um, wie in Norddeutschland, auch ihren Misthausen als Haupt point de vaue auszulegen. Der Regen (denn leider regnet es) läuft ganz lustig unter den Fenstern durch, und bildet einige romantische Was- serfälle vom Fensterbrett auf den Boden, wo ein al- ter Teppich die Fluthen durstig aufnimmt. Die Meubeln wackeln etwas, ich habe aber Tische genug (eine große Angelegenheit bei meinen vielen Sachen) und das Bett scheint wenigstens geräumig und hart genug. Im Kamin brennt, oder glüht vielmehr, vortrefflicher Torf, der außer der Wärme, die er verleiht, auch, gleich dem Vesuv, wenn er ausbricht, alle Gegenstände mit einer feinen Asche überzieht. Alles das ist nicht glänzend -- aber wie hoch werden jene Kleinigkeiten aufgewogen, durch die patriar- chalische Gastfreiheit, und die heitre, unge- zwungene Freundlichkeit der Familie! Es ist als wäre mein Besuch eine erzeigte Gunst, für die sich mir Alle, wie für einen wesentlichen Dienst, verpflichtet zu fühlen scheinen.
Den 6ten.
Mein Wirth gefällt mir sehr wohl. Er ist 72 Jahr alt, und noch rüstig wie 50, muß einst ein sehr schönes Aeußere gehabt haben, und seine Männlich- keit bewiesen 12 Söhne und 7 Töchter, alle von der- selben Frau, die ebenfalls noch lebt, jetzt aber un- wohl ist, weshalb ich sie noch nicht sah. Einige der
um, wie in Norddeutſchland, auch ihren Miſthauſen als Haupt point de vûe auszulegen. Der Regen (denn leider regnet es) läuft ganz luſtig unter den Fenſtern durch, und bildet einige romantiſche Waſ- ſerfälle vom Fenſterbrett auf den Boden, wo ein al- ter Teppich die Fluthen durſtig aufnimmt. Die Meubeln wackeln etwas, ich habe aber Tiſche genug (eine große Angelegenheit bei meinen vielen Sachen) und das Bett ſcheint wenigſtens geräumig und hart genug. Im Kamin brennt, oder glüht vielmehr, vortrefflicher Torf, der außer der Wärme, die er verleiht, auch, gleich dem Veſuv, wenn er ausbricht, alle Gegenſtände mit einer feinen Aſche überzieht. Alles das iſt nicht glänzend — aber wie hoch werden jene Kleinigkeiten aufgewogen, durch die patriar- chaliſche Gaſtfreiheit, und die heitre, unge- zwungene Freundlichkeit der Familie! Es iſt als wäre mein Beſuch eine erzeigte Gunſt, für die ſich mir Alle, wie für einen weſentlichen Dienſt, verpflichtet zu fühlen ſcheinen.
Den 6ten.
Mein Wirth gefällt mir ſehr wohl. Er iſt 72 Jahr alt, und noch rüſtig wie 50, muß einſt ein ſehr ſchönes Aeußere gehabt haben, und ſeine Männlich- keit bewieſen 12 Söhne und 7 Töchter, alle von der- ſelben Frau, die ebenfalls noch lebt, jetzt aber un- wohl iſt, weshalb ich ſie noch nicht ſah. Einige der
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um, wie in Norddeutſchland, auch ihren Miſthauſen
als Haupt point de vûe auszulegen. Der Regen
(denn leider regnet es) läuft ganz luſtig unter den
Fenſtern durch, und bildet einige romantiſche Waſ-
ſerfälle vom Fenſterbrett auf den Boden, wo ein al-
ter Teppich die Fluthen durſtig aufnimmt. Die
Meubeln wackeln etwas, ich habe aber Tiſche genug
(eine große Angelegenheit bei meinen vielen Sachen)
und das Bett ſcheint wenigſtens geräumig und hart
genug. Im Kamin brennt, oder glüht vielmehr,
vortrefflicher Torf, der außer der Wärme, die er
verleiht, auch, gleich dem Veſuv, wenn er ausbricht,
alle Gegenſtände mit einer feinen Aſche überzieht.
Alles das iſt nicht glänzend — aber wie hoch werden
jene Kleinigkeiten aufgewogen, durch die patriar-
chaliſche Gaſtfreiheit, und die heitre, unge-
zwungene Freundlichkeit der Familie! Es
iſt als wäre mein Beſuch eine erzeigte Gunſt, für
die ſich mir Alle, wie für einen weſentlichen Dienſt,
verpflichtet zu fühlen ſcheinen.
Den 6ten.
Mein Wirth gefällt mir ſehr wohl. Er iſt 72 Jahr
alt, und noch rüſtig wie 50, muß einſt ein ſehr
ſchönes Aeußere gehabt haben, und ſeine Männlich-
keit bewieſen 12 Söhne und 7 Töchter, alle von der-
ſelben Frau, die ebenfalls noch lebt, jetzt aber un-
wohl iſt, weshalb ich ſie noch nicht ſah. Einige der
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Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/243>, abgerufen am 21.11.2024.
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