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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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Um eine einsame Fischmahlzeit zu machen, ritt ich
Nachmittag, nach einem großen Umweg gen Green-
witch. Die Aussicht von der dortigen Sternwarte ist be-
sonders dadurch merkwürdig, daß das ganze Stück Erde,
welches man übersieht, fast nur von der Stadt Lon-
don eingenommen wird, denn immer weiter und wei-
ter breitet sie seit Jahren ihre Polypenarme aus, und
verschlingt einen der kleinen Oerter, die sie umgeben,
nach dem andern. Freilich für eine Population, die
bald der des Königreichs Sachsen (seit dieses jüdisch
behandelt, nämlich beschnitten wurde) gleichkömmt,
bedarf es Platz.

Ich kehrte in der Shiptaverne ein, übergab mein
Pferd dem Hausknecht (denn ich war ganz allein,
und die Wartung der Pferde ist hier so allgemein
vortrefflich, daß man das beste Pferd unbedingt der
Sorge des Hostlers in jedem Gasthofe überlassen
kann) und erhielt ein sehr nettes Zimmer, mit einem
über die Themse hervorspringenden Erker, unter dem
die Fische noch herumschwammen, die ich, menschli-
ches Raubthier, bald unbarmherzig verzehren sollte.
Der Fluß war durch hundert Barken belebt, Gesang
und Musik tönte freundlich von den vorbeisegelnden
Dampfschiffen herüber, und die Sonne senkte sich
über der bunten Scene, blutroth im leichten Nebel-
schleier, dem Horizonte zu. Ich gab, am Fenster
sitzend, meinen Gedanken vielfache Audienz, bis die
hereinkommenden Seeaale, Flounders und Sole, alle
auf verschiedene Art zubereitet, mich zu materiellerem
Genusse aufforderten. Champagner in Eis und Lord


Um eine einſame Fiſchmahlzeit zu machen, ritt ich
Nachmittag, nach einem großen Umweg gen Green-
witch. Die Ausſicht von der dortigen Sternwarte iſt be-
ſonders dadurch merkwürdig, daß das ganze Stück Erde,
welches man überſieht, faſt nur von der Stadt Lon-
don eingenommen wird, denn immer weiter und wei-
ter breitet ſie ſeit Jahren ihre Polypenarme aus, und
verſchlingt einen der kleinen Oerter, die ſie umgeben,
nach dem andern. Freilich für eine Population, die
bald der des Königreichs Sachſen (ſeit dieſes jüdiſch
behandelt, nämlich beſchnitten wurde) gleichkömmt,
bedarf es Platz.

Ich kehrte in der Shiptaverne ein, übergab mein
Pferd dem Hausknecht (denn ich war ganz allein,
und die Wartung der Pferde iſt hier ſo allgemein
vortrefflich, daß man das beſte Pferd unbedingt der
Sorge des Hoſtlers in jedem Gaſthofe überlaſſen
kann) und erhielt ein ſehr nettes Zimmer, mit einem
über die Themſe hervorſpringenden Erker, unter dem
die Fiſche noch herumſchwammen, die ich, menſchli-
ches Raubthier, bald unbarmherzig verzehren ſollte.
Der Fluß war durch hundert Barken belebt, Geſang
und Muſik tönte freundlich von den vorbeiſegelnden
Dampfſchiffen herüber, und die Sonne ſenkte ſich
über der bunten Scene, blutroth im leichten Nebel-
ſchleier, dem Horizonte zu. Ich gab, am Fenſter
ſitzend, meinen Gedanken vielfache Audienz, bis die
hereinkommenden Seeaale, Flounders und Sole, alle
auf verſchiedene Art zubereitet, mich zu materiellerem
Genuſſe aufforderten. Champagner in Eis und Lord

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[68/0084] Den 3ten Juli. Um eine einſame Fiſchmahlzeit zu machen, ritt ich Nachmittag, nach einem großen Umweg gen Green- witch. Die Ausſicht von der dortigen Sternwarte iſt be- ſonders dadurch merkwürdig, daß das ganze Stück Erde, welches man überſieht, faſt nur von der Stadt Lon- don eingenommen wird, denn immer weiter und wei- ter breitet ſie ſeit Jahren ihre Polypenarme aus, und verſchlingt einen der kleinen Oerter, die ſie umgeben, nach dem andern. Freilich für eine Population, die bald der des Königreichs Sachſen (ſeit dieſes jüdiſch behandelt, nämlich beſchnitten wurde) gleichkömmt, bedarf es Platz. Ich kehrte in der Shiptaverne ein, übergab mein Pferd dem Hausknecht (denn ich war ganz allein, und die Wartung der Pferde iſt hier ſo allgemein vortrefflich, daß man das beſte Pferd unbedingt der Sorge des Hoſtlers in jedem Gaſthofe überlaſſen kann) und erhielt ein ſehr nettes Zimmer, mit einem über die Themſe hervorſpringenden Erker, unter dem die Fiſche noch herumſchwammen, die ich, menſchli- ches Raubthier, bald unbarmherzig verzehren ſollte. Der Fluß war durch hundert Barken belebt, Geſang und Muſik tönte freundlich von den vorbeiſegelnden Dampfſchiffen herüber, und die Sonne ſenkte ſich über der bunten Scene, blutroth im leichten Nebel- ſchleier, dem Horizonte zu. Ich gab, am Fenſter ſitzend, meinen Gedanken vielfache Audienz, bis die hereinkommenden Seeaale, Flounders und Sole, alle auf verſchiedene Art zubereitet, mich zu materiellerem Genuſſe aufforderten. Champagner in Eis und Lord

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/84>, abgerufen am 23.11.2024.