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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] sen zum schwimmen. Auch dient er
ihm für einen Stämfpel oder Bläuel
den Zeug veste zu schlagen, den er zu sei-
nem Bau, der mehrmahls zwey und
drey Stockwerck hoch ist, von nöthen
hat.

Die Geilen hiengen nicht an dem
Rückgrade, wie Matthiolus/ Ama-
tus Lusitanus,
und Rondelet ver-
melden, sondern waren an den Seiten-
theilen des Hüfftgebeines, um die Ge-
gend der Hüffte, verborgen; kunten
so wenig, als die Ruthe, von aussen ge-
sehen, noch ausgeschnitten werden, be-
vor das Thier getödtet worden. Er
hatte vier grosse Beutel, unten an dem
Schamgebein gelegen, von denen die
zwey oberen als eine Birne, oder wie
ein weit ausgesperrtes V sahen, und in
einander giengen: ihre innere Haut
war fleischicht und aschgrau, mit vielen
weissen Linien durchstriemet, und ge-
faltet, als wie die Schöpsmägen, und
zwey Zoll breit. Jn denenselbigen be-
fand sich noch etwas von einer grau-
licht, und stinckenden Materie, welche
das Bibergeil ist, davon man so viel re-
dens macht.

Das Bibergeil soll man erwehlen,
welches gewiß von Dantzig kommen,
denn es viel dicker ist, und weit stärcker
riecht, als das aus Canada; welches
insgemein trucken, häßlich, und bey
[Spaltenumbruch] nahe sonder Geruch ist; und wenn die
Nieren dicke, schwer und fleischicht sind.
Dagegen mag man wohl Acht geben,
daß sie nicht mit Honig oder andern un-
nützen Wesen, wie obgemeldet, erfül-
let sind, welches doch bald zu mercken,
weil die also ausgestopften Nieren auf-
geblasen sind, gantz dichte und gleissend:
so tringt auch der flüßige stinckende Ho-
nig hervor, wenn man sie nur ein we-
nig drücket. Hingegen sind die andern
schwer und harte, und man befindet sie,
wenn sie aufgeschnitten worden, voller
kleiner Fäden, ingleichen, daß sie einen
starcken durchtringenden Geruch ha-
ben.

Was die Biberhaare betrifft, da-
raus die Hüte gemachet werden, diesel-
ben sind eine der schönsten und besten
Waaren in Franckreich: müssen ei-
nen schweren Zoll bezahlen. Weil nun
die Felle, daran die Haare noch sitzen,Biberfelle.
ein Stück unserer Handlung sind, de-
rowegen muß man sie folgender Gestalt
aussuchen: nämlich, an denen magern
Bibern müssen die Haare lang und so
weich als Seide seyn, die fetten aber
müssen ebenfalls ein lindes Haar, wie
Seide, haben: die Felle aber müssen so
weich seyn, als die Hasenfelle, welche
erst kürtzlich geschossen worden. Jedoch
wird der fette Biber höher geachtet als
der magere.

[Ende Spaltensatz]
Das siebende Capitel.
Vom Elend.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 338.

DAs Elend ist ein wildes Thier, das
sich gemeiniglich in kalten Landen
aufhält, vor allen aber in Schweden,
Norwegen, Canada
und andern der-
gleichen Orten. Es ist so hoch, als wie
ein Kutschpferd, oder als ein grosser
Ochse, hat einen sehr dicken Kopf, glän-
tzende Augen, und trägt ein Geweih,
wie die Dammhirsche, die Schenckel sind
hoch und rahn, die Füsse schwartz und
gespalten, wie eines Ochsens oder einer
Kuhe: das Haar ist ziemlich sanft, und
schwartzgelb. Nun will ich zwar bey
demjenigen allen, was die Scribenten
von diesem Thiere gemeldet haben, mich
nicht aufhalten, iedennoch aber will ich
nur dieses gedencken, daß ihm der Name
Elend, von denen Teutschen, bey de-
[Spaltenumbruch] nen das Wort Elend, soviel als bey de-
nen Frantzosen das Wort misere heißt,
gegeben worden sey, zum Theil, weil es
nur an unbewohnten Oertern, in Höl-
tzern, und dergleichen Orten sich auf-
hält, theils aber, weil es der fallenden
Sucht so gar sehre unterworffen ist.
So bald es nun von diesem Ubel über-
fallen wird, pflegt es den lincken Fuß
in das lincke Ohr zu stecken, und sich auf
diese Weise von diesem Elend zu befrey-
en. Welches dann denen Alten Anlaß
gegeben, zu glauben, daß die Klaue oder
das Horn vom lincken Fusse dieses
Thiers ein specificum und sonderbares
gantz gewisses Mittel wider die schwere
Noth und fallende Sucht, welche die
Frantzosen das heilige oder das S. Jo-

hannis

Der Spezereyen und Materialien
[Spaltenumbruch] ſen zum ſchwimmen. Auch dient er
ihm fuͤr einen Staͤmfpel oder Blaͤuel
den Zeug veſte zu ſchlagen, den er zu ſei-
nem Bau, der mehrmahls zwey und
drey Stockwerck hoch iſt, von noͤthen
hat.

Die Geilen hiengen nicht an dem
Ruͤckgrade, wie Matthiolus/ Ama-
tus Luſitanus,
und Rondelet ver-
melden, ſondern waren an den Seiten-
theilen des Huͤfftgebeines, um die Ge-
gend der Huͤffte, verborgen; kunten
ſo wenig, als die Ruthe, von auſſen ge-
ſehen, noch ausgeſchnitten werden, be-
vor das Thier getoͤdtet worden. Er
hatte vier groſſe Beutel, unten an dem
Schamgebein gelegen, von denen die
zwey oberen als eine Birne, oder wie
ein weit ausgeſperrtes V ſahen, und in
einander giengen: ihre innere Haut
war fleiſchicht und aſchgrau, mit vielen
weiſſen Linien durchſtriemet, und ge-
faltet, als wie die Schoͤpsmaͤgen, und
zwey Zoll breit. Jn denenſelbigen be-
fand ſich noch etwas von einer grau-
licht, und ſtinckenden Materie, welche
das Bibergeil iſt, davon man ſo viel re-
dens macht.

Das Bibergeil ſoll man erwehlen,
welches gewiß von Dantzig kommen,
denn es viel dicker iſt, und weit ſtaͤrcker
riecht, als das aus Canada; welches
insgemein trucken, haͤßlich, und bey
[Spaltenumbruch] nahe ſonder Geruch iſt; und wenn die
Nieren dicke, ſchwer und fleiſchicht ſind.
Dagegen mag man wohl Acht geben,
daß ſie nicht mit Honig oder andern un-
nuͤtzen Weſen, wie obgemeldet, erfuͤl-
let ſind, welches doch bald zu mercken,
weil die alſo ausgeſtopften Nieren auf-
geblaſen ſind, gantz dichte und gleiſſend:
ſo tringt auch der fluͤßige ſtinckende Ho-
nig hervor, wenn man ſie nur ein we-
nig druͤcket. Hingegen ſind die andern
ſchwer und harte, und man befindet ſie,
wenn ſie aufgeſchnitten worden, voller
kleiner Faͤden, ingleichen, daß ſie einen
ſtarcken durchtringenden Geruch ha-
ben.

Was die Biberhaare betrifft, da-
raus die Huͤte gemachet werden, dieſel-
ben ſind eine der ſchoͤnſten und beſten
Waaren in Franckreich: muͤſſen ei-
nen ſchweren Zoll bezahlen. Weil nun
die Felle, daran die Haare noch ſitzen,Biberfelle.
ein Stuͤck unſerer Handlung ſind, de-
rowegen muß man ſie folgender Geſtalt
auſſuchen: naͤmlich, an denen magern
Bibern muͤſſen die Haare lang und ſo
weich als Seide ſeyn, die fetten aber
muͤſſen ebenfalls ein lindes Haar, wie
Seide, haben: die Felle aber muͤſſen ſo
weich ſeyn, als die Haſenfelle, welche
erſt kuͤrtzlich geſchoſſen worden. Jedoch
wird der fette Biber hoͤher geachtet als
der magere.

[Ende Spaltensatz]
Das ſiebende Capitel.
Vom Elend.
[Beginn Spaltensatz] Siehe Fig. 338.

DAs Elend iſt ein wildes Thier, das
ſich gemeiniglich in kalten Landen
aufhaͤlt, vor allen aber in Schweden,
Norwegen, Canada
und andern der-
gleichen Orten. Es iſt ſo hoch, als wie
ein Kutſchpferd, oder als ein groſſer
Ochſe, hat einen ſehr dicken Kopf, glaͤn-
tzende Augen, und traͤgt ein Geweih,
wie die Dammhirſche, die Schenckel ſind
hoch und rahn, die Fuͤſſe ſchwartz und
geſpalten, wie eines Ochſens oder einer
Kuhe: das Haar iſt ziemlich ſanft, und
ſchwartzgelb. Nun will ich zwar bey
demjenigen allen, was die Scribenten
von dieſem Thiere gemeldet haben, mich
nicht aufhalten, iedennoch aber will ich
nur dieſes gedencken, daß ihm der Name
Elend, von denen Teutſchen, bey de-
[Spaltenumbruch] nen das Wort Elend, ſoviel als bey de-
nen Frantzoſen das Wort miſere heißt,
gegeben worden ſey, zum Theil, weil es
nur an unbewohnten Oertern, in Hoͤl-
tzern, und dergleichen Orten ſich auf-
haͤlt, theils aber, weil es der fallenden
Sucht ſo gar ſehre unterworffen iſt.
So bald es nun von dieſem Ubel uͤber-
fallen wird, pflegt es den lincken Fuß
in das lincke Ohr zu ſtecken, und ſich auf
dieſe Weiſe von dieſem Elend zu befrey-
en. Welches dann denen Alten Anlaß
gegeben, zu glauben, daß die Klaue oder
das Horn vom lincken Fuſſe dieſes
Thiers ein ſpecificum und ſonderbares
gantz gewiſſes Mittel wider die ſchwere
Noth und fallende Sucht, welche die
Frantzoſen das heilige oder das S. Jo-

hannis
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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/380>, abgerufen am 23.11.2024.