Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831.

Bild:
<< vorherige Seite

eine stellt Ninon de Lenclos vor, deren mir bisher
bekannt gewordnen Abbildungen nie meiner Vorstel-
lung von ihr recht entsprachen, dagegen diese ihren
bekannten Charakter vollständig ausspricht, und dabei
von der anziehendsten Schönheit ist, ächt französisch,
lebhaft wie Quecksilber, eine Kühnheit, die allerdings
an Frechheit streift, aber doch zu edel und zu wesent-
lich natürlich, um einen andern als gewinnenden Ein-
druck zurück zu lassen. Die andere, eine sanfte, hei-
tere und wollüstige Schönheit, war unterschrieben
Francoise d'Orleans de Valois -- als Eingeweihte in
die französische Genealogie und Memoiren, wirst Du
wissen, wer dies ist. Je l'ignore. Jede dieser Tassen
kostete 1000 Franken.

Bei schönem Mondschein fuhren wir den Abend noch
bis Aylesbury, von wo ich Dir jetzt schreibe.



Noch heute Abend hoffe ich wieder in London zu
seyn. Während dem Umspannen schreibe ich Dir flüch-
tig nur ein paar Worte. Wir sahen früh Lord Ca-
ringtons Park, zu Deinem Trost gesagt, vor der Hand
wenigstens, den letzten. Der Garten bietet eben nichts
Besonderes dar, das Schloß ist abermals im belieb-
ten Neu-Gothisch, aber, da es einfacher gebaut ist,
und weniger Prätension macht, erscheint es auch we-
niger affektirt. Es ist nur aus rohen Bruchsteinen

eine ſtellt Ninon de Lenclos vor, deren mir bisher
bekannt gewordnen Abbildungen nie meiner Vorſtel-
lung von ihr recht entſprachen, dagegen dieſe ihren
bekannten Charakter vollſtändig ausſpricht, und dabei
von der anziehendſten Schönheit iſt, ächt franzöſiſch,
lebhaft wie Queckſilber, eine Kühnheit, die allerdings
an Frechheit ſtreift, aber doch zu edel und zu weſent-
lich natürlich, um einen andern als gewinnenden Ein-
druck zurück zu laſſen. Die andere, eine ſanfte, hei-
tere und wollüſtige Schönheit, war unterſchrieben
Francoiſe d’Orleans de Valois — als Eingeweihte in
die franzöſiſche Genealogie und Memoiren, wirſt Du
wiſſen, wer dies iſt. Je l’ignore. Jede dieſer Taſſen
koſtete 1000 Franken.

Bei ſchönem Mondſchein fuhren wir den Abend noch
bis Aylesbury, von wo ich Dir jetzt ſchreibe.



Noch heute Abend hoffe ich wieder in London zu
ſeyn. Während dem Umſpannen ſchreibe ich Dir flüch-
tig nur ein paar Worte. Wir ſahen früh Lord Ca-
ringtons Park, zu Deinem Troſt geſagt, vor der Hand
wenigſtens, den letzten. Der Garten bietet eben nichts
Beſonderes dar, das Schloß iſt abermals im belieb-
ten Neu-Gothiſch, aber, da es einfacher gebaut iſt,
und weniger Prätenſion macht, erſcheint es auch we-
niger affektirt. Es iſt nur aus rohen Bruchſteinen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0348" n="302"/>
eine &#x017F;tellt Ninon de Lenclos vor, deren mir bisher<lb/>
bekannt gewordnen Abbildungen nie meiner Vor&#x017F;tel-<lb/>
lung von ihr recht ent&#x017F;prachen, dagegen die&#x017F;e ihren<lb/>
bekannten Charakter voll&#x017F;tändig aus&#x017F;pricht, und dabei<lb/>
von der anziehend&#x017F;ten Schönheit i&#x017F;t, ächt franzö&#x017F;i&#x017F;ch,<lb/>
lebhaft wie Queck&#x017F;ilber, eine Kühnheit, die allerdings<lb/>
an Frechheit &#x017F;treift, aber doch zu edel und zu we&#x017F;ent-<lb/>
lich natürlich, um einen andern als gewinnenden Ein-<lb/>
druck zurück zu la&#x017F;&#x017F;en. Die andere, eine &#x017F;anfte, hei-<lb/>
tere und wollü&#x017F;tige Schönheit, war unter&#x017F;chrieben<lb/>
Francoi&#x017F;e d&#x2019;Orleans de Valois &#x2014; als Eingeweihte in<lb/>
die franzö&#x017F;i&#x017F;che Genealogie und Memoiren, wir&#x017F;t <hi rendition="#g">Du</hi><lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en, wer dies i&#x017F;t. <hi rendition="#aq">Je l&#x2019;ignore.</hi> Jede die&#x017F;er Ta&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ko&#x017F;tete 1000 Franken.</p><lb/>
          <p>Bei &#x017F;chönem Mond&#x017F;chein fuhren wir den Abend noch<lb/>
bis Aylesbury, von wo ich Dir jetzt &#x017F;chreibe.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <div n="2">
          <opener>
            <dateline> <hi rendition="#et">Uxbridge, den 12ten.</hi> </dateline>
          </opener><lb/>
          <p>Noch heute Abend hoffe ich wieder in London zu<lb/>
&#x017F;eyn. Während dem Um&#x017F;pannen &#x017F;chreibe ich Dir flüch-<lb/>
tig nur ein paar Worte. Wir &#x017F;ahen früh Lord Ca-<lb/>
ringtons Park, zu Deinem Tro&#x017F;t ge&#x017F;agt, vor der Hand<lb/>
wenig&#x017F;tens, den letzten. Der Garten bietet eben nichts<lb/>
Be&#x017F;onderes dar, das Schloß i&#x017F;t abermals im belieb-<lb/>
ten Neu-Gothi&#x017F;ch, aber, da es einfacher gebaut i&#x017F;t,<lb/>
und weniger Präten&#x017F;ion macht, er&#x017F;cheint es auch we-<lb/>
niger affektirt. Es i&#x017F;t nur aus rohen Bruch&#x017F;teinen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[302/0348] eine ſtellt Ninon de Lenclos vor, deren mir bisher bekannt gewordnen Abbildungen nie meiner Vorſtel- lung von ihr recht entſprachen, dagegen dieſe ihren bekannten Charakter vollſtändig ausſpricht, und dabei von der anziehendſten Schönheit iſt, ächt franzöſiſch, lebhaft wie Queckſilber, eine Kühnheit, die allerdings an Frechheit ſtreift, aber doch zu edel und zu weſent- lich natürlich, um einen andern als gewinnenden Ein- druck zurück zu laſſen. Die andere, eine ſanfte, hei- tere und wollüſtige Schönheit, war unterſchrieben Francoiſe d’Orleans de Valois — als Eingeweihte in die franzöſiſche Genealogie und Memoiren, wirſt Du wiſſen, wer dies iſt. Je l’ignore. Jede dieſer Taſſen koſtete 1000 Franken. Bei ſchönem Mondſchein fuhren wir den Abend noch bis Aylesbury, von wo ich Dir jetzt ſchreibe. Uxbridge, den 12ten. Noch heute Abend hoffe ich wieder in London zu ſeyn. Während dem Umſpannen ſchreibe ich Dir flüch- tig nur ein paar Worte. Wir ſahen früh Lord Ca- ringtons Park, zu Deinem Troſt geſagt, vor der Hand wenigſtens, den letzten. Der Garten bietet eben nichts Beſonderes dar, das Schloß iſt abermals im belieb- ten Neu-Gothiſch, aber, da es einfacher gebaut iſt, und weniger Prätenſion macht, erſcheint es auch we- niger affektirt. Es iſt nur aus rohen Bruchſteinen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/348
Zitationshilfe: Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 3. Stuttgart, 1831, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe03_1831/348>, abgerufen am 21.11.2024.