Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895.

Bild:
<< vorherige Seite
V.

Obgleich gerade Gustav es gewesen war, der dem Auf¬
seheragenten das Geschäft in Halbenau gelegt hatte, ließ
ihm doch der Gedanke an den Mann und was er gesagt hatte,
keine Ruhe. Er hatte neulich die ganze Sache als Schwindel
und Menschenfang bezeichnet, aber im Stillen gedachte er jetzt
mit heimlich zehrender Sehnsucht der goldenen Berge, die jener
in Aussicht gestellt hatte. Wenn nun doch etwas an der Sache
war! -- Gänzlich aus der Luft gegriffen konnte das alles
unmöglich sein. Gustav entsann sich der gedruckten Formulare,
die der Mann vorgezeigt hatte; sogar Stempel von Behörden
waren darauf zu sehen gewesen.

Der junge Mann befand sich in eigentümlicher Lage.
Seine Seelenstimmung war geteilt. Die Anerbietungen des
Agenten lockten; auf der anderen Seite scheute er sich, wieder
in den Bannkreis des Mannes zu geraten, den er soeben mit
Erfolg bekämpft hatte. Und schließlich schämte er sich auch
vor den Dorfgenossen, die sein Auftreten im Kretscham mit
erlebt und Beifall geklatscht hatten.

Er hielt sich dem Werber vorläufig ferne, aber in den
Blättern verfolgte er die weiteren Schritte des Mannes mit
Spannung.

In allen Ortschaften ringsum rührte Zittwitz die Werbe¬
trommel, und wie es den Anschein hatte, mit großem Erfolge.
Seine Kontrakte bedeckten sich allmählich mit Hunderten von
Unterschriften.

V.

Obgleich gerade Guſtav es geweſen war, der dem Auf¬
ſeheragenten das Geſchäft in Halbenau gelegt hatte, ließ
ihm doch der Gedanke an den Mann und was er geſagt hatte,
keine Ruhe. Er hatte neulich die ganze Sache als Schwindel
und Menſchenfang bezeichnet, aber im Stillen gedachte er jetzt
mit heimlich zehrender Sehnſucht der goldenen Berge, die jener
in Ausſicht geſtellt hatte. Wenn nun doch etwas an der Sache
war! — Gänzlich aus der Luft gegriffen konnte das alles
unmöglich ſein. Guſtav entſann ſich der gedruckten Formulare,
die der Mann vorgezeigt hatte; ſogar Stempel von Behörden
waren darauf zu ſehen geweſen.

Der junge Mann befand ſich in eigentümlicher Lage.
Seine Seelenſtimmung war geteilt. Die Anerbietungen des
Agenten lockten; auf der anderen Seite ſcheute er ſich, wieder
in den Bannkreis des Mannes zu geraten, den er ſoeben mit
Erfolg bekämpft hatte. Und ſchließlich ſchämte er ſich auch
vor den Dorfgenoſſen, die ſein Auftreten im Kretſcham mit
erlebt und Beifall geklatſcht hatten.

Er hielt ſich dem Werber vorläufig ferne, aber in den
Blättern verfolgte er die weiteren Schritte des Mannes mit
Spannung.

In allen Ortſchaften ringsum rührte Zittwitz die Werbe¬
trommel, und wie es den Anſchein hatte, mit großem Erfolge.
Seine Kontrakte bedeckten ſich allmählich mit Hunderten von
Unterſchriften.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0248" n="[234]"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">V</hi>.<lb/></head>
          <p>Obgleich gerade Gu&#x017F;tav es gewe&#x017F;en war, der dem Auf¬<lb/>
&#x017F;eheragenten das Ge&#x017F;chäft in Halbenau gelegt hatte, ließ<lb/>
ihm doch der Gedanke an den Mann und was er ge&#x017F;agt hatte,<lb/>
keine Ruhe. Er hatte neulich die ganze Sache als Schwindel<lb/>
und Men&#x017F;chenfang bezeichnet, aber im Stillen gedachte er jetzt<lb/>
mit heimlich zehrender Sehn&#x017F;ucht der goldenen Berge, die jener<lb/>
in Aus&#x017F;icht ge&#x017F;tellt hatte. Wenn nun doch etwas an der Sache<lb/>
war! &#x2014; Gänzlich aus der Luft gegriffen konnte das alles<lb/>
unmöglich &#x017F;ein. Gu&#x017F;tav ent&#x017F;ann &#x017F;ich der gedruckten Formulare,<lb/>
die der Mann vorgezeigt hatte; &#x017F;ogar Stempel von Behörden<lb/>
waren darauf zu &#x017F;ehen gewe&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Der junge Mann befand &#x017F;ich in eigentümlicher Lage.<lb/>
Seine Seelen&#x017F;timmung war geteilt. Die Anerbietungen des<lb/>
Agenten lockten; auf der anderen Seite &#x017F;cheute er &#x017F;ich, wieder<lb/>
in den Bannkreis des Mannes zu geraten, den er &#x017F;oeben mit<lb/>
Erfolg bekämpft hatte. Und &#x017F;chließlich &#x017F;chämte er &#x017F;ich auch<lb/>
vor den Dorfgeno&#x017F;&#x017F;en, die &#x017F;ein Auftreten im Kret&#x017F;cham mit<lb/>
erlebt und Beifall geklat&#x017F;cht hatten.</p><lb/>
          <p>Er hielt &#x017F;ich dem Werber vorläufig ferne, aber in den<lb/>
Blättern verfolgte er die weiteren Schritte des Mannes mit<lb/>
Spannung.</p><lb/>
          <p>In allen Ort&#x017F;chaften ringsum rührte Zittwitz die Werbe¬<lb/>
trommel, und wie es den An&#x017F;chein hatte, mit großem Erfolge.<lb/>
Seine Kontrakte bedeckten &#x017F;ich allmählich mit Hunderten von<lb/>
Unter&#x017F;chriften.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[234]/0248] V. Obgleich gerade Guſtav es geweſen war, der dem Auf¬ ſeheragenten das Geſchäft in Halbenau gelegt hatte, ließ ihm doch der Gedanke an den Mann und was er geſagt hatte, keine Ruhe. Er hatte neulich die ganze Sache als Schwindel und Menſchenfang bezeichnet, aber im Stillen gedachte er jetzt mit heimlich zehrender Sehnſucht der goldenen Berge, die jener in Ausſicht geſtellt hatte. Wenn nun doch etwas an der Sache war! — Gänzlich aus der Luft gegriffen konnte das alles unmöglich ſein. Guſtav entſann ſich der gedruckten Formulare, die der Mann vorgezeigt hatte; ſogar Stempel von Behörden waren darauf zu ſehen geweſen. Der junge Mann befand ſich in eigentümlicher Lage. Seine Seelenſtimmung war geteilt. Die Anerbietungen des Agenten lockten; auf der anderen Seite ſcheute er ſich, wieder in den Bannkreis des Mannes zu geraten, den er ſoeben mit Erfolg bekämpft hatte. Und ſchließlich ſchämte er ſich auch vor den Dorfgenoſſen, die ſein Auftreten im Kretſcham mit erlebt und Beifall geklatſcht hatten. Er hielt ſich dem Werber vorläufig ferne, aber in den Blättern verfolgte er die weiteren Schritte des Mannes mit Spannung. In allen Ortſchaften ringsum rührte Zittwitz die Werbe¬ trommel, und wie es den Anſchein hatte, mit großem Erfolge. Seine Kontrakte bedeckten ſich allmählich mit Hunderten von Unterſchriften.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/248
Zitationshilfe: Polenz, Wilhelm von: Der Büttnerbauer. Berlin, 1895, S. [234]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/polenz_buettnerbauer_1895/248>, abgerufen am 21.12.2024.