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Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786.

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I. Alte Zeiten bis 888.
züge des Gerichtszwanges, und übrigens lauter
Strafgesetze auf alle Gattungen von Diebstählen,
Beschädigungen und anderen gemeinschädlichen
Verbrechen. Nur eine Stelle des Salischen Ge-
setzes, worauf die Ausschließung der Töchter von
der Thronfolge in der Krone Frankreich bis auf
den heutigen Tag, als auf ihren ursprünglichen
Grund, gebauet wird, kann, wie ich glaube, mit
noch größerem Rechte als der älteste Beweis von
dem noch jetzt unter dem hohen und niedern Teut-
schen Adel obwaltenden Grundsatze, daß altväterliche
Stammgüter nur dem Mannsstamme, nicht den
Töchtern zu gute kommen, angesehen werden. Von
Salischen Grundstücken, sagt das Salische Gesetz,
soll kein Erbtheil an das weibliche Geschlecht, son-
dern nur an den Mannsstamm kommen (k). Oder,
wie sich das Ripuarische Gesetz (für einen andern
Stamm der Franken) ausdrückt: So lange
Mannsstamm vorhanden ist, soll keine Tochter in
Stammgütern erben (l). Doch noch ein alt-
teutsches Gesetz von eben diesen Zeiten her, das
für die Wariner (an der Warne in Mecklen-
burg) bestimmt war, drückt sich noch bestimm-
ter aus: "Die väterliche Erbschaft sollen nur
"Söhne, nicht Töchter bekommen. Doch wenn
"ein Vater nur Töchter und keine Söhne hinter-

"läßt;
(k) Lex Salica tit. 62. §. 6. (in Geor-
gisch
corp. iur. Germ. p. 124.): "De terra Sali-
ca nulla portio hereditatis mulieri veniat, sed ad
virilem sexum tota terrae hereditas pertineat."
(l) Lex Ripvariorvm tit. 56. §. 4. (ap.
Georgisch l. c. p. 167.): "Quum virilis sexus
exstiterit, femina in hereditatem auiaticam non
succedat."

I. Alte Zeiten bis 888.
zuͤge des Gerichtszwanges, und uͤbrigens lauter
Strafgeſetze auf alle Gattungen von Diebſtaͤhlen,
Beſchaͤdigungen und anderen gemeinſchaͤdlichen
Verbrechen. Nur eine Stelle des Saliſchen Ge-
ſetzes, worauf die Ausſchließung der Toͤchter von
der Thronfolge in der Krone Frankreich bis auf
den heutigen Tag, als auf ihren urſpruͤnglichen
Grund, gebauet wird, kann, wie ich glaube, mit
noch groͤßerem Rechte als der aͤlteſte Beweis von
dem noch jetzt unter dem hohen und niedern Teut-
ſchen Adel obwaltenden Grundſatze, daß altvaͤterliche
Stammguͤter nur dem Mannsſtamme, nicht den
Toͤchtern zu gute kommen, angeſehen werden. Von
Saliſchen Grundſtuͤcken, ſagt das Saliſche Geſetz,
ſoll kein Erbtheil an das weibliche Geſchlecht, ſon-
dern nur an den Mannsſtamm kommen (k). Oder,
wie ſich das Ripuariſche Geſetz (fuͤr einen andern
Stamm der Franken) ausdruͤckt: So lange
Mannsſtamm vorhanden iſt, ſoll keine Tochter in
Stammguͤtern erben (l). Doch noch ein alt-
teutſches Geſetz von eben dieſen Zeiten her, das
fuͤr die Wariner (an der Warne in Mecklen-
burg) beſtimmt war, druͤckt ſich noch beſtimm-
ter aus: ”Die vaͤterliche Erbſchaft ſollen nur
„Soͤhne, nicht Toͤchter bekommen. Doch wenn
„ein Vater nur Toͤchter und keine Soͤhne hinter-

„laͤßt;
(k) Lex Salica tit. 62. §. 6. (in Geor-
gisch
corp. iur. Germ. p. 124.): ”De terra Sali-
ca nulla portio hereditatis mulieri veniat, ſed ad
virilem ſexum tota terrae hereditas pertineat.”
(l) Lex Ripvariorvm tit. 56. §. 4. (ap.
Georgisch l. c. p. 167.): ”Quum virilis ſexus
exſtiterit, femina in hereditatem auiaticam non
ſuccedat.”
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[14/0048] I. Alte Zeiten bis 888. zuͤge des Gerichtszwanges, und uͤbrigens lauter Strafgeſetze auf alle Gattungen von Diebſtaͤhlen, Beſchaͤdigungen und anderen gemeinſchaͤdlichen Verbrechen. Nur eine Stelle des Saliſchen Ge- ſetzes, worauf die Ausſchließung der Toͤchter von der Thronfolge in der Krone Frankreich bis auf den heutigen Tag, als auf ihren urſpruͤnglichen Grund, gebauet wird, kann, wie ich glaube, mit noch groͤßerem Rechte als der aͤlteſte Beweis von dem noch jetzt unter dem hohen und niedern Teut- ſchen Adel obwaltenden Grundſatze, daß altvaͤterliche Stammguͤter nur dem Mannsſtamme, nicht den Toͤchtern zu gute kommen, angeſehen werden. Von Saliſchen Grundſtuͤcken, ſagt das Saliſche Geſetz, ſoll kein Erbtheil an das weibliche Geſchlecht, ſon- dern nur an den Mannsſtamm kommen (k). Oder, wie ſich das Ripuariſche Geſetz (fuͤr einen andern Stamm der Franken) ausdruͤckt: So lange Mannsſtamm vorhanden iſt, ſoll keine Tochter in Stammguͤtern erben (l). Doch noch ein alt- teutſches Geſetz von eben dieſen Zeiten her, das fuͤr die Wariner (an der Warne in Mecklen- burg) beſtimmt war, druͤckt ſich noch beſtimm- ter aus: ”Die vaͤterliche Erbſchaft ſollen nur „Soͤhne, nicht Toͤchter bekommen. Doch wenn „ein Vater nur Toͤchter und keine Soͤhne hinter- „laͤßt; (k) Lex Salica tit. 62. §. 6. (in Geor- gisch corp. iur. Germ. p. 124.): ”De terra Sali- ca nulla portio hereditatis mulieri veniat, ſed ad virilem ſexum tota terrae hereditas pertineat.” (l) Lex Ripvariorvm tit. 56. §. 4. (ap. Georgisch l. c. p. 167.): ”Quum virilis ſexus exſtiterit, femina in hereditatem auiaticam non ſuccedat.”

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Zitationshilfe: Pütter, Johann Stephan: Historische Entwickelung der heutigen Staatsverfassung des Teutschen Reichs. Bd. 1: Bis 1558. Göttingen, 1786, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/puetter_staatsverfassung01_1786/48>, abgerufen am 26.04.2024.