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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831.

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Himmel sterben, diejenigen aber, welche sich zu der
Zeit in völliger Ungnade befanden, einen weit schwe-
rern Tod und größere Gewissensbisse erleiden muß-
ten. Man kann sich eine solche Zeit, einen solchen
Hof und solches Leben gewiß nicht mehr recht treu
vorstellen, aber grade für unsern Stand mag es
allerdings nicht so übel gewesen seyn. Ich machte
viele Betrachtungen über diesen ewigen Wechsel in
der Welt, und rief zuletzt, angeweht vom unsichtba-
ren Geisterhauch, der fortwährend durch das All
strömt, liebender Sehnsucht Gruß dem herrlich fun-
kelnden Abendsterne zu, der seit Aeonen Jahren sich
all dieß Treiben mit so vieler Toleranz und unge-
trübter Ruhe ansieht.



Es gibt wirklich einige Talente in mir, um die
es Schade ist. . . . . . . . .
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Alles das geht nun verloren, (denn sich selbst dient
man immer schlecht) grade wie etwas noch viel Besse-
res, z. B. ein wunderherrlich schöner Baum in Ame-
rikas Wildnissen sich vergebens jedes neue Frühjahr
mit dem prächtigsten Laube, mit den süßduftendsten
Blüthen schmückt, ohne daß je auch nur eine arme
Menschenseele ihre Augen und ihr Gemüth daran er-

Himmel ſterben, diejenigen aber, welche ſich zu der
Zeit in völliger Ungnade befanden, einen weit ſchwe-
rern Tod und größere Gewiſſensbiſſe erleiden muß-
ten. Man kann ſich eine ſolche Zeit, einen ſolchen
Hof und ſolches Leben gewiß nicht mehr recht treu
vorſtellen, aber grade für unſern Stand mag es
allerdings nicht ſo übel geweſen ſeyn. Ich machte
viele Betrachtungen über dieſen ewigen Wechſel in
der Welt, und rief zuletzt, angeweht vom unſichtba-
ren Geiſterhauch, der fortwährend durch das All
ſtrömt, liebender Sehnſucht Gruß dem herrlich fun-
kelnden Abendſterne zu, der ſeit Aeonen Jahren ſich
all dieß Treiben mit ſo vieler Toleranz und unge-
trübter Ruhe anſieht.



Es gibt wirklich einige Talente in mir, um die
es Schade iſt. . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . .
Alles das geht nun verloren, (denn ſich ſelbſt dient
man immer ſchlecht) grade wie etwas noch viel Beſſe-
res, z. B. ein wunderherrlich ſchöner Baum in Ame-
rikas Wildniſſen ſich vergebens jedes neue Frühjahr
mit dem prächtigſten Laube, mit den ſüßduftendſten
Blüthen ſchmückt, ohne daß je auch nur eine arme
Menſchenſeele ihre Augen und ihr Gemüth daran er-

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[173/0189] Himmel ſterben, diejenigen aber, welche ſich zu der Zeit in völliger Ungnade befanden, einen weit ſchwe- rern Tod und größere Gewiſſensbiſſe erleiden muß- ten. Man kann ſich eine ſolche Zeit, einen ſolchen Hof und ſolches Leben gewiß nicht mehr recht treu vorſtellen, aber grade für unſern Stand mag es allerdings nicht ſo übel geweſen ſeyn. Ich machte viele Betrachtungen über dieſen ewigen Wechſel in der Welt, und rief zuletzt, angeweht vom unſichtba- ren Geiſterhauch, der fortwährend durch das All ſtrömt, liebender Sehnſucht Gruß dem herrlich fun- kelnden Abendſterne zu, der ſeit Aeonen Jahren ſich all dieß Treiben mit ſo vieler Toleranz und unge- trübter Ruhe anſieht. Den 9ten. Es gibt wirklich einige Talente in mir, um die es Schade iſt. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Alles das geht nun verloren, (denn ſich ſelbſt dient man immer ſchlecht) grade wie etwas noch viel Beſſe- res, z. B. ein wunderherrlich ſchöner Baum in Ame- rikas Wildniſſen ſich vergebens jedes neue Frühjahr mit dem prächtigſten Laube, mit den ſüßduftendſten Blüthen ſchmückt, ohne daß je auch nur eine arme Menſchenſeele ihre Augen und ihr Gemüth daran er-

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Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 4. Stuttgart, 1831, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe04_1831/189>, abgerufen am 13.11.2024.