[Spaltenumbruch]
aufgehoben werden, weil ihr die Luft nicht wenig Schaden zufügen kan.
Von diesem Leime wird zwar in Franckreich sehr viel verbrauchet, doch nicht zur Artzney, denn das wenige, das damit verthan wird, ist nicht werth, daß man dran gedencke, und wenn es nicht noch zum Emplastro diachylon genom- men würde, glaube ich, daß alle Apo- thecker in Paris zusammen, das gantze Jahr hindurch nicht ein Pfund verthä- ten; im Gegentheil wird er von den Weinhändlern und Weinschencken de- sto häuffiger gebrauchet, denn diese machen ihre Weine damit klar, darauf die Alten nicht wohl zu sprechen gewest, wiewohl sonder Ursach. Es ist ein gar zu vest eingewurtzelter Jrrthum, wenn die meisten Leute glauben, der Fischleim sey eine tödtliche Materie, da doch ge- wiß, daß er nicht die geringste übele Be- schaffenheit habe, der Fisch auch, von dem er herkommt, eine der vornehm- sten Speisen der Moßkowiter sey, und ein recht herrliches Essen, wenn er nicht gar zu süßlicht schmeckte. Dieser Leim aber hat keine andere Eigenschaft, was den Wein angehet, als daß er, so bald er nur in den trüben Wein ge- worffen wird, sich als wie eine Haut darüber ausbreitet, zu Boden fällt, und alle Hefen mit sich zu Grunde reisset, welches nicht allein sehr vielen Leuten aus der Erfahrung bewust, sondern man darff nur in die Fässer sehen, dar- ein er gethan worden ist, so wird man ihn mit den Hefen vermischet finden. Wann demnach die Weinschencken ih- re Weine mit nichts anders vermische- ten, würde man nicht so viel von Pati- enten und jähen Todesfällen hören [Spaltenumbruch]
müssen. Ausser diesen gebrauchen ihn auch die Seidenwircker, und geben den Bändern und andern seidenen Zeugen den Glantz damit: desgleichen die mit Gold und Silber durchzogene feine Leinwand weiß zu machen. So ist er auch das vornehmste Stücke derjenigen composition, davon die feinen Orienta- lischen nachgemachten Perlen bereitet werden. Den Namen Leim hat man ihm gegeben, weil wir bey nahe keine Materie haben, Porzellan und die fei- nen Geschirre von Fäyence zu leimen, als diesen in Branntwein oder Wein- geist erweichten Fischleim. Etliche weichen ihn nur in bloses Wasser ein, und brauchen ihn das Gesichte und die Hände damit zu waschen und schön zu machen.
Wir bekommen auch eine Art Fisch- leim aus England, Holland und von andern Orten her, welcher als wie klei- ne Büchl ein zusammen gewickelt ist, wird aber in Franckreich gar wenig gebrauchet, weil er nicht gerne zergehet, auch niemahls recht weiß ist. Ein und andere Personen haben mich versichern wollen, es würde dieser Leim aus dem Uberrest des erstern bereitet: andere aber geben vor, er würde von dem schlei- michten Theilen des Fisches gemachet, den die Scribenten Silurus, die Frantzo- sen Etourgeon nennen, und bey ihnen sehr rar ist: im Teutschen heißt er Wels. Zuweilen findet er sich doch auch in den Flüssen in Franckreich/ allein in Ansehung dieses Nutzens, und weil er so gar rar ist, auch sehr dicke und wohlgeschmack, verkauffen ihn diejeni- gen, die ihn fangen, um drey bis vier hundert Pfund.
[Ende Spaltensatz]
Das drey und dreyßigste Capitel. Vom Narwall.
[Beginn Spaltensatz]
DEr von den Jsländern also ge- nannte Narwall, von andern Rhoar, und von uns See-Einhorn/ ist ein grosser Fisch, welchen etliche für ein Geschlechte der Wallfische halten, und hält sich in der Eis- und Nordsee auf, insonderheit langs der Js- und Gronländischen Küste. Dieses Meer- wunder trägt auf der Spitze seiner Na- sen, ein schweres, weisses, gläntzendes und schlangenweise gedrehetes Horn, [Spaltenumbruch]
dergleichen eines zu S. Denis in Franckreich zu sehen ist. Man findet sie auch, von unterschiedenen Gewicht und Grösse in den Cabineten und Kunstkammern der Liebhaber natürli- cher Seltenheiten, dergleichen eine ist des Herrn Morin/ der verstorbenen Mademoiselle von Guise Medici, wel- ches ich gesehen und in Händen gehabt, auch zeichnen lassen. So hat mir auch der Herr Charras gesaget, daß er eins
gehabt
O o 3
Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
[Spaltenumbruch]
aufgehoben werden, weil ihr die Luft nicht wenig Schaden zufuͤgen kan.
Von dieſem Leime wird zwar in Franckreich ſehr viel verbrauchet, doch nicht zur Artzney, denn das wenige, das damit verthan wird, iſt nicht werth, daß man dran gedencke, und wenn es nicht noch zum Emplaſtro diachylon genom- men wuͤrde, glaube ich, daß alle Apo- thecker in Paris zuſammen, das gantze Jahr hindurch nicht ein Pfund verthaͤ- ten; im Gegentheil wird er von den Weinhaͤndlern und Weinſchencken de- ſto haͤuffiger gebrauchet, denn dieſe machen ihre Weine damit klar, darauf die Alten nicht wohl zu ſprechen geweſt, wiewohl ſonder Urſach. Es iſt ein gar zu veſt eingewurtzelter Jrrthum, wenn die meiſten Leute glauben, der Fiſchleim ſey eine toͤdtliche Materie, da doch ge- wiß, daß er nicht die geringſte uͤbele Be- ſchaffenheit habe, der Fiſch auch, von dem er herkommt, eine der vornehm- ſten Speiſen der Moßkowiter ſey, und ein recht herrliches Eſſen, wenn er nicht gar zu ſuͤßlicht ſchmeckte. Dieſer Leim aber hat keine andere Eigenſchaft, was den Wein angehet, als daß er, ſo bald er nur in den truͤben Wein ge- worffen wird, ſich als wie eine Haut daruͤber ausbreitet, zu Boden faͤllt, und alle Hefen mit ſich zu Grunde reiſſet, welches nicht allein ſehr vielen Leuten aus der Erfahrung bewuſt, ſondern man darff nur in die Faͤſſer ſehen, dar- ein er gethan worden iſt, ſo wird man ihn mit den Hefen vermiſchet finden. Wann demnach die Weinſchencken ih- re Weine mit nichts anders vermiſche- ten, wuͤrde man nicht ſo viel von Pati- enten und jaͤhen Todesfaͤllen hoͤren [Spaltenumbruch]
muͤſſen. Auſſer dieſen gebrauchen ihn auch die Seidenwircker, und geben den Baͤndern und andern ſeidenen Zeugen den Glantz damit: desgleichen die mit Gold und Silber durchzogene feine Leinwand weiß zu machen. So iſt er auch das vornehmſte Stuͤcke derjenigen compoſition, davon die feinen Orienta- liſchen nachgemachten Perlen bereitet werden. Den Namen Leim hat man ihm gegeben, weil wir bey nahe keine Materie haben, Porzellan und die fei- nen Geſchirre von Faͤyence zu leimen, als dieſen in Branntwein oder Wein- geiſt erweichten Fiſchleim. Etliche weichen ihn nur in bloſes Waſſer ein, und brauchen ihn das Geſichte und die Haͤnde damit zu waſchen und ſchoͤn zu machen.
Wir bekommen auch eine Art Fiſch- leim aus England, Holland und von andern Orten her, welcher als wie klei- ne Buͤchl ein zuſammen gewickelt iſt, wird aber in Franckreich gar wenig gebrauchet, weil er nicht gerne zergehet, auch niemahls recht weiß iſt. Ein und andere Perſonen haben mich verſichern wollen, es wuͤrde dieſer Leim aus dem Uberreſt des erſtern bereitet: andere aber geben vor, er wuͤrde von dem ſchlei- michten Theilen des Fiſches gemachet, den die Scribenten Silurus, die Frantzo- ſen Etourgeon nennen, und bey ihnen ſehr rar iſt: im Teutſchen heißt er Wels. Zuweilen findet er ſich doch auch in den Fluͤſſen in Franckreich/ allein in Anſehung dieſes Nutzens, und weil er ſo gar rar iſt, auch ſehr dicke und wohlgeſchmack, verkauffen ihn diejeni- gen, die ihn fangen, um drey bis vier hundert Pfund.
[Ende Spaltensatz]
Das drey und dreyßigſte Capitel. Vom Narwall.
[Beginn Spaltensatz]
DEr von den Jslaͤndern alſo ge- nannte Narwall, von andern Rhoar, und von uns See-Einhorn/ iſt ein groſſer Fiſch, welchen etliche fuͤr ein Geſchlechte der Wallfiſche halten, und haͤlt ſich in der Eis- und Nordſee auf, inſonderheit langs der Js- und Gronlaͤndiſchen Kuͤſte. Dieſes Meer- wunder traͤgt auf der Spitze ſeiner Na- ſen, ein ſchweres, weiſſes, glaͤntzendes und ſchlangenweiſe gedrehetes Horn, [Spaltenumbruch]
dergleichen eines zu S. Denis in Franckreich zu ſehen iſt. Man findet ſie auch, von unterſchiedenen Gewicht und Groͤſſe in den Cabineten und Kunſtkammern der Liebhaber natuͤrli- cher Seltenheiten, dergleichen eine iſt des Herrn Morin/ der verſtorbenen Mademoiſelle von Guiſe Medici, wel- ches ich geſehen und in Haͤnden gehabt, auch zeichnen laſſen. So hat mir auch der Herr Charras geſaget, daß er eins
gehabt
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Hauptbeſchreibung zweyter Theil.
aufgehoben werden, weil ihr die Luft
nicht wenig Schaden zufuͤgen kan.
Von dieſem Leime wird zwar in
Franckreich ſehr viel verbrauchet, doch
nicht zur Artzney, denn das wenige, das
damit verthan wird, iſt nicht werth, daß
man dran gedencke, und wenn es nicht
noch zum Emplaſtro diachylon genom-
men wuͤrde, glaube ich, daß alle Apo-
thecker in Paris zuſammen, das gantze
Jahr hindurch nicht ein Pfund verthaͤ-
ten; im Gegentheil wird er von den
Weinhaͤndlern und Weinſchencken de-
ſto haͤuffiger gebrauchet, denn dieſe
machen ihre Weine damit klar, darauf
die Alten nicht wohl zu ſprechen geweſt,
wiewohl ſonder Urſach. Es iſt ein gar
zu veſt eingewurtzelter Jrrthum, wenn
die meiſten Leute glauben, der Fiſchleim
ſey eine toͤdtliche Materie, da doch ge-
wiß, daß er nicht die geringſte uͤbele Be-
ſchaffenheit habe, der Fiſch auch, von
dem er herkommt, eine der vornehm-
ſten Speiſen der Moßkowiter ſey,
und ein recht herrliches Eſſen, wenn er
nicht gar zu ſuͤßlicht ſchmeckte. Dieſer
Leim aber hat keine andere Eigenſchaft,
was den Wein angehet, als daß er, ſo
bald er nur in den truͤben Wein ge-
worffen wird, ſich als wie eine Haut
daruͤber ausbreitet, zu Boden faͤllt, und
alle Hefen mit ſich zu Grunde reiſſet,
welches nicht allein ſehr vielen Leuten
aus der Erfahrung bewuſt, ſondern
man darff nur in die Faͤſſer ſehen, dar-
ein er gethan worden iſt, ſo wird man
ihn mit den Hefen vermiſchet finden.
Wann demnach die Weinſchencken ih-
re Weine mit nichts anders vermiſche-
ten, wuͤrde man nicht ſo viel von Pati-
enten und jaͤhen Todesfaͤllen hoͤren
muͤſſen. Auſſer dieſen gebrauchen ihn
auch die Seidenwircker, und geben den
Baͤndern und andern ſeidenen Zeugen
den Glantz damit: desgleichen die mit
Gold und Silber durchzogene feine
Leinwand weiß zu machen. So iſt er
auch das vornehmſte Stuͤcke derjenigen
compoſition, davon die feinen Orienta-
liſchen nachgemachten Perlen bereitet
werden. Den Namen Leim hat man
ihm gegeben, weil wir bey nahe keine
Materie haben, Porzellan und die fei-
nen Geſchirre von Faͤyence zu leimen,
als dieſen in Branntwein oder Wein-
geiſt erweichten Fiſchleim. Etliche
weichen ihn nur in bloſes Waſſer ein,
und brauchen ihn das Geſichte und die
Haͤnde damit zu waſchen und ſchoͤn zu
machen.
Wir bekommen auch eine Art Fiſch-
leim aus England, Holland und von
andern Orten her, welcher als wie klei-
ne Buͤchl ein zuſammen gewickelt iſt,
wird aber in Franckreich gar wenig
gebrauchet, weil er nicht gerne zergehet,
auch niemahls recht weiß iſt. Ein und
andere Perſonen haben mich verſichern
wollen, es wuͤrde dieſer Leim aus dem
Uberreſt des erſtern bereitet: andere
aber geben vor, er wuͤrde von dem ſchlei-
michten Theilen des Fiſches gemachet,
den die Scribenten Silurus, die Frantzo-
ſen Etourgeon nennen, und bey ihnen
ſehr rar iſt: im Teutſchen heißt er
Wels. Zuweilen findet er ſich doch
auch in den Fluͤſſen in Franckreich/
allein in Anſehung dieſes Nutzens, und
weil er ſo gar rar iſt, auch ſehr dicke und
wohlgeſchmack, verkauffen ihn diejeni-
gen, die ihn fangen, um drey bis vier
hundert Pfund.
Siehe Fig. 370.
Das drey und dreyßigſte Capitel.
Vom Narwall.
DEr von den Jslaͤndern alſo ge-
nannte Narwall, von andern
Rhoar, und von uns See-Einhorn/
iſt ein groſſer Fiſch, welchen etliche fuͤr
ein Geſchlechte der Wallfiſche halten,
und haͤlt ſich in der Eis- und Nordſee
auf, inſonderheit langs der Js- und
Gronlaͤndiſchen Kuͤſte. Dieſes Meer-
wunder traͤgt auf der Spitze ſeiner Na-
ſen, ein ſchweres, weiſſes, glaͤntzendes
und ſchlangenweiſe gedrehetes Horn,
dergleichen eines zu S. Denis in
Franckreich zu ſehen iſt. Man findet
ſie auch, von unterſchiedenen Gewicht
und Groͤſſe in den Cabineten und
Kunſtkammern der Liebhaber natuͤrli-
cher Seltenheiten, dergleichen eine iſt
des Herrn Morin/ der verſtorbenen
Mademoiſelle von Guiſe Medici, wel-
ches ich geſehen und in Haͤnden gehabt,
auch zeichnen laſſen. So hat mir auch
der Herr Charras geſaget, daß er eins
gehabt
Siehe Fig. 371.
O o 3
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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/435>, abgerufen am 20.02.2025.
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