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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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ein theilnahmloser abgeschiedner Geist, ein herzzer-
reissendes Beispiel, daß es Wesen gibt, die, für die-
ses Leben wenigstens, dem Teufel schon vor der Ge-
burt verkauft gewesen zu seyn scheinen. Denn wen
der Fluch des Unglücks einmal getroffen, dem schafft
er nicht nur Feinde auf jedem Schritt, sondern raubt
ihm auch das Zutrauen und zuletzt das Herz der
Freunde, bis endlich der Arme, überall Getretne, Ge-
stoßne und Gemißhandelte daniedersinkend, sein wun-
des müdes Haupt hinlegt und stirbt, während sein
letzter Seufzer noch der mitleidslosen Menge, als
eine Anmassung und ein unerträglicher Mißton er-
scheint. Wehe den Unglücklichen! Dreimal wehe
ihnen! denn für sie gibt es weder Tugenden, noch
Klugheit, noch Geschick, noch Freude. -- Es gibt nur
ein Gutes für sie, und das ist der Tod!



Im Ganzen hat es doch etwas Angenehmes, jeden
Tag über so viele Einladungen disponiren, und wo
es einem nicht gefällt, sogleich eine besser conveni-
rende Gesellschaft aufsuchen zu können. Hie und da
findet sich dann doch immer etwas Neues, Pikantes
oder Interessantes. So machte ich gestern beim
Prinzen L... die Bekanntschaft einer zweiten Ninon
de l'Enclos. Lady A .... hält gewiß Niemand für
mehr als 40, dennoch ist sie nahe an 80. Nichts an
ihr erscheint gezwungen noch unnatürlich, dennoch

ein theilnahmloſer abgeſchiedner Geiſt, ein herzzer-
reiſſendes Beiſpiel, daß es Weſen gibt, die, für die-
ſes Leben wenigſtens, dem Teufel ſchon vor der Ge-
burt verkauft geweſen zu ſeyn ſcheinen. Denn wen
der Fluch des Unglücks einmal getroffen, dem ſchafft
er nicht nur Feinde auf jedem Schritt, ſondern raubt
ihm auch das Zutrauen und zuletzt das Herz der
Freunde, bis endlich der Arme, überall Getretne, Ge-
ſtoßne und Gemißhandelte daniederſinkend, ſein wun-
des müdes Haupt hinlegt und ſtirbt, während ſein
letzter Seufzer noch der mitleidsloſen Menge, als
eine Anmaſſung und ein unerträglicher Mißton er-
ſcheint. Wehe den Unglücklichen! Dreimal wehe
ihnen! denn für ſie gibt es weder Tugenden, noch
Klugheit, noch Geſchick, noch Freude. — Es gibt nur
ein Gutes für ſie, und das iſt der Tod!



Im Ganzen hat es doch etwas Angenehmes, jeden
Tag über ſo viele Einladungen diſponiren, und wo
es einem nicht gefällt, ſogleich eine beſſer conveni-
rende Geſellſchaft aufſuchen zu können. Hie und da
findet ſich dann doch immer etwas Neues, Pikantes
oder Intereſſantes. So machte ich geſtern beim
Prinzen L… die Bekanntſchaft einer zweiten Ninon
de l’Enclos. Lady A .... hält gewiß Niemand für
mehr als 40, dennoch iſt ſie nahe an 80. Nichts an
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[378/0398] ein theilnahmloſer abgeſchiedner Geiſt, ein herzzer- reiſſendes Beiſpiel, daß es Weſen gibt, die, für die- ſes Leben wenigſtens, dem Teufel ſchon vor der Ge- burt verkauft geweſen zu ſeyn ſcheinen. Denn wen der Fluch des Unglücks einmal getroffen, dem ſchafft er nicht nur Feinde auf jedem Schritt, ſondern raubt ihm auch das Zutrauen und zuletzt das Herz der Freunde, bis endlich der Arme, überall Getretne, Ge- ſtoßne und Gemißhandelte daniederſinkend, ſein wun- des müdes Haupt hinlegt und ſtirbt, während ſein letzter Seufzer noch der mitleidsloſen Menge, als eine Anmaſſung und ein unerträglicher Mißton er- ſcheint. Wehe den Unglücklichen! Dreimal wehe ihnen! denn für ſie gibt es weder Tugenden, noch Klugheit, noch Geſchick, noch Freude. — Es gibt nur ein Gutes für ſie, und das iſt der Tod! Den 25ſten. Im Ganzen hat es doch etwas Angenehmes, jeden Tag über ſo viele Einladungen diſponiren, und wo es einem nicht gefällt, ſogleich eine beſſer conveni- rende Geſellſchaft aufſuchen zu können. Hie und da findet ſich dann doch immer etwas Neues, Pikantes oder Intereſſantes. So machte ich geſtern beim Prinzen L… die Bekanntſchaft einer zweiten Ninon de l’Enclos. Lady A .... hält gewiß Niemand für mehr als 40, dennoch iſt ſie nahe an 80. Nichts an ihr erſcheint gezwungen noch unnatürlich, dennoch

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/398>, abgerufen am 23.11.2024.