Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

d. h. der Constantinopolitaner. -- Lobens-
werth bleibt es, daß sie diese Arten von Zuna-
men auch noch alsdenn deybehalten, wenn sie
entweder zu großen Reichthümern gelangt, oder
ein wichtiges Amt im Staate erhalten haben.

Die Kleidungsart der Orientaler ist nicht
so vielen Abänderungen unterworfen, wie die
unsrige. Sie werden allezeit nach einer Facon
gemacht; und wenn sich die Klugheit einer Na-
tion in dem beständigen Gebrauch einer Art
von Kleidung zeigt; so muß man den Persern
diese Klugheit schlechterdings zugestehen. Sie
nehmen nie eine Veränderung vor weder in den
Farben noch Facons. -- Chardin versichert,
er habe zu Ispahan die Kleider des Tamerlans
gesehen, die man dort in der Schatzkammer
verwahrt. Ihr Zuschnitt und überhaupt die
ganze Beschaffenheit derselben sey eben dieselbe,
als sie noch itzt ist.

Die Mannspersonen tragen keine Hosen,
sondern einen doppelten Calecon, *) der bis an
den Knöchel des Fußes gehet, aber eigentlich
kein Fußzeug hat. Vorne ist er nicht offen,
sondern man muß ihn losbinden, wenn man
seine Nothdurft verrichten will. Das Hemde
ist lang, bedecket die Knie und hängt über den
Calecon. Vorne auf der rechten Seite ist es
von den Brüsten an bis auf den Magen offen,

eben
*) Calecons oder Unterhosen; sie sind eine Art
Hosen, die vom Gürtel herunterhängen.

d. h. der Conſtantinopolitaner. — Lobens-
werth bleibt es, daß ſie dieſe Arten von Zuna-
men auch noch alsdenn deybehalten, wenn ſie
entweder zu großen Reichthuͤmern gelangt, oder
ein wichtiges Amt im Staate erhalten haben.

Die Kleidungsart der Orientaler iſt nicht
ſo vielen Abaͤnderungen unterworfen, wie die
unſrige. Sie werden allezeit nach einer Façon
gemacht; und wenn ſich die Klugheit einer Na-
tion in dem beſtaͤndigen Gebrauch einer Art
von Kleidung zeigt; ſo muß man den Perſern
dieſe Klugheit ſchlechterdings zugeſtehen. Sie
nehmen nie eine Veraͤnderung vor weder in den
Farben noch Façons. — Chardin verſichert,
er habe zu Iſpahan die Kleider des Tamerlans
geſehen, die man dort in der Schatzkammer
verwahrt. Ihr Zuſchnitt und uͤberhaupt die
ganze Beſchaffenheit derſelben ſey eben dieſelbe,
als ſie noch itzt iſt.

Die Mannsperſonen tragen keine Hoſen,
ſondern einen doppelten Caleçon, *) der bis an
den Knoͤchel des Fußes gehet, aber eigentlich
kein Fußzeug hat. Vorne iſt er nicht offen,
ſondern man muß ihn losbinden, wenn man
ſeine Nothdurft verrichten will. Das Hemde
iſt lang, bedecket die Knie und haͤngt uͤber den
Caleçon. Vorne auf der rechten Seite iſt es
von den Bruͤſten an bis auf den Magen offen,

eben
*) Caleçons oder Unterhoſen; ſie ſind eine Art
Hoſen, die vom Guͤrtel herunterhaͤngen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0050" n="30"/>
d. h. der <hi rendition="#fr">Con&#x017F;tantinopolitaner.</hi> &#x2014; Lobens-<lb/>
werth bleibt es, daß &#x017F;ie die&#x017F;e Arten von Zuna-<lb/>
men auch noch alsdenn deybehalten, wenn &#x017F;ie<lb/>
entweder zu großen Reichthu&#x0364;mern gelangt, oder<lb/>
ein wichtiges Amt im Staate erhalten haben.</p><lb/>
          <p>Die Kleidungsart der Orientaler i&#x017F;t nicht<lb/>
&#x017F;o vielen Aba&#x0364;nderungen unterworfen, wie die<lb/>
un&#x017F;rige. Sie werden allezeit nach einer Fa<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ç</hi></hi>on<lb/>
gemacht; und wenn &#x017F;ich die Klugheit einer Na-<lb/>
tion in dem be&#x017F;ta&#x0364;ndigen Gebrauch einer Art<lb/>
von Kleidung zeigt; &#x017F;o muß man den Per&#x017F;ern<lb/>
die&#x017F;e Klugheit &#x017F;chlechterdings zuge&#x017F;tehen. Sie<lb/>
nehmen nie eine Vera&#x0364;nderung vor weder in den<lb/>
Farben noch Fa<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ç</hi></hi>ons. &#x2014; Chardin ver&#x017F;ichert,<lb/>
er habe zu I&#x017F;pahan die Kleider des Tamerlans<lb/>
ge&#x017F;ehen, die man dort in der Schatzkammer<lb/>
verwahrt. Ihr Zu&#x017F;chnitt und u&#x0364;berhaupt die<lb/>
ganze Be&#x017F;chaffenheit der&#x017F;elben &#x017F;ey eben die&#x017F;elbe,<lb/>
als &#x017F;ie noch itzt i&#x017F;t.</p><lb/>
          <p>Die Mannsper&#x017F;onen tragen keine Ho&#x017F;en,<lb/>
&#x017F;ondern einen doppelten Cale<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ç</hi></hi>on, <note place="foot" n="*)">Cale<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ç</hi></hi>ons oder Unterho&#x017F;en; &#x017F;ie &#x017F;ind eine Art<lb/>
Ho&#x017F;en, die vom Gu&#x0364;rtel herunterha&#x0364;ngen.</note> der bis an<lb/>
den Kno&#x0364;chel des Fußes gehet, aber eigentlich<lb/>
kein Fußzeug hat. Vorne i&#x017F;t er nicht offen,<lb/>
&#x017F;ondern man muß ihn losbinden, wenn man<lb/>
&#x017F;eine Nothdurft verrichten will. Das Hemde<lb/>
i&#x017F;t lang, bedecket die Knie und ha&#x0364;ngt u&#x0364;ber den<lb/>
Cale<hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ç</hi></hi>on. Vorne auf der rechten Seite i&#x017F;t es<lb/>
von den Bru&#x0364;&#x017F;ten an bis auf den Magen offen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">eben</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0050] d. h. der Conſtantinopolitaner. — Lobens- werth bleibt es, daß ſie dieſe Arten von Zuna- men auch noch alsdenn deybehalten, wenn ſie entweder zu großen Reichthuͤmern gelangt, oder ein wichtiges Amt im Staate erhalten haben. Die Kleidungsart der Orientaler iſt nicht ſo vielen Abaͤnderungen unterworfen, wie die unſrige. Sie werden allezeit nach einer Façon gemacht; und wenn ſich die Klugheit einer Na- tion in dem beſtaͤndigen Gebrauch einer Art von Kleidung zeigt; ſo muß man den Perſern dieſe Klugheit ſchlechterdings zugeſtehen. Sie nehmen nie eine Veraͤnderung vor weder in den Farben noch Façons. — Chardin verſichert, er habe zu Iſpahan die Kleider des Tamerlans geſehen, die man dort in der Schatzkammer verwahrt. Ihr Zuſchnitt und uͤberhaupt die ganze Beſchaffenheit derſelben ſey eben dieſelbe, als ſie noch itzt iſt. Die Mannsperſonen tragen keine Hoſen, ſondern einen doppelten Caleçon, *) der bis an den Knoͤchel des Fußes gehet, aber eigentlich kein Fußzeug hat. Vorne iſt er nicht offen, ſondern man muß ihn losbinden, wenn man ſeine Nothdurft verrichten will. Das Hemde iſt lang, bedecket die Knie und haͤngt uͤber den Caleçon. Vorne auf der rechten Seite iſt es von den Bruͤſten an bis auf den Magen offen, eben *) Caleçons oder Unterhoſen; ſie ſind eine Art Hoſen, die vom Guͤrtel herunterhaͤngen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/50
Zitationshilfe: [Poppe, Johann Friedrich]: Characteristik der merkwürdigsten Asiatischen Nationen. Bd. 1. Breslau, 1776, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/poppe_charakteristik01_1776/50>, abgerufen am 26.04.2024.