte von den
folgenden vier Zwey und dreyßigtheilen machet. Bey dem Vorschlage vor
der dritten Note, gebe man einen kleinen Druck oder Hauch mit der

Brust,
R 2

Veraͤnderungen uͤber die ſimpeln Jntervalle.
welche bey dem Heruntergehen, ſ. (h), eine Stufe hoͤher, bey dem Hin-
aufſteigen aber, ſ. (i), zwo Stufen hoͤher koͤmmt.

35. §.

Fig. 21. Bey den Einſchnitten, im Langſamen, wo der Ge-
ſang durch eine Pauſe unterbrochen wird, und welche aus einer, ſ. (a),
oder zwo Noten, ſ. (b), welche letztern einen Terzenſprung unterwaͤrts
machen, (es mag die große oder kleine Terze, im Aufheben oder Nieder-
ſchlagen des Tactes ſeyn), beſtehen, iſt zu merken, daß die einzelne No-
te, ſ. (a), nebſt dem Vorſchlage einen Triller verlanget. Bey dem Ter-
zenſprunge, ſ. (b), verfaͤhrt man auf gleiche Weiſe: doch muß man den
Triller ohne Nachſchlag machen, und kann, an deſſen ſtatt, die dazwiſchen
fehlende Note dem Triller angeſchleifet werden. Dieſen Terzenſprung
muß man faſt allezeit ſo betrachten, als wenn die kleine Note dazwiſchen
ſtuͤnde: wie denn auch die itzigen Componiſten es mehrentheils ſo zu ſe-
tzen pflegen: weil dieſer Sprung an ſich ſelbſt, im Langſamen, nicht ſin-
gend genug iſt.

36. §.

Steht uͤber der Pauſe ein Bogen mit dem Puncte, welches eine
Fermate, Pauſa generalis, oder ad libitum genennet wird, auch
ſo wohl im Allegro als Adagio vorkoͤmmt: ſo kann der Triller, nach Belie-
ben, etwas lange geſchlagen werden; doch nothwendig ohne Nachſchlag,
weil es die folgenden Noten nicht erlauben: indem ſolche in einer gelaſſe-
nen und ſchmeichelnden Art, geendiget werden muͤſſen, ſ. (c). Da aber
ſolches in der Ausuͤbung ſchwerer iſt, als es dem Auge nach ſcheint, auch
nicht ein jeder die gehoͤrige Einſicht hat, wie es eigentlich, nach der von
vielen Zeiten her eingefuͤhrten Regel ſoll geſpielet werden; ſo finde ich vor
noͤthig, ſolches erſtlich mit Noten auszudruͤcken, ſ. (d), und hernach
durch einige Anmerkungen zu erklaͤren. Dieſe ſind folgende: Man nehme
die zwey kleinen Sechzehntheile, vor der weißen Note woruͤber der Tril-
ler ſteht, in gleicher Geſchwindigkeit des Trillers; laſſe den Ton, unter
waͤhrendem Triller, nach und nach zu- und abnehmen; und ſtelle ſich die
Zeit des Trillers von vier langſamen Achttheilen vor. Wenn nun ſolche
verfloſſen, ſo laſſe man den Finger, mit welchem geſchlagen wird, unter
Verlierung des Tones liegen, aber auch nicht laͤnger, als es die Zeit der
dreymal geſchwaͤnzten Note erfodert, welches alsdenn die zweyte von den
folgenden vier Zwey und dreyßigtheilen machet. Bey dem Vorſchlage vor
der dritten Note, gebe man einen kleinen Druck oder Hauch mit der

Bruſt,
R 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0149" n="131"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vera&#x0364;nderungen u&#x0364;ber die &#x017F;impeln Jntervalle.</hi></fw><lb/>
welche bey dem Heruntergehen, &#x017F;. <hi rendition="#aq">(h),</hi> eine Stufe ho&#x0364;her, bey dem Hin-<lb/>
auf&#x017F;teigen aber, &#x017F;. <hi rendition="#aq">(i),</hi> zwo Stufen ho&#x0364;her ko&#x0364;mmt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>35. §.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Fig.</hi> 21. Bey den Ein&#x017F;chnitten, im Lang&#x017F;amen, wo der Ge-<lb/>
&#x017F;ang durch eine Pau&#x017F;e unterbrochen wird, und welche aus einer, &#x017F;. <hi rendition="#aq">(a),</hi><lb/>
oder zwo Noten, &#x017F;. <hi rendition="#aq">(b),</hi> welche letztern einen Terzen&#x017F;prung unterwa&#x0364;rts<lb/>
machen, (es mag die große oder kleine Terze, im Aufheben oder Nieder-<lb/>
&#x017F;chlagen des Tactes &#x017F;eyn), be&#x017F;tehen, i&#x017F;t zu merken, daß die einzelne No-<lb/>
te, &#x017F;. <hi rendition="#aq">(a),</hi> neb&#x017F;t dem Vor&#x017F;chlage einen Triller verlanget. Bey dem Ter-<lb/>
zen&#x017F;prunge, &#x017F;. <hi rendition="#aq">(b),</hi> verfa&#x0364;hrt man auf gleiche Wei&#x017F;e: doch muß man den<lb/>
Triller ohne Nach&#x017F;chlag machen, und kann, an de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;tatt, die dazwi&#x017F;chen<lb/>
fehlende Note dem Triller ange&#x017F;chleifet werden. Die&#x017F;en Terzen&#x017F;prung<lb/>
muß man fa&#x017F;t allezeit &#x017F;o betrachten, als wenn die kleine Note dazwi&#x017F;chen<lb/>
&#x017F;tu&#x0364;nde: wie denn auch die itzigen Componi&#x017F;ten es mehrentheils &#x017F;o zu &#x017F;e-<lb/>
tzen pflegen: weil die&#x017F;er Sprung an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, im Lang&#x017F;amen, nicht &#x017F;in-<lb/>
gend genug i&#x017F;t.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>36. §.</head><lb/>
            <p>Steht u&#x0364;ber der Pau&#x017F;e ein Bogen mit dem Puncte, welches eine<lb/><hi rendition="#fr">Fermate, Pau&#x017F;a generalis,</hi> oder <hi rendition="#fr">ad libitum</hi> genennet wird, auch<lb/>
&#x017F;o wohl im Allegro als Adagio vorko&#x0364;mmt: &#x017F;o kann der Triller, nach Belie-<lb/>
ben, etwas lange ge&#x017F;chlagen werden; doch nothwendig ohne Nach&#x017F;chlag,<lb/>
weil es die folgenden Noten nicht erlauben: indem &#x017F;olche in einer gela&#x017F;&#x017F;e-<lb/>
nen und &#x017F;chmeichelnden Art, geendiget werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;. <hi rendition="#aq">(c).</hi> Da aber<lb/>
&#x017F;olches in der Ausu&#x0364;bung &#x017F;chwerer i&#x017F;t, als es dem Auge nach &#x017F;cheint, auch<lb/>
nicht ein jeder die geho&#x0364;rige Ein&#x017F;icht hat, wie es eigentlich, nach der von<lb/>
vielen Zeiten her eingefu&#x0364;hrten Regel &#x017F;oll ge&#x017F;pielet werden; &#x017F;o finde ich vor<lb/>
no&#x0364;thig, &#x017F;olches er&#x017F;tlich mit Noten auszudru&#x0364;cken, &#x017F;. <hi rendition="#aq">(d),</hi> und hernach<lb/>
durch einige Anmerkungen zu erkla&#x0364;ren. Die&#x017F;e &#x017F;ind folgende: Man nehme<lb/>
die zwey kleinen Sechzehntheile, vor der weißen Note woru&#x0364;ber der Tril-<lb/>
ler &#x017F;teht, in gleicher Ge&#x017F;chwindigkeit des Trillers; la&#x017F;&#x017F;e den Ton, unter<lb/>
wa&#x0364;hrendem Triller, nach und nach zu- und abnehmen; und &#x017F;telle &#x017F;ich die<lb/>
Zeit des Trillers von vier lang&#x017F;amen Achttheilen vor. Wenn nun &#x017F;olche<lb/>
verflo&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o la&#x017F;&#x017F;e man den Finger, mit welchem ge&#x017F;chlagen wird, unter<lb/>
Verlierung des Tones liegen, aber auch nicht la&#x0364;nger, als es die Zeit der<lb/>
dreymal ge&#x017F;chwa&#x0364;nzten Note erfodert, welches alsdenn die zweyte von den<lb/>
folgenden vier Zwey und dreyßigtheilen machet. Bey dem Vor&#x017F;chlage vor<lb/>
der dritten Note, gebe man einen kleinen Druck oder Hauch mit der<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R 2</fw><fw place="bottom" type="catch">Bru&#x017F;t,</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[131/0149] Veraͤnderungen uͤber die ſimpeln Jntervalle. welche bey dem Heruntergehen, ſ. (h), eine Stufe hoͤher, bey dem Hin- aufſteigen aber, ſ. (i), zwo Stufen hoͤher koͤmmt. 35. §. Fig. 21. Bey den Einſchnitten, im Langſamen, wo der Ge- ſang durch eine Pauſe unterbrochen wird, und welche aus einer, ſ. (a), oder zwo Noten, ſ. (b), welche letztern einen Terzenſprung unterwaͤrts machen, (es mag die große oder kleine Terze, im Aufheben oder Nieder- ſchlagen des Tactes ſeyn), beſtehen, iſt zu merken, daß die einzelne No- te, ſ. (a), nebſt dem Vorſchlage einen Triller verlanget. Bey dem Ter- zenſprunge, ſ. (b), verfaͤhrt man auf gleiche Weiſe: doch muß man den Triller ohne Nachſchlag machen, und kann, an deſſen ſtatt, die dazwiſchen fehlende Note dem Triller angeſchleifet werden. Dieſen Terzenſprung muß man faſt allezeit ſo betrachten, als wenn die kleine Note dazwiſchen ſtuͤnde: wie denn auch die itzigen Componiſten es mehrentheils ſo zu ſe- tzen pflegen: weil dieſer Sprung an ſich ſelbſt, im Langſamen, nicht ſin- gend genug iſt. 36. §. Steht uͤber der Pauſe ein Bogen mit dem Puncte, welches eine Fermate, Pauſa generalis, oder ad libitum genennet wird, auch ſo wohl im Allegro als Adagio vorkoͤmmt: ſo kann der Triller, nach Belie- ben, etwas lange geſchlagen werden; doch nothwendig ohne Nachſchlag, weil es die folgenden Noten nicht erlauben: indem ſolche in einer gelaſſe- nen und ſchmeichelnden Art, geendiget werden muͤſſen, ſ. (c). Da aber ſolches in der Ausuͤbung ſchwerer iſt, als es dem Auge nach ſcheint, auch nicht ein jeder die gehoͤrige Einſicht hat, wie es eigentlich, nach der von vielen Zeiten her eingefuͤhrten Regel ſoll geſpielet werden; ſo finde ich vor noͤthig, ſolches erſtlich mit Noten auszudruͤcken, ſ. (d), und hernach durch einige Anmerkungen zu erklaͤren. Dieſe ſind folgende: Man nehme die zwey kleinen Sechzehntheile, vor der weißen Note woruͤber der Tril- ler ſteht, in gleicher Geſchwindigkeit des Trillers; laſſe den Ton, unter waͤhrendem Triller, nach und nach zu- und abnehmen; und ſtelle ſich die Zeit des Trillers von vier langſamen Achttheilen vor. Wenn nun ſolche verfloſſen, ſo laſſe man den Finger, mit welchem geſchlagen wird, unter Verlierung des Tones liegen, aber auch nicht laͤnger, als es die Zeit der dreymal geſchwaͤnzten Note erfodert, welches alsdenn die zweyte von den folgenden vier Zwey und dreyßigtheilen machet. Bey dem Vorſchlage vor der dritten Note, gebe man einen kleinen Druck oder Hauch mit der Bruſt, R 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/149
Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/149>, abgerufen am 21.11.2024.