V. Verhandlungen über die Frage von der Gericht- barkeit der höchsten Reichsgerichte in evangeli- schen geistlichen Sachen.
I-III. Auf Veranlaßung eines abgesetzten evangelischen Predigers zu Wetzlar kam es bey der Visitation des Cam- mergerichts zur Sprache: ob in protestantischen geistlichen Sachen die Gerichtbarkeit des Cammergerichts gegründet sey? -- IV. V. Sowohl der Religionsfriede als der West- phälische Friede hat die geistliche Gerichtbarkeit, wie sie bis dahin war, über die Protestanten aufgehoben, ohne eine neue Art der geistlichen Gerichtbarkeit an deren Stelle zu setzen. -- VI. Der Westphälische Friede hat namentlich die ganze geistliche Gerichtbarkeit mit allen ihren Gattungen über die Protestanten aufgehoben. -- VII. Damit fiel auch der Anstand weg, den man nach dem Religionsfrieden noch we- gen der protestantischen Ehesachen gemacht hatte, -- deren Annehmung dem Cammergerichte doch schon 1570. verboten ward. -- VIII-X. Dabey hat es nun der Westphälische Frie- de gelaßen, -- und was von Ehesachen gilt, gilt auch von anderen Gegenständen der geistlichen Gerichtbarkeit. -- XI. Ueberhaupt erfordert auch hier die völlige Gleichheit beider Religionstheile, daß gegen Evangelische und Catholische bey Reichsgerichten einerley Verhältniß statt finde. -- XII. Daß evangelische Reichsstände in ihren geistlichen Sachen keinen höheren Richter haben, macht nach der Teutschen Verfassung keine so große Anomalie. -- XIII. Unsere Reichs- stände werden auch in anderen Fällen in ihren eignen Sa- chen oft von ihren eignen Gerichten gerichtet, -- zumal mit gestatteter Verschickung der Acten. -- XIV. Auch von Appellationen sind sie überhaupt häufig befreyet. -- XV. Nichtigkeitsklagen können zwar in peinlichen Sachen statt finden, wenn gleich nicht darin appellirt werden kann. -- XVI-XVIII. Allein das setzt doch voraus, daß der Beklagte unter den Reichsgerichten stehe. -- So wenig aber das bey catholischen Bischöfen in ihren geistlichen Sachen der Fall ist, so wenig auch bey protestantischen Reichsständen. -- XIX-XXII. Ohne allen Grund wird dem entgegengesetzt, daß die evangelischen Reichsstände ihre geistliche Gerichtbar- keit vermöge ihrer Landeshoheit ausübten. -- XXIII. Selbst auf die Förmlichkeit eigner Consistorien kömmt es nicht an, sondern auf die eigentliche Natur und Beschaffenheit der
geist-
X. Carl der VI. 1711-1740.
V. Verhandlungen uͤber die Frage von der Gericht- barkeit der hoͤchſten Reichsgerichte in evangeli- ſchen geiſtlichen Sachen.
I-III. Auf Veranlaßung eines abgeſetzten evangeliſchen Predigers zu Wetzlar kam es bey der Viſitation des Cam- mergerichts zur Sprache: ob in proteſtantiſchen geiſtlichen Sachen die Gerichtbarkeit des Cammergerichts gegruͤndet ſey? — IV. V. Sowohl der Religionsfriede als der Weſt- phaͤliſche Friede hat die geiſtliche Gerichtbarkeit, wie ſie bis dahin war, uͤber die Proteſtanten aufgehoben, ohne eine neue Art der geiſtlichen Gerichtbarkeit an deren Stelle zu ſetzen. — VI. Der Weſtphaͤliſche Friede hat namentlich die ganze geiſtliche Gerichtbarkeit mit allen ihren Gattungen uͤber die Proteſtanten aufgehoben. — VII. Damit fiel auch der Anſtand weg, den man nach dem Religionsfrieden noch we- gen der proteſtantiſchen Eheſachen gemacht hatte, — deren Annehmung dem Cammergerichte doch ſchon 1570. verboten ward. — VIII-X. Dabey hat es nun der Weſtphaͤliſche Frie- de gelaßen, — und was von Eheſachen gilt, gilt auch von anderen Gegenſtaͤnden der geiſtlichen Gerichtbarkeit. — XI. Ueberhaupt erfordert auch hier die voͤllige Gleichheit beider Religionstheile, daß gegen Evangeliſche und Catholiſche bey Reichsgerichten einerley Verhaͤltniß ſtatt finde. — XII. Daß evangeliſche Reichsſtaͤnde in ihren geiſtlichen Sachen keinen hoͤheren Richter haben, macht nach der Teutſchen Verfaſſung keine ſo große Anomalie. — XIII. Unſere Reichs- ſtaͤnde werden auch in anderen Faͤllen in ihren eignen Sa- chen oft von ihren eignen Gerichten gerichtet, — zumal mit geſtatteter Verſchickung der Acten. — XIV. Auch von Appellationen ſind ſie uͤberhaupt haͤufig befreyet. — XV. Nichtigkeitsklagen koͤnnen zwar in peinlichen Sachen ſtatt finden, wenn gleich nicht darin appellirt werden kann. — XVI-XVIII. Allein das ſetzt doch voraus, daß der Beklagte unter den Reichsgerichten ſtehe. — So wenig aber das bey catholiſchen Biſchoͤfen in ihren geiſtlichen Sachen der Fall iſt, ſo wenig auch bey proteſtantiſchen Reichsſtaͤnden. — XIX-XXII. Ohne allen Grund wird dem entgegengeſetzt, daß die evangeliſchen Reichsſtaͤnde ihre geiſtliche Gerichtbar- keit vermoͤge ihrer Landeshoheit ausuͤbten. — XXIII. Selbſt auf die Foͤrmlichkeit eigner Conſiſtorien koͤmmt es nicht an, ſondern auf die eigentliche Natur und Beſchaffenheit der
geiſt-
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X. Carl der VI. 1711-1740.
V.
Verhandlungen uͤber die Frage von der Gericht-
barkeit der hoͤchſten Reichsgerichte in evangeli-
ſchen geiſtlichen Sachen.
I-III. Auf Veranlaßung eines abgeſetzten evangeliſchen
Predigers zu Wetzlar kam es bey der Viſitation des Cam-
mergerichts zur Sprache: ob in proteſtantiſchen geiſtlichen
Sachen die Gerichtbarkeit des Cammergerichts gegruͤndet
ſey? — IV. V. Sowohl der Religionsfriede als der Weſt-
phaͤliſche Friede hat die geiſtliche Gerichtbarkeit, wie ſie bis
dahin war, uͤber die Proteſtanten aufgehoben, ohne eine
neue Art der geiſtlichen Gerichtbarkeit an deren Stelle zu
ſetzen. — VI. Der Weſtphaͤliſche Friede hat namentlich die
ganze geiſtliche Gerichtbarkeit mit allen ihren Gattungen uͤber
die Proteſtanten aufgehoben. — VII. Damit fiel auch der
Anſtand weg, den man nach dem Religionsfrieden noch we-
gen der proteſtantiſchen Eheſachen gemacht hatte, — deren
Annehmung dem Cammergerichte doch ſchon 1570. verboten
ward. — VIII-X. Dabey hat es nun der Weſtphaͤliſche Frie-
de gelaßen, — und was von Eheſachen gilt, gilt auch von
anderen Gegenſtaͤnden der geiſtlichen Gerichtbarkeit. — XI.
Ueberhaupt erfordert auch hier die voͤllige Gleichheit beider
Religionstheile, daß gegen Evangeliſche und Catholiſche bey
Reichsgerichten einerley Verhaͤltniß ſtatt finde. — XII.
Daß evangeliſche Reichsſtaͤnde in ihren geiſtlichen Sachen
keinen hoͤheren Richter haben, macht nach der Teutſchen
Verfaſſung keine ſo große Anomalie. — XIII. Unſere Reichs-
ſtaͤnde werden auch in anderen Faͤllen in ihren eignen Sa-
chen oft von ihren eignen Gerichten gerichtet, — zumal
mit geſtatteter Verſchickung der Acten. — XIV. Auch von
Appellationen ſind ſie uͤberhaupt haͤufig befreyet. — XV.
Nichtigkeitsklagen koͤnnen zwar in peinlichen Sachen ſtatt
finden, wenn gleich nicht darin appellirt werden kann. —
XVI-XVIII. Allein das ſetzt doch voraus, daß der Beklagte
unter den Reichsgerichten ſtehe. — So wenig aber das
bey catholiſchen Biſchoͤfen in ihren geiſtlichen Sachen der
Fall iſt, ſo wenig auch bey proteſtantiſchen Reichsſtaͤnden. —
XIX-XXII. Ohne allen Grund wird dem entgegengeſetzt,
daß die evangeliſchen Reichsſtaͤnde ihre geiſtliche Gerichtbar-
keit vermoͤge ihrer Landeshoheit ausuͤbten. — XXIII. Selbſt
auf die Foͤrmlichkeit eigner Conſiſtorien koͤmmt es nicht an,
ſondern auf die eigentliche Natur und Beſchaffenheit der
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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 2: Von 1558 bis 1740. Göttingen, 1786, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung02_1786/462>, abgerufen am 21.11.2024.
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