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Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.

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XXXV.
Was ruhst du hier am Blüthensaum
Der sommerlichen Sprudelquelle,
Und siehst entstehn und siehst vergehn den Schaum?
So ruhn wir Menschen auf des Lebens Schwelle,
Und was wir hoffen, was wir suchen stets,
Ein leichter Hauch gebiert's, ein leichter Hauch verweht's.
Es übt sich mehr und mehr das Herz,
Und stählt sich, daß von Tag zu Tage
Mit größerm Muth es immer neuen Schmerz,
Und immer neuen Kummer trage:
Erringen quält, Errung'nem droht Verlust,
Und ew'ge Sehnsucht hebt die bange Jünglingsbrust.
Drum preis' ich den, der nicht begehrt!
Was wäre hier im leichten Staube
Des Suchens oder Findens werth?
Nach höh'rem Ziel verweist der höh're Glaube;
Hier ist es nicht, wo jedes Ding verlezt,
Jenseits des Lebens ward dein Ziel hinausgesezt!
Im Geiste strebe zu entfliehn
Den Schranken dieser Menscheninnung,
Und laß am Busen dir vorüberziehn
Die Stimmungen der wechselnden Gesinnung;
Dann trübt der Klarheit innern Spiegel nie,
Durch Lieb' und Sorg' und Haß, die rege Phantasie.
XXXV.
Was ruhſt du hier am Bluͤthenſaum
Der ſommerlichen Sprudelquelle,
Und ſiehſt entſtehn und ſiehſt vergehn den Schaum?
So ruhn wir Menſchen auf des Lebens Schwelle,
Und was wir hoffen, was wir ſuchen ſtets,
Ein leichter Hauch gebiert's, ein leichter Hauch verweht's.
Es uͤbt ſich mehr und mehr das Herz,
Und ſtaͤhlt ſich, daß von Tag zu Tage
Mit groͤßerm Muth es immer neuen Schmerz,
Und immer neuen Kummer trage:
Erringen quaͤlt, Errung'nem droht Verluſt,
Und ew'ge Sehnſucht hebt die bange Juͤnglingsbruſt.
Drum preiſ' ich den, der nicht begehrt!
Was waͤre hier im leichten Staube
Des Suchens oder Findens werth?
Nach hoͤh'rem Ziel verweist der hoͤh're Glaube;
Hier iſt es nicht, wo jedes Ding verlezt,
Jenſeits des Lebens ward dein Ziel hinausgeſezt!
Im Geiſte ſtrebe zu entfliehn
Den Schranken dieſer Menſcheninnung,
Und laß am Buſen dir voruͤberziehn
Die Stimmungen der wechſelnden Geſinnung;
Dann truͤbt der Klarheit innern Spiegel nie,
Durch Lieb' und Sorg' und Haß, die rege Phantaſie.
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[50/0060] XXXV. Was ruhſt du hier am Bluͤthenſaum Der ſommerlichen Sprudelquelle, Und ſiehſt entſtehn und ſiehſt vergehn den Schaum? So ruhn wir Menſchen auf des Lebens Schwelle, Und was wir hoffen, was wir ſuchen ſtets, Ein leichter Hauch gebiert's, ein leichter Hauch verweht's. Es uͤbt ſich mehr und mehr das Herz, Und ſtaͤhlt ſich, daß von Tag zu Tage Mit groͤßerm Muth es immer neuen Schmerz, Und immer neuen Kummer trage: Erringen quaͤlt, Errung'nem droht Verluſt, Und ew'ge Sehnſucht hebt die bange Juͤnglingsbruſt. Drum preiſ' ich den, der nicht begehrt! Was waͤre hier im leichten Staube Des Suchens oder Findens werth? Nach hoͤh'rem Ziel verweist der hoͤh're Glaube; Hier iſt es nicht, wo jedes Ding verlezt, Jenſeits des Lebens ward dein Ziel hinausgeſezt! Im Geiſte ſtrebe zu entfliehn Den Schranken dieſer Menſcheninnung, Und laß am Buſen dir voruͤberziehn Die Stimmungen der wechſelnden Geſinnung; Dann truͤbt der Klarheit innern Spiegel nie, Durch Lieb' und Sorg' und Haß, die rege Phantaſie.

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Zitationshilfe: Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/60>, abgerufen am 21.12.2024.