Ich komme eben don einem großen Almacks Tan- cyball zu Hause, wo Alles in fremder, phantastischer Tracht, oder in Uniform erscheinen muß, eine Me- lange, die nicht die schicklichste ist. Du kannst den- ken, daß mein Freund aus G .... in seinem schot- tischen Prachtanzug nicht fehlte. In der That ist die- ses Costüme sehr schön, in hohem Grade reich, pit- toresk und männlich. Nur die Schuhe mit den großen Schnallen gefallen mir nicht. Das Schwerdt hat ganz die Form unsrer Studentenrappiere, und ausserdem gehört noch dazu ein Dolch, Pistolen und Carton- schen, die Waffen mit Edelsteinen besetzt, und eine Adlerfeder, das Zeichen der Chieftains, an der bun- ten Mütze.
Ich führte zwei Damen auf den Ball, die erste, Msts. C ..., eine heitre und kluge, noch recht hübsche Frau von ohngefähr 35 Jahren, die die Welt liebt, selbst in ihr beliebt ist, und einen invaliden Mann auf die sorgsamste Weise pflegt -- die beste Art Treue. Ibre Tournure ist angenehm, ihr Charakter gut, also sehr passend pour en faire une Amie dans le monde. Die andere Dame, ihre Busenfreundin, ist eine junge, sehr reizende Wittwe, unbedeutender zwar, aber ein liebliches, freundliches Weibchen, die vollkommen zufriedengestellt ist, wenn man ihre Zähne mit Perlen, und ihre blauen Augen mit Veilchen ver- glichen hat.
Briefe eines Verstorbenen III. 25
Den 22ſten.
Ich komme eben don einem großen Almacks Tan- cyball zu Hauſe, wo Alles in fremder, phantaſtiſcher Tracht, oder in Uniform erſcheinen muß, eine Me- lange, die nicht die ſchicklichſte iſt. Du kannſt den- ken, daß mein Freund aus G .... in ſeinem ſchot- tiſchen Prachtanzug nicht fehlte. In der That iſt die- ſes Coſtüme ſehr ſchön, in hohem Grade reich, pit- toresk und männlich. Nur die Schuhe mit den großen Schnallen gefallen mir nicht. Das Schwerdt hat ganz die Form unſrer Studentenrappiere, und auſſerdem gehört noch dazu ein Dolch, Piſtolen und Carton- ſchen, die Waffen mit Edelſteinen beſetzt, und eine Adlerfeder, das Zeichen der Chieftains, an der bun- ten Mütze.
Ich führte zwei Damen auf den Ball, die erſte, Mſts. C …, eine heitre und kluge, noch recht hübſche Frau von ohngefähr 35 Jahren, die die Welt liebt, ſelbſt in ihr beliebt iſt, und einen invaliden Mann auf die ſorgſamſte Weiſe pflegt — die beſte Art Treue. Ibre Tournure iſt angenehm, ihr Charakter gut, alſo ſehr paſſend pour en faire une Amie dans le monde. Die andere Dame, ihre Buſenfreundin, iſt eine junge, ſehr reizende Wittwe, unbedeutender zwar, aber ein liebliches, freundliches Weibchen, die vollkommen zufriedengeſtellt iſt, wenn man ihre Zähne mit Perlen, und ihre blauen Augen mit Veilchen ver- glichen hat.
Briefe eines Verſtorbenen III. 25
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0431"n="385"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 22ſten.</hi></dateline></opener><lb/><p>Ich komme eben don einem großen <hirendition="#aq">Almacks Tan-<lb/>
cyball</hi> zu Hauſe, wo Alles in fremder, phantaſtiſcher<lb/>
Tracht, oder in Uniform erſcheinen muß, eine Me-<lb/>
lange, die nicht die ſchicklichſte iſt. Du kannſt den-<lb/>
ken, daß mein Freund aus G .... in ſeinem ſchot-<lb/>
tiſchen Prachtanzug nicht fehlte. In der That iſt die-<lb/>ſes Coſtüme ſehr ſchön, in hohem Grade reich, pit-<lb/>
toresk und männlich. Nur die Schuhe mit den großen<lb/>
Schnallen gefallen mir nicht. Das Schwerdt hat ganz<lb/>
die Form unſrer Studentenrappiere, und auſſerdem<lb/>
gehört noch dazu ein Dolch, Piſtolen und Carton-<lb/>ſchen, die Waffen mit Edelſteinen beſetzt, und eine<lb/>
Adlerfeder, das Zeichen der Chieftains, an der bun-<lb/>
ten Mütze.</p><lb/><p>Ich führte zwei Damen auf den Ball, die erſte,<lb/>
Mſts. C …, eine heitre und kluge, noch recht hübſche<lb/>
Frau von ohngefähr 35 Jahren, die die Welt liebt,<lb/>ſelbſt in ihr beliebt iſt, und einen invaliden Mann<lb/>
auf die ſorgſamſte Weiſe pflegt — die beſte Art Treue.<lb/>
Ibre Tournure iſt angenehm, ihr Charakter gut,<lb/>
alſo ſehr paſſend <hirendition="#aq">pour en faire une Amie dans le<lb/>
monde.</hi> Die andere Dame, ihre Buſenfreundin, iſt<lb/>
eine junge, ſehr reizende Wittwe, unbedeutender<lb/>
zwar, aber ein liebliches, freundliches Weibchen, die<lb/>
vollkommen zufriedengeſtellt iſt, wenn man ihre Zähne<lb/>
mit Perlen, und ihre blauen Augen mit Veilchen ver-<lb/>
glichen hat.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Briefe eines Verſtorbenen <hirendition="#aq">III.</hi> 25</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[385/0431]
Den 22ſten.
Ich komme eben don einem großen Almacks Tan-
cyball zu Hauſe, wo Alles in fremder, phantaſtiſcher
Tracht, oder in Uniform erſcheinen muß, eine Me-
lange, die nicht die ſchicklichſte iſt. Du kannſt den-
ken, daß mein Freund aus G .... in ſeinem ſchot-
tiſchen Prachtanzug nicht fehlte. In der That iſt die-
ſes Coſtüme ſehr ſchön, in hohem Grade reich, pit-
toresk und männlich. Nur die Schuhe mit den großen
Schnallen gefallen mir nicht. Das Schwerdt hat ganz
die Form unſrer Studentenrappiere, und auſſerdem
gehört noch dazu ein Dolch, Piſtolen und Carton-
ſchen, die Waffen mit Edelſteinen beſetzt, und eine
Adlerfeder, das Zeichen der Chieftains, an der bun-
ten Mütze.
Ich führte zwei Damen auf den Ball, die erſte,
Mſts. C …, eine heitre und kluge, noch recht hübſche
Frau von ohngefähr 35 Jahren, die die Welt liebt,
ſelbſt in ihr beliebt iſt, und einen invaliden Mann
auf die ſorgſamſte Weiſe pflegt — die beſte Art Treue.
Ibre Tournure iſt angenehm, ihr Charakter gut,
alſo ſehr paſſend pour en faire une Amie dans le
monde. Die andere Dame, ihre Buſenfreundin, iſt
eine junge, ſehr reizende Wittwe, unbedeutender
zwar, aber ein liebliches, freundliches Weibchen, die
vollkommen zufriedengeſtellt iſt, wenn man ihre Zähne
mit Perlen, und ihre blauen Augen mit Veilchen ver-
glichen hat.
Briefe eines Verſtorbenen III. 25
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/431>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.