Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859.

Bild:
<< vorherige Seite
III. Aufzug.
Ein felsiges Thal.
Jn der Mitte steht eine Eiche, zu deren Füssen der Drache Feuer-
rachen
liegt.
Drache.
Obgleich es eigentlich nicht üblich ist, daß Drachen
sprechen, so muß ich es doch thun, damit ihr wißt,
woran ihr seid. Jch bin also der erschreckliche Drache
Feuerrachen. Meine Mutter war die nächtliche
böse Fee Schlangenblitz und mein Vater der
Zauberer Negromanticus. Von Haus aus war
ich eigentlich ein Papierdrache, den die Buben im
Herbste auf den Wiesen fliegen ließen; allein nach
und nach wuchs ich heran und gewann endlich meine
dermalige Gestalt. Jch bin ein furchtbarer Kerl
und wer mir in den Weg tritt, dem speie ich Feuer
in's Gesicht, wie ihr auch gleich sehen werdet, wenn
der gute Prinz Rosenroth einen Zweig von diesem
Baume pflücken will, den ich auf Befehl meines
Papas zu bewachen habe. Ach! wäre ich doch lieber
in meiner Kindheit geblieben; als Papierdrache be-
fand ich mich so wohlgemuth und heiter gestimmt,
besonders, wenn ich durch die blaue Luft dahinflog
III. Aufzug.
Ein felſiges Thal.
Jn der Mitte ſteht eine Eiche, zu deren Füſſen der Drache Feuer-
rachen
liegt.
Drache.
Obgleich es eigentlich nicht üblich iſt, daß Drachen
ſprechen, ſo muß ich es doch thun, damit ihr wißt,
woran ihr ſeid. Jch bin alſo der erſchreckliche Drache
Feuerrachen. Meine Mutter war die nächtliche
böſe Fee Schlangenblitz und mein Vater der
Zauberer Negromanticus. Von Haus aus war
ich eigentlich ein Papierdrache, den die Buben im
Herbſte auf den Wieſen fliegen ließen; allein nach
und nach wuchs ich heran und gewann endlich meine
dermalige Geſtalt. Jch bin ein furchtbarer Kerl
und wer mir in den Weg tritt, dem ſpeie ich Feuer
in’s Geſicht, wie ihr auch gleich ſehen werdet, wenn
der gute Prinz Roſenroth einen Zweig von dieſem
Baume pflücken will, den ich auf Befehl meines
Papas zu bewachen habe. Ach! wäre ich doch lieber
in meiner Kindheit geblieben; als Papierdrache be-
fand ich mich ſo wohlgemuth und heiter geſtimmt,
beſonders, wenn ich durch die blaue Luft dahinflog
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0035" n="29"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">III.</hi> Aufzug.</hi> </head><lb/>
          <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Ein fel&#x017F;iges Thal.</hi><lb/>
Jn der Mitte &#x017F;teht eine Eiche, zu deren Fü&#x017F;&#x017F;en der Drache <hi rendition="#g">Feuer-<lb/>
rachen</hi> liegt.</hi> </stage><lb/>
          <sp who="#DRACH">
            <speaker> <hi rendition="#c">Drache.</hi> </speaker><lb/>
            <p>Obgleich es eigentlich nicht üblich i&#x017F;t, daß Drachen<lb/>
&#x017F;prechen, &#x017F;o muß ich es doch thun, damit ihr wißt,<lb/>
woran ihr &#x017F;eid. Jch bin al&#x017F;o der er&#x017F;chreckliche Drache<lb/><hi rendition="#g">Feuerrachen.</hi> Meine Mutter war die nächtliche<lb/>&#x017F;e Fee <hi rendition="#g">Schlangenblitz</hi> und mein Vater der<lb/>
Zauberer <hi rendition="#g">Negromanticus.</hi> Von Haus aus war<lb/>
ich eigentlich ein Papierdrache, den die Buben im<lb/>
Herb&#x017F;te auf den Wie&#x017F;en fliegen ließen; allein nach<lb/>
und nach wuchs ich heran und gewann endlich meine<lb/>
dermalige Ge&#x017F;talt. Jch bin ein furchtbarer Kerl<lb/>
und wer mir in den Weg tritt, dem &#x017F;peie ich Feuer<lb/>
in&#x2019;s Ge&#x017F;icht, wie ihr auch gleich &#x017F;ehen werdet, wenn<lb/>
der gute Prinz Ro&#x017F;enroth einen Zweig von die&#x017F;em<lb/>
Baume pflücken will, den ich auf Befehl meines<lb/>
Papas zu bewachen habe. Ach! wäre ich doch lieber<lb/>
in meiner Kindheit geblieben; als Papierdrache be-<lb/>
fand ich mich &#x017F;o wohlgemuth und heiter ge&#x017F;timmt,<lb/>
be&#x017F;onders, wenn ich durch die blaue Luft dahinflog<lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[29/0035] III. Aufzug. Ein felſiges Thal. Jn der Mitte ſteht eine Eiche, zu deren Füſſen der Drache Feuer- rachen liegt. Drache. Obgleich es eigentlich nicht üblich iſt, daß Drachen ſprechen, ſo muß ich es doch thun, damit ihr wißt, woran ihr ſeid. Jch bin alſo der erſchreckliche Drache Feuerrachen. Meine Mutter war die nächtliche böſe Fee Schlangenblitz und mein Vater der Zauberer Negromanticus. Von Haus aus war ich eigentlich ein Papierdrache, den die Buben im Herbſte auf den Wieſen fliegen ließen; allein nach und nach wuchs ich heran und gewann endlich meine dermalige Geſtalt. Jch bin ein furchtbarer Kerl und wer mir in den Weg tritt, dem ſpeie ich Feuer in’s Geſicht, wie ihr auch gleich ſehen werdet, wenn der gute Prinz Roſenroth einen Zweig von dieſem Baume pflücken will, den ich auf Befehl meines Papas zu bewachen habe. Ach! wäre ich doch lieber in meiner Kindheit geblieben; als Papierdrache be- fand ich mich ſo wohlgemuth und heiter geſtimmt, beſonders, wenn ich durch die blaue Luft dahinflog

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/35
Zitationshilfe: Pocci, Franz von: Lustiges Komödienbüchlein. Bd. 1. München, 1859, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pocci_komoedienbuechlein01_1859/35>, abgerufen am 21.11.2024.