Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

Fenster gegenüber, eine sehr hohe, spitzige Feueresse
mit einer eisernen Stange errichten, und der Gefan-
genen insinuiren: diese Stange sey bestimmt, um
ihren Kopf darauf zu stecken. So erzählte uns die
Marquise. Die Esse steht noch, und ist jetzt dick mit
Epheu überwachsen, Elisabeth aber baute, um sich
an dem wohlthuenden Contrast späterer Jahre zu
weiden, den neuen Pallast daneben, aus dem sie den
drohenden Rauchschlund nun mit besserer Gemüths-
ruhe betrachten konnte. An Kunstgegenständen ist
das Schloß arm, der Park nur reich an großen Ei-
chenalleen und Krähen, sonst öde und ohne Wasser,
ausgenommen eine häßliche, grün überzogne Pfütze
nahe am Schloß.



In dem Hause meines Wirths befindet sich eine
eigenthümliche Bildergallerie, nämlich eine persische,
die wenigstens ziemlich barocke Dinge enthält. Die
Portraite des Schachs und seines Sohnes Abbas
Mirza sind das Interessanteste darin. Die gelbe mit
Edelsteinen aller. Art bedeckte Tracht des Schachs
und sein enormer schwarzer Bart, repräsentiren die-
sen Sohn des Himmels und der Sonne nicht übel.
Sein Sohn aber übertrifft ihn an Schönheit der
Züge. Dagegen ist das Costume desselben fast zu
einfach, und auch die spitze Schafmütze nicht wohl-
bekommend. Der letzte persische Gesandte in Eng-

Fenſter gegenüber, eine ſehr hohe, ſpitzige Feuereſſe
mit einer eiſernen Stange errichten, und der Gefan-
genen inſinuiren: dieſe Stange ſey beſtimmt, um
ihren Kopf darauf zu ſtecken. So erzählte uns die
Marquiſe. Die Eſſe ſteht noch, und iſt jetzt dick mit
Epheu überwachſen, Eliſabeth aber baute, um ſich
an dem wohlthuenden Contraſt ſpäterer Jahre zu
weiden, den neuen Pallaſt daneben, aus dem ſie den
drohenden Rauchſchlund nun mit beſſerer Gemüths-
ruhe betrachten konnte. An Kunſtgegenſtänden iſt
das Schloß arm, der Park nur reich an großen Ei-
chenalleen und Krähen, ſonſt öde und ohne Waſſer,
ausgenommen eine häßliche, grün überzogne Pfütze
nahe am Schloß.



In dem Hauſe meines Wirths befindet ſich eine
eigenthümliche Bildergallerie, nämlich eine perſiſche,
die wenigſtens ziemlich barocke Dinge enthält. Die
Portraite des Schachs und ſeines Sohnes Abbas
Mirza ſind das Intereſſanteſte darin. Die gelbe mit
Edelſteinen aller. Art bedeckte Tracht des Schachs
und ſein enormer ſchwarzer Bart, repräſentiren die-
ſen Sohn des Himmels und der Sonne nicht übel.
Sein Sohn aber übertrifft ihn an Schönheit der
Züge. Dagegen iſt das Coſtume desſelben faſt zu
einfach, und auch die ſpitze Schafmütze nicht wohl-
bekommend. Der letzte perſiſche Geſandte in Eng-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0294" n="278"/>
Fen&#x017F;ter gegenüber, eine &#x017F;ehr hohe, &#x017F;pitzige Feuere&#x017F;&#x017F;e<lb/>
mit einer ei&#x017F;ernen Stange errichten, und der Gefan-<lb/>
genen in&#x017F;inuiren: die&#x017F;e Stange &#x017F;ey be&#x017F;timmt, um<lb/>
ihren Kopf darauf zu &#x017F;tecken. So erzählte uns die<lb/>
Marqui&#x017F;e. Die E&#x017F;&#x017F;e &#x017F;teht noch, und i&#x017F;t jetzt dick mit<lb/>
Epheu überwach&#x017F;en, Eli&#x017F;abeth aber baute, um &#x017F;ich<lb/>
an dem wohlthuenden Contra&#x017F;t &#x017F;päterer Jahre zu<lb/>
weiden, den neuen Palla&#x017F;t daneben, aus dem &#x017F;ie den<lb/>
drohenden Rauch&#x017F;chlund nun mit be&#x017F;&#x017F;erer Gemüths-<lb/>
ruhe betrachten konnte. An Kun&#x017F;tgegen&#x017F;tänden i&#x017F;t<lb/>
das Schloß arm, der Park nur reich an großen Ei-<lb/>
chenalleen und Krähen, &#x017F;on&#x017F;t öde und ohne Wa&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
ausgenommen eine häßliche, grün überzogne Pfütze<lb/>
nahe am Schloß.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Den 13ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>In dem Hau&#x017F;e meines Wirths befindet &#x017F;ich eine<lb/>
eigenthümliche Bildergallerie, nämlich eine per&#x017F;i&#x017F;che,<lb/>
die wenig&#x017F;tens ziemlich barocke Dinge enthält. Die<lb/>
Portraite des Schachs und &#x017F;eines Sohnes Abbas<lb/>
Mirza &#x017F;ind das Intere&#x017F;&#x017F;ante&#x017F;te darin. Die gelbe mit<lb/>
Edel&#x017F;teinen aller. Art bedeckte Tracht des Schachs<lb/>
und &#x017F;ein enormer &#x017F;chwarzer Bart, reprä&#x017F;entiren die-<lb/>
&#x017F;en Sohn des Himmels und der Sonne nicht übel.<lb/><hi rendition="#g">Sein</hi> Sohn aber übertrifft ihn an Schönheit der<lb/>
Züge. Dagegen i&#x017F;t das Co&#x017F;tume des&#x017F;elben fa&#x017F;t zu<lb/>
einfach, und auch die &#x017F;pitze Schafmütze nicht wohl-<lb/>
bekommend. Der letzte per&#x017F;i&#x017F;che Ge&#x017F;andte in Eng-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[278/0294] Fenſter gegenüber, eine ſehr hohe, ſpitzige Feuereſſe mit einer eiſernen Stange errichten, und der Gefan- genen inſinuiren: dieſe Stange ſey beſtimmt, um ihren Kopf darauf zu ſtecken. So erzählte uns die Marquiſe. Die Eſſe ſteht noch, und iſt jetzt dick mit Epheu überwachſen, Eliſabeth aber baute, um ſich an dem wohlthuenden Contraſt ſpäterer Jahre zu weiden, den neuen Pallaſt daneben, aus dem ſie den drohenden Rauchſchlund nun mit beſſerer Gemüths- ruhe betrachten konnte. An Kunſtgegenſtänden iſt das Schloß arm, der Park nur reich an großen Ei- chenalleen und Krähen, ſonſt öde und ohne Waſſer, ausgenommen eine häßliche, grün überzogne Pfütze nahe am Schloß. Den 13ten. In dem Hauſe meines Wirths befindet ſich eine eigenthümliche Bildergallerie, nämlich eine perſiſche, die wenigſtens ziemlich barocke Dinge enthält. Die Portraite des Schachs und ſeines Sohnes Abbas Mirza ſind das Intereſſanteſte darin. Die gelbe mit Edelſteinen aller. Art bedeckte Tracht des Schachs und ſein enormer ſchwarzer Bart, repräſentiren die- ſen Sohn des Himmels und der Sonne nicht übel. Sein Sohn aber übertrifft ihn an Schönheit der Züge. Dagegen iſt das Coſtume desſelben faſt zu einfach, und auch die ſpitze Schafmütze nicht wohl- bekommend. Der letzte perſiſche Geſandte in Eng-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/294
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/294>, abgerufen am 23.11.2024.