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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717.

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Hauptbeschreibung ersten Theils sechstes Buch.
Des Ersten Theils
Der Hauptbeschreibung der Spezereyen und
Materialien
Sechstes Buch.
Von Blumen.


Vorrede.

DJe Blumen sind die ausgearbeiteten Knöpfe/ unterschiedener
Grösse und Farbe/ welche die Vegetabilien von sich stossen/ und
daraus ihre Früchte und ihre Samen entstehen und wachsen.
Eine Blume aber hat drey Theil, den Kelch oder die Decke/ das Laub-
werck zusamt dem Boden/ und das Hertz oder die Mitten. Das Wort

Fleur kommt her von dem Griechischen Worte phlox und dem Lateini-
schen
Flos oder flamma, welches eine Flamme bedeutet, dieweil man will/
die Blumen stelleten eine Gattung Feuerflammen vor.

Jch aber werde in diesem Capitel ohne die Blumen dieser oder jener
Kräuter/ die wir verkauffen, auch die Blumen/ oder dererselben Theile,
ingleichen die Gewächse, welche in diesem Wercke keine Stelle haben kun-
ten, indem sie kein gewisses
genus und Geschlechte hatten, als da ist Spi-
ckenard/ Thymseide, und andere mehr, zugleich begreiffen.

[Ende Spaltensatz]
Das erste Capitel.
Vom Cameelheu.
[Spaltenumbruch]

SQuinanthe, Stecananthe,
Fleur d' Esquinant, ou de Jonc
odorant, Pature de Chameau,

Cameelheu/ Cameel-
stroh,
ist die Blüte eines
kleinen Kräutleins, oder besser zu sagen,
einer gewissen Art Binsen, welche in
dem glücklichen Arabien, unten am
Berge Libanon wächst, und von dan-
nen über Marseille zu uns gebracht
Siehe Fig. 157.wird. Wenn es noch auf dem Stocke
stehet, ist es ohngefehr des Fusses hoch,
hat eine knotichte, schlechte Wurtzel, mit
kleinen, harten, langen und weissen Fa-
sen besetzt; aus ieder Wurtzel steigen
viel kleine Röhrlein, die ebenmäßig har-
te sind, in der Dicke, Figur und Farbe ei-
nes Gerstenhalms: drauf solgen kleine
Blümlein, die über und über rauch sind,
als wie Sammet, und am Boden leib-
farben sehen, so daß diese Blümlein,
wenn sie in der Blüte stehen, wunderan-
genehme anzuschauen. So angeneh-
me nun die Blume dem Gesichte, so lieb-
[Spaltenumbruch] lich ist sie dem Geschmacke, inmassen sie
einen heissen, beissend- und aromatischen
Geschmack hat.

Die Blumen und Binsen werden
uns von Marseille iedes absonderlich,
überschickt; die Binsen in Bündlein, die
Blumen aber, wie sie gesammlet wor-
den, bald rein, bald ziemlich voll Wust.
Deswegen pflegen sie die Apothecker,
welche gerne schöne Sachen bereiten, in
einem Tuche zu reinigen, welches aber
eine verdrüßliche Arbeit ist. Auch muß
man die frischesten, und die am schönsten
und fein roth sehen, erwehlen.

Das Cameelheu hat keinen sonder-
lichen Nutzen in der Artzney, ausser daß
es meistentheils zum Theriac verbrau-
chet wird. Weil aber die Blüte insge-
mein rar ist, und theuer, deshalben mag
man statt ihrer sich der Binsen bedienen:
wenn sie aber nicht gar zu theuer sind,
und man kan sie haben, soll man die
Binsen nicht dazu nehmen, sondern die
Blüte, denn diese vielmehr Kraft hat.

[Ende Spaltensatz]
Das
O 3
Hauptbeſchreibung erſten Theils ſechſtes Buch.
Des Erſten Theils
Der Hauptbeſchreibung der Spezereyen und
Materialien
Sechſtes Buch.
Von Blumen.


Vorrede.

DJe Blumen ſind die ausgearbeiteten Knoͤpfe/ unterſchiedener
Groͤſſe und Farbe/ welche die Vegetabilien von ſich ſtoſſen/ und
daraus ihre Fruͤchte und ihre Samen entſtehen und wachſen.
Eine Blume aber hat drey Theil, den Kelch oder die Decke/ das Laub-
werck zuſamt dem Boden/ und das Hertz oder die Mitten. Das Wort

Fleur kommt her von dem Griechiſchen Worte φλὼξ und dem Lateini-
ſchen
Flos oder flamma, welches eine Flamme bedeutet, dieweil man will/
die Blumen ſtelleten eine Gattung Feuerflammen vor.

Jch aber werde in dieſem Capitel ohne die Blumen dieſer oder jener
Kraͤuter/ die wir verkauffen, auch die Blumen/ oder dererſelben Theile,
ingleichen die Gewaͤchſe, welche in dieſem Wercke keine Stelle haben kun-
ten, indem ſie kein gewiſſes
genus und Geſchlechte hatten, als da iſt Spi-
ckenard/ Thymſeide, und andere mehr, zugleich begreiffen.

[Ende Spaltensatz]
Das erſte Capitel.
Vom Cameelheu.
[Spaltenumbruch]

SQuinanthe, Stecananthe,
Fleur d’ Eſquinant, ou de Jonc
odorant, Pature de Chameau,

Cameelheu/ Cameel-
ſtroh,
iſt die Bluͤte eines
kleinen Kraͤutleins, oder beſſer zu ſagen,
einer gewiſſen Art Binſen, welche in
dem gluͤcklichen Arabien, unten am
Berge Libanon waͤchſt, und von dan-
nen uͤber Marſeille zu uns gebracht
Siehe Fig. 157.wird. Wenn es noch auf dem Stocke
ſtehet, iſt es ohngefehr des Fuſſes hoch,
hat eine knotichte, ſchlechte Wurtzel, mit
kleinen, harten, langen und weiſſen Fa-
ſen beſetzt; aus ieder Wurtzel ſteigen
viel kleine Roͤhrlein, die ebenmaͤßig har-
te ſind, in der Dicke, Figur und Farbe ei-
nes Gerſtenhalms: drauf ſolgen kleine
Bluͤmlein, die uͤber und uͤber rauch ſind,
als wie Sammet, und am Boden leib-
farben ſehen, ſo daß dieſe Bluͤmlein,
wenn ſie in der Bluͤte ſtehen, wunderan-
genehme anzuſchauen. So angeneh-
me nun die Blume dem Geſichte, ſo lieb-
[Spaltenumbruch] lich iſt ſie dem Geſchmacke, inmaſſen ſie
einen heiſſen, beiſſend- und aromatiſchen
Geſchmack hat.

Die Blumen und Binſen werden
uns von Marſeille iedes abſonderlich,
uͤberſchickt; die Binſen in Buͤndlein, die
Blumen aber, wie ſie geſammlet wor-
den, bald rein, bald ziemlich voll Wuſt.
Deswegen pflegen ſie die Apothecker,
welche gerne ſchoͤne Sachen bereiten, in
einem Tuche zu reinigen, welches aber
eine verdruͤßliche Arbeit iſt. Auch muß
man die friſcheſten, und die am ſchoͤnſten
und fein roth ſehen, erwehlen.

Das Cameelheu hat keinen ſonder-
lichen Nutzen in der Artzney, auſſer daß
es meiſtentheils zum Theriac verbrau-
chet wird. Weil aber die Bluͤte insge-
mein rar iſt, und theuer, deshalben mag
man ſtatt ihrer ſich der Binſen bedienen:
wenn ſie aber nicht gar zu theuer ſind,
und man kan ſie haben, ſoll man die
Binſen nicht dazu nehmen, ſondern die
Bluͤte, denn dieſe vielmehr Kraft hat.

[Ende Spaltensatz]
Das
O 3
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[0195] Hauptbeſchreibung erſten Theils ſechſtes Buch. Des Erſten Theils Der Hauptbeſchreibung der Spezereyen und Materialien Sechſtes Buch. Von Blumen. Vorrede. DJe Blumen ſind die ausgearbeiteten Knoͤpfe/ unterſchiedener Groͤſſe und Farbe/ welche die Vegetabilien von ſich ſtoſſen/ und daraus ihre Fruͤchte und ihre Samen entſtehen und wachſen. Eine Blume aber hat drey Theil, den Kelch oder die Decke/ das Laub- werck zuſamt dem Boden/ und das Hertz oder die Mitten. Das Wort Fleur kommt her von dem Griechiſchen Worte φλὼξ und dem Lateini- ſchen Flos oder flamma, welches eine Flamme bedeutet, dieweil man will/ die Blumen ſtelleten eine Gattung Feuerflammen vor. Jch aber werde in dieſem Capitel ohne die Blumen dieſer oder jener Kraͤuter/ die wir verkauffen, auch die Blumen/ oder dererſelben Theile, ingleichen die Gewaͤchſe, welche in dieſem Wercke keine Stelle haben kun- ten, indem ſie kein gewiſſes genus und Geſchlechte hatten, als da iſt Spi- ckenard/ Thymſeide, und andere mehr, zugleich begreiffen. Das erſte Capitel. Vom Cameelheu. SQuinanthe, Stecananthe, Fleur d’ Eſquinant, ou de Jonc odorant, Pature de Chameau, Cameelheu/ Cameel- ſtroh, iſt die Bluͤte eines kleinen Kraͤutleins, oder beſſer zu ſagen, einer gewiſſen Art Binſen, welche in dem gluͤcklichen Arabien, unten am Berge Libanon waͤchſt, und von dan- nen uͤber Marſeille zu uns gebracht wird. Wenn es noch auf dem Stocke ſtehet, iſt es ohngefehr des Fuſſes hoch, hat eine knotichte, ſchlechte Wurtzel, mit kleinen, harten, langen und weiſſen Fa- ſen beſetzt; aus ieder Wurtzel ſteigen viel kleine Roͤhrlein, die ebenmaͤßig har- te ſind, in der Dicke, Figur und Farbe ei- nes Gerſtenhalms: drauf ſolgen kleine Bluͤmlein, die uͤber und uͤber rauch ſind, als wie Sammet, und am Boden leib- farben ſehen, ſo daß dieſe Bluͤmlein, wenn ſie in der Bluͤte ſtehen, wunderan- genehme anzuſchauen. So angeneh- me nun die Blume dem Geſichte, ſo lieb- lich iſt ſie dem Geſchmacke, inmaſſen ſie einen heiſſen, beiſſend- und aromatiſchen Geſchmack hat. Siehe Fig. 157. Die Blumen und Binſen werden uns von Marſeille iedes abſonderlich, uͤberſchickt; die Binſen in Buͤndlein, die Blumen aber, wie ſie geſammlet wor- den, bald rein, bald ziemlich voll Wuſt. Deswegen pflegen ſie die Apothecker, welche gerne ſchoͤne Sachen bereiten, in einem Tuche zu reinigen, welches aber eine verdruͤßliche Arbeit iſt. Auch muß man die friſcheſten, und die am ſchoͤnſten und fein roth ſehen, erwehlen. Das Cameelheu hat keinen ſonder- lichen Nutzen in der Artzney, auſſer daß es meiſtentheils zum Theriac verbrau- chet wird. Weil aber die Bluͤte insge- mein rar iſt, und theuer, deshalben mag man ſtatt ihrer ſich der Binſen bedienen: wenn ſie aber nicht gar zu theuer ſind, und man kan ſie haben, ſoll man die Binſen nicht dazu nehmen, ſondern die Bluͤte, denn dieſe vielmehr Kraft hat. Das O 3

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Zitationshilfe: Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/195>, abgerufen am 21.11.2024.