Poersch, Bruno: Woran krankt die deutsche Gewerkschaftsbewegung? Berlin, 1897.sie würde dadurch ihre Thätigkeit in eine wahre Liliputaner¬ Die vor Kurzem von der General-Kommission herausgegebene VI. Schluß. Vom historischen Gesichtspunkte aus ist der gegenwärtige ſie würde dadurch ihre Thätigkeit in eine wahre Liliputaner¬ Die vor Kurzem von der General-Kommiſſion herausgegebene VI. Schluß. Vom hiſtoriſchen Geſichtspunkte aus iſt der gegenwärtige <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0038" n="30"/> ſie würde dadurch ihre Thätigkeit in eine wahre Liliputaner¬<lb/> politik zerſplittern.“ — Das iſt unbedingt wahr. — Wie Kohlen<lb/> und Erz gewogen werden ſoll, wie Baugerüſte anzulegen ſind,<lb/> das werden ſtets die betreffenden Berufsgenoſſen am Beſten wiſſen<lb/> und nicht Laien.</p><lb/> <p>Die vor Kurzem von der General-Kommiſſion herausgegebene<lb/> Schrift über „Mißſtände im Baugewerbe“ beweiſt uns, was die<lb/> Gewerkſchaften auf dieſem Gebiet zu leiſten im Stande ſind.<lb/> Solches Material hätte die politiſche Bewegung nie zuſammen¬<lb/> bringen können. Dann aber wird auch die Agitation für ſolche<lb/> Spezial-Schutzgeſetze reſp. Verordnungen immer die intereſſirte<lb/> Branche ſelbſt zu führen haben, womit natürlich nicht ausge¬<lb/> ſchloſſen iſt, daß auch die politiſche Bewegung ſich mit dieſen<lb/> Dingen befaſſen kann. Nur wird ſie dieſes nie ſo <hi rendition="#g">intenſiv</hi><lb/> können, wie die direkte intereſſirte Gruppe, weil ihr dazu die<lb/> Berufskenntniſſe fehlen. — Allerdings, ſo lange die Organi¬<lb/> ſationen nicht ſtärker ſind, als jetzt, ſo lange ſie und das Be¬<lb/> amtenweſen keinen feſteren Charakter haben, wie gegenwärtig, ſo<lb/> lange werden dieſelben auch Bedeutendes auf dieſem Gebiete<lb/> nicht leiſten können. — Ob nun noch beſondere Gewerkſchafts-<lb/> Kongreſſe, die ſich mit dieſen Fragen beſchäftigen ſollen, wie<lb/><hi rendition="#g">Quarck</hi> ſie wünſchte, nothwendig ſind, darüber kann man wohl<lb/> getheilter Meinung ſein. Jedenfalls iſt aber das Thatſache, daß<lb/> die Parteitage ſich unmöglich mit der Spezial-Schutzgeſetzgebung<lb/> befaſſen können, im Allgemeinen vielleicht ja, im Speziellen aus<lb/> Mangel an Berufskenntniſſen nie. Anderſeits würde dadurch<lb/> aber auch nur das Anſehen der Partei leiden, wenn man auf<lb/> den Parteikongreſſen darüber ſprechen wollte, wie Leitern bei<lb/> Bauten zu ſtellen ſind, wie Koakskörbe beſchaffen ſein ſollen und<lb/> welchen Minimallohn der Sattler für ſtaatliche Arbeiten zu er¬<lb/> halten hat. Zwar würden auf den Gewerkſchafts-Kongreſſen, die<lb/> ja auch aus allen Berufen ſich zuſammenſetzen müßten, genau<lb/> ſo wie auf den Parteitagen den Einzelnen die Berufskenntniſſe<lb/> bei den verſchiedenſten Fragen fehlen; doch könnten dieſe Kon¬<lb/> greſſe auch nur den Zweck haben, die allgemeinen Linien für ein<lb/> planmäßiges Vorgehen in dieſen Beziehungen feſtzulegen und<lb/> um das Auge der herrſchenden Gewalten mehr für die Ver¬<lb/> langen der Arbeiter zu gewinnen, als dieſes durch einzelne Ver¬<lb/> ſammlungen und Berufskongreſſe möglich iſt.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#aq">VI.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Schluß.</hi><lb/> </head> <p>Vom hiſtoriſchen Geſichtspunkte aus iſt der gegenwärtige<lb/> Stand der deutſchen Gewerkſchaftsbewegung vollkommen be¬<lb/> greiflich. Es würde dem ewigen, eiſernen Geſetze der organiſchen<lb/> Entwickelung widerſprechen, wollte man von ihr mehr verlangen,<lb/> als ſie heute darſtellt. Nichts tritt gleich in ſeiner ganzen Größe,<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [30/0038]
ſie würde dadurch ihre Thätigkeit in eine wahre Liliputaner¬
politik zerſplittern.“ — Das iſt unbedingt wahr. — Wie Kohlen
und Erz gewogen werden ſoll, wie Baugerüſte anzulegen ſind,
das werden ſtets die betreffenden Berufsgenoſſen am Beſten wiſſen
und nicht Laien.
Die vor Kurzem von der General-Kommiſſion herausgegebene
Schrift über „Mißſtände im Baugewerbe“ beweiſt uns, was die
Gewerkſchaften auf dieſem Gebiet zu leiſten im Stande ſind.
Solches Material hätte die politiſche Bewegung nie zuſammen¬
bringen können. Dann aber wird auch die Agitation für ſolche
Spezial-Schutzgeſetze reſp. Verordnungen immer die intereſſirte
Branche ſelbſt zu führen haben, womit natürlich nicht ausge¬
ſchloſſen iſt, daß auch die politiſche Bewegung ſich mit dieſen
Dingen befaſſen kann. Nur wird ſie dieſes nie ſo intenſiv
können, wie die direkte intereſſirte Gruppe, weil ihr dazu die
Berufskenntniſſe fehlen. — Allerdings, ſo lange die Organi¬
ſationen nicht ſtärker ſind, als jetzt, ſo lange ſie und das Be¬
amtenweſen keinen feſteren Charakter haben, wie gegenwärtig, ſo
lange werden dieſelben auch Bedeutendes auf dieſem Gebiete
nicht leiſten können. — Ob nun noch beſondere Gewerkſchafts-
Kongreſſe, die ſich mit dieſen Fragen beſchäftigen ſollen, wie
Quarck ſie wünſchte, nothwendig ſind, darüber kann man wohl
getheilter Meinung ſein. Jedenfalls iſt aber das Thatſache, daß
die Parteitage ſich unmöglich mit der Spezial-Schutzgeſetzgebung
befaſſen können, im Allgemeinen vielleicht ja, im Speziellen aus
Mangel an Berufskenntniſſen nie. Anderſeits würde dadurch
aber auch nur das Anſehen der Partei leiden, wenn man auf
den Parteikongreſſen darüber ſprechen wollte, wie Leitern bei
Bauten zu ſtellen ſind, wie Koakskörbe beſchaffen ſein ſollen und
welchen Minimallohn der Sattler für ſtaatliche Arbeiten zu er¬
halten hat. Zwar würden auf den Gewerkſchafts-Kongreſſen, die
ja auch aus allen Berufen ſich zuſammenſetzen müßten, genau
ſo wie auf den Parteitagen den Einzelnen die Berufskenntniſſe
bei den verſchiedenſten Fragen fehlen; doch könnten dieſe Kon¬
greſſe auch nur den Zweck haben, die allgemeinen Linien für ein
planmäßiges Vorgehen in dieſen Beziehungen feſtzulegen und
um das Auge der herrſchenden Gewalten mehr für die Ver¬
langen der Arbeiter zu gewinnen, als dieſes durch einzelne Ver¬
ſammlungen und Berufskongreſſe möglich iſt.
VI.
Schluß.
Vom hiſtoriſchen Geſichtspunkte aus iſt der gegenwärtige
Stand der deutſchen Gewerkſchaftsbewegung vollkommen be¬
greiflich. Es würde dem ewigen, eiſernen Geſetze der organiſchen
Entwickelung widerſprechen, wollte man von ihr mehr verlangen,
als ſie heute darſtellt. Nichts tritt gleich in ſeiner ganzen Größe,
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