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Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.

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bey seiner besondern Uebung zu beobachten hat.
also, im gemeinen geraden Tacte: die erste von vier Sechzehntheilen;
bey Triolen: die erste Note von dreyen; bey Zwey und dreyßigtheilen:
die erste von achten; im Allabreve: die erste von vier Achttheilen; im
Tripeltacte, die Noten mögen Achttheile oder Sechzehntheile seyn: die
erste im Niederschlage. Dieses ist nicht nur das Mittel die Zunge in
Ordnung zu erhalten: sondern es dienet auch dazu, daß man sich nicht
angewöhne zu eilen; welches im Spielen ein großer Fehler ist: und wo-
durch öfters verursachet wird, daß die Hauptnoten des Gesanges, nicht
wie sie sollen, in die gehörige Zeit der dazu gesetzeten Grundnote treffen:
welches, wie leicht zu erachten, eine sehr üble Wirkung thun muß.

10. §.

Damit die Zunge und die Finger zu rechter Fertigkeit gelangen mö-
gen, muß ein Anfänger, eine geraume Zeit, nichts anders als solche Stücke
spielen, die in lauter schweren, springenden und rollenden Passagien beste-
hen; sowohl aus Moll- als aus Durtönen. Die Triller muß er durch
alle Töne täglich üben, um sie jedem Finger geläufig zu machen. Wofern
er diese beyden Stücke unterläßt, wird er niemals in den Stand kommen,
ein Adagio reinlich und nett zu spielen. Denn zu den kleinen Manieren
wird eine größere Geschwindigkeit erfodert, als zu den Passagien selbst.

11. §.

Es ist keinem Anfänger zu rathen, sich vor der Zeit mit galanten
Stücken, oder gar mit dem Adagio einzulassen. Die wenigsten Liebhaber
der Musik erkennen dieses; sondern die meisten haben eine Begierde da an-
zufangen, wo andere aufhören, nämlich mit Concerten und Solo, worinn
das Adagio mit vielen Manieren, welche sie doch noch nicht begreifen,
ausgezieret wird. Sie halten wohl denjenigen Meister, welcher hierinne
freygebiger ist als ein anderer, für den besten. Sie gehen aber hierdurch
eher hinter sich, als vor sich; und müssen öfters, wenn sie sich schon viele
Jahre gemartert haben, wieder von vorn, nämlich die ersten Gründe zu
erlernen, anfangen. Hätten sie anfänglich die gehörige Geduld, welche
zu dieser Wissenschaft erfodert wird; so würden sie in ein paar Jahren wei-
ter kommen, als sonst in vielen.

12. §.

Es ist deswegen auch übel gethan, wenn ein Anfänger, ehe er sich
noch eine Sicherheit im Tacte und im Notenlesen zuwege gebracht hat,
sich öffentlich will hören lassen. Denn durch die Furcht, welche aus der

Ungewiß-
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bey ſeiner beſondern Uebung zu beobachten hat.
alſo, im gemeinen geraden Tacte: die erſte von vier Sechzehntheilen;
bey Triolen: die erſte Note von dreyen; bey Zwey und dreyßigtheilen:
die erſte von achten; im Allabreve: die erſte von vier Achttheilen; im
Tripeltacte, die Noten moͤgen Achttheile oder Sechzehntheile ſeyn: die
erſte im Niederſchlage. Dieſes iſt nicht nur das Mittel die Zunge in
Ordnung zu erhalten: ſondern es dienet auch dazu, daß man ſich nicht
angewoͤhne zu eilen; welches im Spielen ein großer Fehler iſt: und wo-
durch oͤfters verurſachet wird, daß die Hauptnoten des Geſanges, nicht
wie ſie ſollen, in die gehoͤrige Zeit der dazu geſetzeten Grundnote treffen:
welches, wie leicht zu erachten, eine ſehr uͤble Wirkung thun muß.

10. §.

Damit die Zunge und die Finger zu rechter Fertigkeit gelangen moͤ-
gen, muß ein Anfaͤnger, eine geraume Zeit, nichts anders als ſolche Stuͤcke
ſpielen, die in lauter ſchweren, ſpringenden und rollenden Paſſagien beſte-
hen; ſowohl aus Moll- als aus Durtoͤnen. Die Triller muß er durch
alle Toͤne taͤglich uͤben, um ſie jedem Finger gelaͤufig zu machen. Wofern
er dieſe beyden Stuͤcke unterlaͤßt, wird er niemals in den Stand kommen,
ein Adagio reinlich und nett zu ſpielen. Denn zu den kleinen Manieren
wird eine groͤßere Geſchwindigkeit erfodert, als zu den Paſſagien ſelbſt.

11. §.

Es iſt keinem Anfaͤnger zu rathen, ſich vor der Zeit mit galanten
Stuͤcken, oder gar mit dem Adagio einzulaſſen. Die wenigſten Liebhaber
der Muſik erkennen dieſes; ſondern die meiſten haben eine Begierde da an-
zufangen, wo andere aufhoͤren, naͤmlich mit Concerten und Solo, worinn
das Adagio mit vielen Manieren, welche ſie doch noch nicht begreifen,
ausgezieret wird. Sie halten wohl denjenigen Meiſter, welcher hierinne
freygebiger iſt als ein anderer, fuͤr den beſten. Sie gehen aber hierdurch
eher hinter ſich, als vor ſich; und muͤſſen oͤfters, wenn ſie ſich ſchon viele
Jahre gemartert haben, wieder von vorn, naͤmlich die erſten Gruͤnde zu
erlernen, anfangen. Haͤtten ſie anfaͤnglich die gehoͤrige Geduld, welche
zu dieſer Wiſſenſchaft erfodert wird; ſo wuͤrden ſie in ein paar Jahren wei-
ter kommen, als ſonſt in vielen.

12. §.

Es iſt deswegen auch uͤbel gethan, wenn ein Anfaͤnger, ehe er ſich
noch eine Sicherheit im Tacte und im Notenleſen zuwege gebracht hat,
ſich oͤffentlich will hoͤren laſſen. Denn durch die Furcht, welche aus der

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[93/0111] bey ſeiner beſondern Uebung zu beobachten hat. alſo, im gemeinen geraden Tacte: die erſte von vier Sechzehntheilen; bey Triolen: die erſte Note von dreyen; bey Zwey und dreyßigtheilen: die erſte von achten; im Allabreve: die erſte von vier Achttheilen; im Tripeltacte, die Noten moͤgen Achttheile oder Sechzehntheile ſeyn: die erſte im Niederſchlage. Dieſes iſt nicht nur das Mittel die Zunge in Ordnung zu erhalten: ſondern es dienet auch dazu, daß man ſich nicht angewoͤhne zu eilen; welches im Spielen ein großer Fehler iſt: und wo- durch oͤfters verurſachet wird, daß die Hauptnoten des Geſanges, nicht wie ſie ſollen, in die gehoͤrige Zeit der dazu geſetzeten Grundnote treffen: welches, wie leicht zu erachten, eine ſehr uͤble Wirkung thun muß. 10. §. Damit die Zunge und die Finger zu rechter Fertigkeit gelangen moͤ- gen, muß ein Anfaͤnger, eine geraume Zeit, nichts anders als ſolche Stuͤcke ſpielen, die in lauter ſchweren, ſpringenden und rollenden Paſſagien beſte- hen; ſowohl aus Moll- als aus Durtoͤnen. Die Triller muß er durch alle Toͤne taͤglich uͤben, um ſie jedem Finger gelaͤufig zu machen. Wofern er dieſe beyden Stuͤcke unterlaͤßt, wird er niemals in den Stand kommen, ein Adagio reinlich und nett zu ſpielen. Denn zu den kleinen Manieren wird eine groͤßere Geſchwindigkeit erfodert, als zu den Paſſagien ſelbſt. 11. §. Es iſt keinem Anfaͤnger zu rathen, ſich vor der Zeit mit galanten Stuͤcken, oder gar mit dem Adagio einzulaſſen. Die wenigſten Liebhaber der Muſik erkennen dieſes; ſondern die meiſten haben eine Begierde da an- zufangen, wo andere aufhoͤren, naͤmlich mit Concerten und Solo, worinn das Adagio mit vielen Manieren, welche ſie doch noch nicht begreifen, ausgezieret wird. Sie halten wohl denjenigen Meiſter, welcher hierinne freygebiger iſt als ein anderer, fuͤr den beſten. Sie gehen aber hierdurch eher hinter ſich, als vor ſich; und muͤſſen oͤfters, wenn ſie ſich ſchon viele Jahre gemartert haben, wieder von vorn, naͤmlich die erſten Gruͤnde zu erlernen, anfangen. Haͤtten ſie anfaͤnglich die gehoͤrige Geduld, welche zu dieſer Wiſſenſchaft erfodert wird; ſo wuͤrden ſie in ein paar Jahren wei- ter kommen, als ſonſt in vielen. 12. §. Es iſt deswegen auch uͤbel gethan, wenn ein Anfaͤnger, ehe er ſich noch eine Sicherheit im Tacte und im Notenleſen zuwege gebracht hat, ſich oͤffentlich will hoͤren laſſen. Denn durch die Furcht, welche aus der Ungewiß- M 3

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Zitationshilfe: Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quantz_versuch_1752/111>, abgerufen am 13.11.2024.