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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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Das XII. Hauptstück,
24. §.

Die Leidenschaften wechseln im Allegro eben sowohl als im Adagio
öfters ab. Der Ausführer muß sich also in eine jede zu versetzen, und sie
gehörig auszudrücken suchen. Es ist demnach nöthig, daß man untersuche,
ob in dem zu spielenden Stücke lauter lustige Gedanken vorkommen, oder
ob auch andere Gedanken von verschiedener Art damit verknüpfet sind. Jst
das erstere, so muß das Stück in einer beständigen Lebhaftigkeit unterhal-
ten werden. Jst aber das letztere, so gilt die obige Regel. Das Lustige
wird mit kurzen Noten, sie mögen, nachdem es die Tactart erfodert, aus
Achttheilen, oder Sechzehntheilen, oder im Allabrevetacte aus Viertheilen
bestehen, welche sowohl springend, als stufenweise sich bewegen, vorgestellet,
und durch die Lebhaftigkeit des Zungenstoßes ausgedrücket. Das Präch-
tige,
wird sowohl mit langen Noten, worunter die andern Stimmen eine
geschwinde Bewegung machen, als mit punctirten Noten vorgestellet.
Die punctirten Noten müssen von dem Ausführer scharf gestoßen, und mit
Lebhaftigkeit vorgetragen werden. Die Puncte werden lange gehalten,
und die darauf folgenden Noten sehr kurz gemachet, s. V. Hauptstück. 21.
und 22. §. Bey den Puncten können auch dann und wann Triller ange-
bracht werden. Das Freche wird mit Noten, wo hinter der zweyten
oder dritten ein Punct steht, und folglich die ersten präcipitiret werden,
vorgestellet. Hierbey muß man sich hüten, daß man sich nicht allzusehr
übereile: damit es nicht einer gemeinen Tanzmusik ähnlich klinge. Jn
der Concertstimme kann man es absonderlich, durch einen bescheidenen Vor-
trag etwas mäßigen, und angenehm machen. Das Schmeichelnde,
wird durch schleifende Noten, welche stufenweise auf oder nieder gehen; in-
gleichen durch synkopirete Noten, bey denen man die erste Hälfte schwach
angeben, die andere aber durch Bewegung der Brust und der Lippen ver-
stärken kann, ausgedrücket.

25. §.

Die Hauptgedanken müssen von den untermischten wohl unterschie-
den werden, und sind eigentlich die vornehmste Richtschnur des Ausdru-
ckes. Sind also mehr lustige, als prächtige oder schmeichelnde Gedanken
in einem Allegro; so muß auch dasselbe hauptfächlich munter und ge-
schwind gespielet werden. Jst aber die Pracht der Charakter der Haupt-
gedanken, so muß das Stück überhaupt ernsthafter ausgeführet werden.
Jst die Schmeicheley der Hauptaffect, so muß mehr Gelassenheit
herrschen.

26. §. Der
Das XII. Hauptſtuͤck,
24. §.

Die Leidenſchaften wechſeln im Allegro eben ſowohl als im Adagio
oͤfters ab. Der Ausfuͤhrer muß ſich alſo in eine jede zu verſetzen, und ſie
gehoͤrig auszudruͤcken ſuchen. Es iſt demnach noͤthig, daß man unterſuche,
ob in dem zu ſpielenden Stuͤcke lauter luſtige Gedanken vorkommen, oder
ob auch andere Gedanken von verſchiedener Art damit verknuͤpfet ſind. Jſt
das erſtere, ſo muß das Stuͤck in einer beſtaͤndigen Lebhaftigkeit unterhal-
ten werden. Jſt aber das letztere, ſo gilt die obige Regel. Das Luſtige
wird mit kurzen Noten, ſie moͤgen, nachdem es die Tactart erfodert, aus
Achttheilen, oder Sechzehntheilen, oder im Allabrevetacte aus Viertheilen
beſtehen, welche ſowohl ſpringend, als ſtufenweiſe ſich bewegen, vorgeſtellet,
und durch die Lebhaftigkeit des Zungenſtoßes ausgedruͤcket. Das Praͤch-
tige,
wird ſowohl mit langen Noten, worunter die andern Stimmen eine
geſchwinde Bewegung machen, als mit punctirten Noten vorgeſtellet.
Die punctirten Noten muͤſſen von dem Ausfuͤhrer ſcharf geſtoßen, und mit
Lebhaftigkeit vorgetragen werden. Die Puncte werden lange gehalten,
und die darauf folgenden Noten ſehr kurz gemachet, ſ. V. Hauptſtuͤck. 21.
und 22. §. Bey den Puncten koͤnnen auch dann und wann Triller ange-
bracht werden. Das Freche wird mit Noten, wo hinter der zweyten
oder dritten ein Punct ſteht, und folglich die erſten praͤcipitiret werden,
vorgeſtellet. Hierbey muß man ſich huͤten, daß man ſich nicht allzuſehr
uͤbereile: damit es nicht einer gemeinen Tanzmuſik aͤhnlich klinge. Jn
der Concertſtimme kann man es abſonderlich, durch einen beſcheidenen Vor-
trag etwas maͤßigen, und angenehm machen. Das Schmeichelnde,
wird durch ſchleifende Noten, welche ſtufenweiſe auf oder nieder gehen; in-
gleichen durch ſynkopirete Noten, bey denen man die erſte Haͤlfte ſchwach
angeben, die andere aber durch Bewegung der Bruſt und der Lippen ver-
ſtaͤrken kann, ausgedruͤcket.

25. §.

Die Hauptgedanken muͤſſen von den untermiſchten wohl unterſchie-
den werden, und ſind eigentlich die vornehmſte Richtſchnur des Ausdru-
ckes. Sind alſo mehr luſtige, als praͤchtige oder ſchmeichelnde Gedanken
in einem Allegro; ſo muß auch daſſelbe hauptfaͤchlich munter und ge-
ſchwind geſpielet werden. Jſt aber die Pracht der Charakter der Haupt-
gedanken, ſo muß das Stuͤck uͤberhaupt ernſthafter ausgefuͤhret werden.
Jſt die Schmeicheley der Hauptaffect, ſo muß mehr Gelaſſenheit
herrſchen.

26. §. Der
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[116/0134] Das XII. Hauptſtuͤck, 24. §. Die Leidenſchaften wechſeln im Allegro eben ſowohl als im Adagio oͤfters ab. Der Ausfuͤhrer muß ſich alſo in eine jede zu verſetzen, und ſie gehoͤrig auszudruͤcken ſuchen. Es iſt demnach noͤthig, daß man unterſuche, ob in dem zu ſpielenden Stuͤcke lauter luſtige Gedanken vorkommen, oder ob auch andere Gedanken von verſchiedener Art damit verknuͤpfet ſind. Jſt das erſtere, ſo muß das Stuͤck in einer beſtaͤndigen Lebhaftigkeit unterhal- ten werden. Jſt aber das letztere, ſo gilt die obige Regel. Das Luſtige wird mit kurzen Noten, ſie moͤgen, nachdem es die Tactart erfodert, aus Achttheilen, oder Sechzehntheilen, oder im Allabrevetacte aus Viertheilen beſtehen, welche ſowohl ſpringend, als ſtufenweiſe ſich bewegen, vorgeſtellet, und durch die Lebhaftigkeit des Zungenſtoßes ausgedruͤcket. Das Praͤch- tige, wird ſowohl mit langen Noten, worunter die andern Stimmen eine geſchwinde Bewegung machen, als mit punctirten Noten vorgeſtellet. Die punctirten Noten muͤſſen von dem Ausfuͤhrer ſcharf geſtoßen, und mit Lebhaftigkeit vorgetragen werden. Die Puncte werden lange gehalten, und die darauf folgenden Noten ſehr kurz gemachet, ſ. V. Hauptſtuͤck. 21. und 22. §. Bey den Puncten koͤnnen auch dann und wann Triller ange- bracht werden. Das Freche wird mit Noten, wo hinter der zweyten oder dritten ein Punct ſteht, und folglich die erſten praͤcipitiret werden, vorgeſtellet. Hierbey muß man ſich huͤten, daß man ſich nicht allzuſehr uͤbereile: damit es nicht einer gemeinen Tanzmuſik aͤhnlich klinge. Jn der Concertſtimme kann man es abſonderlich, durch einen beſcheidenen Vor- trag etwas maͤßigen, und angenehm machen. Das Schmeichelnde, wird durch ſchleifende Noten, welche ſtufenweiſe auf oder nieder gehen; in- gleichen durch ſynkopirete Noten, bey denen man die erſte Haͤlfte ſchwach angeben, die andere aber durch Bewegung der Bruſt und der Lippen ver- ſtaͤrken kann, ausgedruͤcket. 25. §. Die Hauptgedanken muͤſſen von den untermiſchten wohl unterſchie- den werden, und ſind eigentlich die vornehmſte Richtſchnur des Ausdru- ckes. Sind alſo mehr luſtige, als praͤchtige oder ſchmeichelnde Gedanken in einem Allegro; ſo muß auch daſſelbe hauptfaͤchlich munter und ge- ſchwind geſpielet werden. Jſt aber die Pracht der Charakter der Haupt- gedanken, ſo muß das Stuͤck uͤberhaupt ernſthafter ausgefuͤhret werden. Jſt die Schmeicheley der Hauptaffect, ſo muß mehr Gelaſſenheit herrſchen. 26. §. Der

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/134>, abgerufen am 13.11.2024.