Quantz, Johann Joachim: Versuch einer Anweisung die Flöte traversiere zu spielen. Berlin, 1752.Das VIII. Hauptstück. Von den Vorschlägen, theilung unternehmen. Denn hiervon hängt ein ansehnlicher Theil desguten Vortrages ab. 19. §. Einige begehen, so wie mit den willkührlichen Auszierungen, also kleinen
Das VIII. Hauptſtuͤck. Von den Vorſchlaͤgen, theilung unternehmen. Denn hiervon haͤngt ein anſehnlicher Theil desguten Vortrages ab. 19. §. Einige begehen, ſo wie mit den willkuͤhrlichen Auszierungen, alſo kleinen
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Das VIII. Hauptſtuͤck. Von den Vorſchlaͤgen,
theilung unternehmen. Denn hiervon haͤngt ein anſehnlicher Theil des
guten Vortrages ab.
19. §.
Einige begehen, ſo wie mit den willkuͤhrlichen Auszierungen, alſo
auch mit den hier beſchriebenen Vorſchlaͤgen, und uͤbrigen weſentlichen
Manieren, viel Misbrauch. Sie laſſen, ſo zu ſagen, faſt keine Note,
wo es nur irgend die Zeit, oder ihre Finger geſtatten, ohne Zuſatz hoͤren.
Sie machen den Geſang entweder durch uͤberhaͤufte Vorſchlaͤge und Ab-
zuͤge zu matt; oder durch einen Ueberfluß von ganzen und halben Trillern,
Mordanten, Doppelſchlaͤgen, battemens, u. d. gl. zu bunt. Sie bringen
dieſelben oͤfters bey Noten an, wobey doch ein nur halb geſundes muſikali-
ſches Gehoͤr begreift, daß ſie ſich nicht hinſchicken. Hat etwan ein be-
ruͤhmter Saͤnger, in einem Lande, eine mehr als gemeine Annehmlichkeit
bey Anbringung der Vorſchlaͤge: Gleich faͤngt die Haͤlfte der Saͤnger ſei-
ner Nation an zu heulen; und auch den lebhafteſten Stuͤcken, durch ihr
abgeſchmacktes Wehklagen, das Feuer zu benehmen: und hierdurch glau-
ben ſie den Verdienſten jenes beruͤhmten Saͤngers nahe zu kommen, wo
nicht gar, ſie zu uͤbertreffen. Es iſt wahr, die oben beſchriebenen Zierra-
then ſind zum guten Vortrage hoͤchſtnoͤthig. Deſſen ungeachtet muß
man doch ſparſam mit ihnen umgehen; wenn man des Guten nicht zu viel
thun will. Die rareſte und ſchmackhafteſte Speiſe machet uns Ekel, wenn
wir ihrer zu viel genießen muͤſſen. Eben ſo geht es mit den Auszierun-
gen in der Muſik; wenn man mit denſelben zu verſchwenderiſch umgeht,
und das Gehoͤr zu uͤberſchuͤtten ſuchet. Ein praͤchtiger, erhabener und
lebhafter Geſang, kann durch uͤbel angebrachte Vorſchlaͤge niedrig und
einfaͤltig; ein trauriger und zaͤrtlicher Geſang hingegen, durch uͤberhaͤufte
Triller und andere kleine Manieren zu luſtig und zu frech gemachet, und
die vernuͤnftige Denkart des Componiſten verſtuͤmmelt werden. Hieraus
nun iſt zu erſehen, daß die Auszierungen ſowohl ein Stuͤck, wo es noͤthig
iſt, verbeſſern, als auch, wenn ſie zur Unzeit kommen, verſchlimmern koͤn-
nen. Diejenigen, welche ſich den guten Geſchmack zwar wuͤnſchen, ihn
aber nicht beſitzen, fallen am leichteſten in dieſes Verſehen. Aus Man-
gel der zaͤrtlichen Empfindung, wiſſen ſie mit dem ſimpeln Geſange nicht
umzugehen. Ueber der edlen Einfalt wird ihnen, ſo zu ſagen, die Zeit zu
lang. Wer nun dergleichen Fehler nicht begehen will; der gewoͤhne ſich
bey Zeiten, weder zu ſimpel, noch zu bunt, zu ſingen oder zu ſpielen;
ſondern das Simple mit dem Brillanten immer zu vermiſchen. Mit den
kleinen
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