Die Quinquina ist die Rinde eines Baumes, der in der Peruvianischen Landschaft Quito, auf den Bergen bey der Stadt Loxa wächst. Dieser Baum ist bey nahe so groß, als ein Kirschbaum, hat runde, zackichte Blät- ter, trägt eine lange rundlichte Blume, daraus entstehet eine Art Schoten, in denen ein Kern, wie eine Mandel, platt und weiß, mit einer gantz geringen Schale bedecket, zu finden. Die Quin- quina, die zu unterst an den Gebirgen wächst, ist die dickste, weil sie die aller- meiste Nahrung aus der Erde zeucht; ihre Rinde ist platt, von aussen weißlicht- grau, inwendig licht-tannetbraun. Die oben auf den Bergen wächst, derselben Rinde ist viel zärter, doch ist sie rauher, auswendig viel bräuner, inwendig einer gantz hohen Farbe. Die Bäume aber, die mitten auf diesen Gebirgen wachsen, haben eine noch viel bräunere aufge- sprungene Rinde: doch alle mit einan- der sind bitter, wiewohl die unten an den Bergen wachsen, nicht so sehr, als wie die andern.
Hieraus nun folget, daß diejenige Quinquina, die an niedrigen Orten wächst, die schlechteste sey, weil sie mit allzu viel irdischen und wäßrichten Theilgen überladen, hergegen sey die- jenige, die zu oberst wächst, viel besser; die allerbeste aber, die mitten auf den Bergen wächst, indem sie weder zu viel, noch zu wenig Nahrung hat.
Es giebt noch eine Gattung Quin- quina, welche von dem Berge Potosi kommt, und viel bräuner, aromatischer und bitterer ist, weder die vorhergehen- den: sie ist aber auch viel rarer.
Die Quinquina soll, ohne die andern Beschaffenheiten, die man an ihr be- mercket, schwer seyn, eines dichten We- sens, trucken und derb: so muß man auch Acht haben, daß sie nicht verfaulet, oder vom Wasser durchzogen sey, oder staubicht, wenn man sie zerbricht, oder voll Unrath und kleiner Stücklein, der- gleichen sich gemeiniglich an den Boden der Cerons, darinne sie kommt, befindet. Desgleichen soll derjenigen der Vorzug gelassen werden, welche aus kleinen zar- ten Rinden bestehet, die aussenher [Spaltenumbruch]
schwärtzlicht sind, und höckricht, wie das Chagrinleder, mit etwas Moos oder kleinen Blättlein des Farnkrautes be- streuet, inwendig röthlicht, eines gar bittern unangenehmen Geschmacks. Dagegen soll man die verwerffen, wel- che fasicht ist, wenn sie zerbrochen wird, und leibfarben siehet, eben so wohl als diejenige, welche zimmtfarben ist, ob sie gleich von denen, die eine schlechte Wissenschaft davon haben, weit höher geachtet, und denen andern vorgezogen wird, weil sie viel besseres Kauffs ist, denn die schwartze. Auch mag man zu- sehen, daß keine Späne vom Baume, die oftmahls an der Rinde behangen bleiben, darunter gemischet sind.
Diese Rinde wurde erst im Jahr 1650. durch den Cardinal Lugo, ei- nen Jesuiten, der sie selbst aus Peru gebracht, in Franckreich eingeführet, und war in so grossem Ansehen, daß man sie gegen gleich so schwer Gold aufwoge: allein die Menge, welche die Spanier und wir aus Peru kommen lassen, hat ihren Preiß um ein gutes vermindert.
Die Quinquina wird zu Vertrei- bung der Fieber gebraucht, sie mag nun in substantia oder in infuso gebrauchet werden. Weil es aber ein Mittel, das noch nicht von iederman an- und aufge- nommen worden, auch nicht, als zu rech- ter Zeit, mit Nutzen kan gebrauchet werden, deswegen rathe ich niemand, es ohne Beystand erfahrner Leute zu gebrauchen.
Die hohe Eigenschaft, welche die Spa- nier der Quinquina in Vertreibung des Fiebers zugeschrieben, hat verursachet, daß sie ihr sowohl, als dem Holtze, den Namen Palo de Calenturas, d. i. Fie- berholtz, gegeben.
Was die Quinquina, die gestossen gekaufft wird, betrifft, davon kan ich keinen bessern Bericht geben, als daß man sie bey rechtschaffenen Leuten kauf- fe, und nicht auf den Preiß sehe; doch muß sie durch ein zartes Sieb gestäu- bet seyn.
Aus der Quinquina wird mit distil- lirtem Nußöl übern Feuer ein Extract gemacht, der ein trefflich febrifugum, Mittel wider das Fieber ist, von 12. bis zu 30. Gran, als Pillen, oder in Wein zerlassen, eingenommen.
Auch kan man ein Sal fixum daraus
ziehen,
L 2
Hauptbeſchreibung erſten Theils viertes Buch.
[Spaltenumbruch]
Die wahrhafte Beſchreibung der Quinquina.
Die Quinquina iſt die Rinde eines Baumes, der in der Peruvianiſchen Landſchaft Quito, auf den Bergen bey der Stadt Loxa waͤchſt. Dieſer Baum iſt bey nahe ſo groß, als ein Kirſchbaum, hat runde, zackichte Blaͤt- ter, traͤgt eine lange rundlichte Blume, daraus entſtehet eine Art Schoten, in denen ein Kern, wie eine Mandel, platt und weiß, mit einer gantz geringen Schale bedecket, zu finden. Die Quin- quina, die zu unterſt an den Gebirgen waͤchſt, iſt die dickſte, weil ſie die aller- meiſte Nahrung aus der Erde zeucht; ihre Rinde iſt platt, von auſſen weißlicht- grau, inwendig licht-tannetbraun. Die oben auf den Bergen waͤchſt, derſelben Rinde iſt viel zaͤrter, doch iſt ſie rauher, auswendig viel braͤuner, inwendig einer gantz hohen Farbe. Die Baͤume aber, die mitten auf dieſen Gebirgen wachſen, haben eine noch viel braͤunere aufge- ſprungene Rinde: doch alle mit einan- der ſind bitter, wiewohl die unten an den Bergen wachſen, nicht ſo ſehr, als wie die andern.
Hieraus nun folget, daß diejenige Quinquina, die an niedrigen Orten waͤchſt, die ſchlechteſte ſey, weil ſie mit allzu viel irdiſchen und waͤßrichten Theilgen uͤberladen, hergegen ſey die- jenige, die zu oberſt waͤchſt, viel beſſer; die allerbeſte aber, die mitten auf den Bergen waͤchſt, indem ſie weder zu viel, noch zu wenig Nahrung hat.
Es giebt noch eine Gattung Quin- quina, welche von dem Berge Potoſi kommt, und viel braͤuner, aromatiſcher und bitterer iſt, weder die vorhergehen- den: ſie iſt aber auch viel rarer.
Die Quinquina ſoll, ohne die andern Beſchaffenheiten, die man an ihr be- mercket, ſchwer ſeyn, eines dichten We- ſens, trucken und derb: ſo muß man auch Acht haben, daß ſie nicht verfaulet, oder vom Waſſer durchzogen ſey, oder ſtaubicht, wenn man ſie zerbricht, oder voll Unrath und kleiner Stuͤcklein, der- gleichen ſich gemeiniglich an den Boden der Cerons, darinne ſie kommt, befindet. Desgleichen ſoll derjenigen der Vorzug gelaſſen werden, welche aus kleinen zar- ten Rinden beſtehet, die auſſenher [Spaltenumbruch]
ſchwaͤrtzlicht ſind, und hoͤckricht, wie das Chagrinleder, mit etwas Moos oder kleinen Blaͤttlein des Farnkrautes be- ſtreuet, inwendig roͤthlicht, eines gar bittern unangenehmen Geſchmacks. Dagegen ſoll man die verwerffen, wel- che faſicht iſt, wenn ſie zerbrochen wird, und leibfarben ſiehet, eben ſo wohl als diejenige, welche zimmtfarben iſt, ob ſie gleich von denen, die eine ſchlechte Wiſſenſchaft davon haben, weit hoͤher geachtet, und denen andern vorgezogen wird, weil ſie viel beſſeres Kauffs iſt, denn die ſchwartze. Auch mag man zu- ſehen, daß keine Spaͤne vom Baume, die oftmahls an der Rinde behangen bleiben, darunter gemiſchet ſind.
Dieſe Rinde wurde erſt im Jahr 1650. durch den Cardinal Lugo, ei- nen Jeſuiten, der ſie ſelbſt aus Peru gebracht, in Franckreich eingefuͤhret, und war in ſo groſſem Anſehen, daß man ſie gegen gleich ſo ſchwer Gold aufwoge: allein die Menge, welche die Spanier und wir aus Peru kommen laſſen, hat ihren Preiß um ein gutes vermindert.
Die Quinquina wird zu Vertrei- bung der Fieber gebraucht, ſie mag nun in ſubſtantia oder in infuſo gebrauchet werden. Weil es aber ein Mittel, das noch nicht von iederman an- und aufge- nommen worden, auch nicht, als zu rech- ter Zeit, mit Nutzen kan gebrauchet werden, deswegen rathe ich niemand, es ohne Beyſtand erfahrner Leute zu gebrauchen.
Die hohe Eigenſchaft, welche die Spa- nier der Quinquina in Veꝛtreibung des Fiebers zugeſchrieben, hat verurſachet, daß ſie ihr ſowohl, als dem Holtze, den Namen Palo de Calenturas, d. i. Fie- berholtz, gegeben.
Was die Quinquina, die geſtoſſen gekaufft wird, betrifft, davon kan ich keinen beſſern Bericht geben, als daß man ſie bey rechtſchaffenen Leuten kauf- fe, und nicht auf den Preiß ſehe; doch muß ſie durch ein zartes Sieb geſtaͤu- bet ſeyn.
Aus der Quinquina wird mit diſtil- lirtem Nußoͤl uͤbern Feuer ein Extract gemacht, der ein trefflich febrifugum, Mittel wider das Fieber iſt, von 12. bis zu 30. Gran, als Pillen, oder in Wein zerlaſſen, eingenommen.
Auch kan man ein Sal fixum daraus
ziehen,
L 2
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[0155]
Hauptbeſchreibung erſten Theils viertes Buch.
Die wahrhafte Beſchreibung
der Quinquina.
Die Quinquina iſt die Rinde eines
Baumes, der in der Peruvianiſchen
Landſchaft Quito, auf den Bergen
bey der Stadt Loxa waͤchſt. Dieſer
Baum iſt bey nahe ſo groß, als ein
Kirſchbaum, hat runde, zackichte Blaͤt-
ter, traͤgt eine lange rundlichte Blume,
daraus entſtehet eine Art Schoten, in
denen ein Kern, wie eine Mandel, platt
und weiß, mit einer gantz geringen
Schale bedecket, zu finden. Die Quin-
quina, die zu unterſt an den Gebirgen
waͤchſt, iſt die dickſte, weil ſie die aller-
meiſte Nahrung aus der Erde zeucht;
ihre Rinde iſt platt, von auſſen weißlicht-
grau, inwendig licht-tannetbraun. Die
oben auf den Bergen waͤchſt, derſelben
Rinde iſt viel zaͤrter, doch iſt ſie rauher,
auswendig viel braͤuner, inwendig einer
gantz hohen Farbe. Die Baͤume aber,
die mitten auf dieſen Gebirgen wachſen,
haben eine noch viel braͤunere aufge-
ſprungene Rinde: doch alle mit einan-
der ſind bitter, wiewohl die unten an den
Bergen wachſen, nicht ſo ſehr, als wie
die andern.
Siehe Fig. 116.
Hieraus nun folget, daß diejenige
Quinquina, die an niedrigen Orten
waͤchſt, die ſchlechteſte ſey, weil ſie mit
allzu viel irdiſchen und waͤßrichten
Theilgen uͤberladen, hergegen ſey die-
jenige, die zu oberſt waͤchſt, viel beſſer;
die allerbeſte aber, die mitten auf den
Bergen waͤchſt, indem ſie weder zu viel,
noch zu wenig Nahrung hat.
Es giebt noch eine Gattung Quin-
quina, welche von dem Berge Potoſi
kommt, und viel braͤuner, aromatiſcher
und bitterer iſt, weder die vorhergehen-
den: ſie iſt aber auch viel rarer.
Die Quinquina ſoll, ohne die andern
Beſchaffenheiten, die man an ihr be-
mercket, ſchwer ſeyn, eines dichten We-
ſens, trucken und derb: ſo muß man
auch Acht haben, daß ſie nicht verfaulet,
oder vom Waſſer durchzogen ſey, oder
ſtaubicht, wenn man ſie zerbricht, oder
voll Unrath und kleiner Stuͤcklein, der-
gleichen ſich gemeiniglich an den Boden
der Cerons, darinne ſie kommt, befindet.
Desgleichen ſoll derjenigen der Vorzug
gelaſſen werden, welche aus kleinen zar-
ten Rinden beſtehet, die auſſenher
ſchwaͤrtzlicht ſind, und hoͤckricht, wie das
Chagrinleder, mit etwas Moos oder
kleinen Blaͤttlein des Farnkrautes be-
ſtreuet, inwendig roͤthlicht, eines gar
bittern unangenehmen Geſchmacks.
Dagegen ſoll man die verwerffen, wel-
che faſicht iſt, wenn ſie zerbrochen wird,
und leibfarben ſiehet, eben ſo wohl als
diejenige, welche zimmtfarben iſt, ob
ſie gleich von denen, die eine ſchlechte
Wiſſenſchaft davon haben, weit hoͤher
geachtet, und denen andern vorgezogen
wird, weil ſie viel beſſeres Kauffs iſt,
denn die ſchwartze. Auch mag man zu-
ſehen, daß keine Spaͤne vom Baume,
die oftmahls an der Rinde behangen
bleiben, darunter gemiſchet ſind.
Dieſe Rinde wurde erſt im Jahr
1650. durch den Cardinal Lugo, ei-
nen Jeſuiten, der ſie ſelbſt aus Peru
gebracht, in Franckreich eingefuͤhret,
und war in ſo groſſem Anſehen, daß man
ſie gegen gleich ſo ſchwer Gold aufwoge:
allein die Menge, welche die Spanier
und wir aus Peru kommen laſſen, hat
ihren Preiß um ein gutes vermindert.
Die Quinquina wird zu Vertrei-
bung der Fieber gebraucht, ſie mag nun
in ſubſtantia oder in infuſo gebrauchet
werden. Weil es aber ein Mittel, das
noch nicht von iederman an- und aufge-
nommen worden, auch nicht, als zu rech-
ter Zeit, mit Nutzen kan gebrauchet
werden, deswegen rathe ich niemand,
es ohne Beyſtand erfahrner Leute zu
gebrauchen.
Die hohe Eigenſchaft, welche die Spa-
nier der Quinquina in Veꝛtreibung des
Fiebers zugeſchrieben, hat verurſachet,
daß ſie ihr ſowohl, als dem Holtze, den
Namen Palo de Calenturas, d. i. Fie-
berholtz, gegeben.
Was die Quinquina, die geſtoſſen
gekaufft wird, betrifft, davon kan ich
keinen beſſern Bericht geben, als daß
man ſie bey rechtſchaffenen Leuten kauf-
fe, und nicht auf den Preiß ſehe; doch
muß ſie durch ein zartes Sieb geſtaͤu-
bet ſeyn.
Aus der Quinquina wird mit diſtil-
lirtem Nußoͤl uͤbern Feuer ein Extract
gemacht, der ein trefflich febrifugum,
Mittel wider das Fieber iſt, von 12. bis
zu 30. Gran, als Pillen, oder in Wein
zerlaſſen, eingenommen.
Extractum
und
Auch kan man ein Sal fixum daraus
ziehen,
Sal Quinqui-
næ.
L 2
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Pomet, Peter: Der aufrichtige Materialist und Specerey-Händler. Leipzig, 1717, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pomet_materialist_1717/155>, abgerufen am 06.01.2025.
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