kannst Dir denken, daß mit allen diesen Elementen zwei Stunden sehr angenehm für mich verflossen. Ich hatte Enthusiasmus genug um ihr einiges An- genehme a propos sagen zu können, und sie behan- delte mich mit vieler Zuvorkommenheit, einmal, weil ich einen vornehmen Titel hatte, und dann, weil sie mich stets in der Londner Morning-Post als: auf Almacks tanzend, und bei mehreren Feten der Tonangeber gegenwärtig, aufgeführt gefunden hatte -- ein Umstand der ihr so wichtig schien, daß sie ihn mehrmals wiederholte.
Den 20sten.
Am gestrigen Abende sollte ich eine Soirce bei Lord C . . . . ., dem Chef einer neuen Familie, aber einen der ältesten Wit's von Dublin, beiwohnen, zu dem mich Lady M . . . ., seine Freundin, eingela- den, wurde aber durch eine tragikomische Begeben- heit daran verhindert. Ich war, den H . . . v. L. auf seinem Schlosse zu besuchen (das sich, entre nous, so wenig wie er und seine Familie der Mühe ver- lohnte), auf's Land geritten, und es schon spät ge- worden, als ich den Rückweg antrat. Um Zeit zu gewinnen, nahm ich meine Direktion querfeld ein a la Seidlitz. Eine Weile ging Alles vortrefflich, bis ich, schon bei anbrechender Dämmerung, an ei- nen sehr breiten Graben kam, dessen vor mit liegen- des Ufer bedeutend höher als das entgegengesetzte
kannſt Dir denken, daß mit allen dieſen Elementen zwei Stunden ſehr angenehm für mich verfloſſen. Ich hatte Enthuſiasmus genug um ihr einiges An- genehme à propos ſagen zu können, und ſie behan- delte mich mit vieler Zuvorkommenheit, einmal, weil ich einen vornehmen Titel hatte, und dann, weil ſie mich ſtets in der Londner Morning-Poſt als: auf Almacks tanzend, und bei mehreren Fêten der Tonangeber gegenwärtig, aufgeführt gefunden hatte — ein Umſtand der ihr ſo wichtig ſchien, daß ſie ihn mehrmals wiederholte.
Den 20ſten.
Am geſtrigen Abende ſollte ich eine Soirće bei Lord C . . . . ., dem Chef einer neuen Familie, aber einen der älteſten Wit’s von Dublin, beiwohnen, zu dem mich Lady M . . . ., ſeine Freundin, eingela- den, wurde aber durch eine tragikomiſche Begeben- heit daran verhindert. Ich war, den H . . . v. L. auf ſeinem Schloſſe zu beſuchen (das ſich, entre nous, ſo wenig wie er und ſeine Familie der Mühe ver- lohnte), auf’s Land geritten, und es ſchon ſpät ge- worden, als ich den Rückweg antrat. Um Zeit zu gewinnen, nahm ich meine Direktion querfeld ein à la Seidlitz. Eine Weile ging Alles vortrefflich, bis ich, ſchon bei anbrechender Dämmerung, an ei- nen ſehr breiten Graben kam, deſſen vor mit liegen- des Ufer bedeutend höher als das entgegengeſetzte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0197"n="273[173]"/>
kannſt Dir denken, daß mit allen dieſen Elementen<lb/>
zwei Stunden ſehr angenehm für mich verfloſſen.<lb/>
Ich hatte Enthuſiasmus genug um ihr einiges An-<lb/>
genehme <hirendition="#aq">à propos</hi>ſagen zu können, und ſie behan-<lb/>
delte mich mit vieler Zuvorkommenheit, einmal, weil<lb/>
ich einen vornehmen Titel hatte, und dann, weil<lb/>ſie mich ſtets in der Londner Morning-Poſt als:<lb/>
auf <hirendition="#aq">Almacks</hi> tanzend, und bei mehreren F<hirendition="#aq">ê</hi>ten der<lb/>
Tonangeber gegenwärtig, aufgeführt gefunden hatte<lb/>— ein Umſtand der ihr ſo wichtig ſchien, daß ſie<lb/>
ihn mehrmals wiederholte.</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="2"><opener><dateline><hirendition="#et">Den 20<hirendition="#sup">ſten.</hi></hi></dateline></opener><lb/><p>Am geſtrigen Abende ſollte ich eine <hirendition="#aq">Soirće</hi> bei<lb/>
Lord C . . . . ., dem Chef einer neuen Familie, aber<lb/>
einen der älteſten Wit’s von Dublin, beiwohnen,<lb/>
zu dem mich Lady M . . . ., ſeine Freundin, eingela-<lb/>
den, wurde aber durch eine tragikomiſche Begeben-<lb/>
heit daran verhindert. Ich war, den H . . . v. L. auf<lb/>ſeinem Schloſſe zu beſuchen (das ſich, <hirendition="#aq">entre nous,</hi><lb/>ſo wenig wie er und ſeine Familie der Mühe ver-<lb/>
lohnte), auf’s Land geritten, und es ſchon ſpät ge-<lb/>
worden, als ich den Rückweg antrat. Um Zeit zu<lb/>
gewinnen, nahm ich meine Direktion querfeld ein<lb/><hirendition="#aq">à la Seidlitz.</hi> Eine Weile ging Alles vortrefflich,<lb/>
bis ich, ſchon bei anbrechender Dämmerung, an ei-<lb/>
nen ſehr breiten Graben kam, deſſen vor mit liegen-<lb/>
des Ufer bedeutend höher als das entgegengeſetzte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[273[173]/0197]
kannſt Dir denken, daß mit allen dieſen Elementen
zwei Stunden ſehr angenehm für mich verfloſſen.
Ich hatte Enthuſiasmus genug um ihr einiges An-
genehme à propos ſagen zu können, und ſie behan-
delte mich mit vieler Zuvorkommenheit, einmal, weil
ich einen vornehmen Titel hatte, und dann, weil
ſie mich ſtets in der Londner Morning-Poſt als:
auf Almacks tanzend, und bei mehreren Fêten der
Tonangeber gegenwärtig, aufgeführt gefunden hatte
— ein Umſtand der ihr ſo wichtig ſchien, daß ſie
ihn mehrmals wiederholte.
Den 20ſten.
Am geſtrigen Abende ſollte ich eine Soirće bei
Lord C . . . . ., dem Chef einer neuen Familie, aber
einen der älteſten Wit’s von Dublin, beiwohnen,
zu dem mich Lady M . . . ., ſeine Freundin, eingela-
den, wurde aber durch eine tragikomiſche Begeben-
heit daran verhindert. Ich war, den H . . . v. L. auf
ſeinem Schloſſe zu beſuchen (das ſich, entre nous,
ſo wenig wie er und ſeine Familie der Mühe ver-
lohnte), auf’s Land geritten, und es ſchon ſpät ge-
worden, als ich den Rückweg antrat. Um Zeit zu
gewinnen, nahm ich meine Direktion querfeld ein
à la Seidlitz. Eine Weile ging Alles vortrefflich,
bis ich, ſchon bei anbrechender Dämmerung, an ei-
nen ſehr breiten Graben kam, deſſen vor mit liegen-
des Ufer bedeutend höher als das entgegengeſetzte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Pückler-Muskau, Hermann von: Briefe eines Verstorbenen. Bd. 1. München, 1830, S. 273[173]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pueckler_briefe01_1830/197>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.