Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.Antwort. Was soll dies kindische Verzagen, Dies eitle Wünschen ohne Halt? Da du der Welt nicht kannst entsagen, Erob're dir sie mit Gewalt! Und könntest du dich auch entfernen, Es triebe Sehnsucht dich zurück; Denn ach, die Menschen lieben lernen, Es ist das einz'ge wahre Glück! Unwiderruflich dorrt die Blüthe, Unwiderruflich wächst das Kind, Abgründe liegen im Gemüthe, Die tiefer als die Hölle sind. Du siehst sie, doch du fliehst vorüber, Im glücklichen, im ernsten Lauf, Dem frohen Tage folgt ein trüber, Doch alles wiegt zulezt sich auf. Und wie der Mond, im leichten Schweben, Bald rein und bald in Wolken steht, So schwinde wechselnd dir das Leben, Bis es in Wellen untergeht. Antwort. Was ſoll dies kindiſche Verzagen, Dies eitle Wuͤnſchen ohne Halt? Da du der Welt nicht kannſt entſagen, Erob're dir ſie mit Gewalt! Und koͤnnteſt du dich auch entfernen, Es triebe Sehnſucht dich zuruͤck; Denn ach, die Menſchen lieben lernen, Es iſt das einz'ge wahre Gluͤck! Unwiderruflich dorrt die Bluͤthe, Unwiderruflich waͤchſt das Kind, Abgruͤnde liegen im Gemuͤthe, Die tiefer als die Hoͤlle ſind. Du ſiehſt ſie, doch du fliehſt voruͤber, Im gluͤcklichen, im ernſten Lauf, Dem frohen Tage folgt ein truͤber, Doch alles wiegt zulezt ſich auf. Und wie der Mond, im leichten Schweben, Bald rein und bald in Wolken ſteht, So ſchwinde wechſelnd dir das Leben, Bis es in Wellen untergeht. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb n="48" facs="#f0058"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Antwort.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Was ſoll dies kindiſche Verzagen,</l><lb/> <l>Dies eitle Wuͤnſchen ohne Halt?</l><lb/> <l>Da du der Welt nicht kannſt entſagen,</l><lb/> <l>Erob're dir ſie mit Gewalt!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Und koͤnnteſt du dich auch entfernen,</l><lb/> <l>Es triebe Sehnſucht dich zuruͤck;</l><lb/> <l>Denn ach, die Menſchen lieben lernen,</l><lb/> <l>Es iſt das einz'ge wahre Gluͤck!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Unwiderruflich dorrt die Bluͤthe,</l><lb/> <l>Unwiderruflich waͤchſt das Kind,</l><lb/> <l>Abgruͤnde liegen im Gemuͤthe,</l><lb/> <l>Die tiefer als die Hoͤlle ſind.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Du ſiehſt ſie, doch du fliehſt voruͤber,</l><lb/> <l>Im gluͤcklichen, im ernſten Lauf,</l><lb/> <l>Dem frohen Tage folgt ein truͤber,</l><lb/> <l>Doch alles wiegt zulezt ſich auf.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Und wie der Mond, im leichten Schweben,</l><lb/> <l>Bald rein und bald in Wolken ſteht,</l><lb/> <l>So ſchwinde wechſelnd dir das Leben,</l><lb/> <l>Bis es in Wellen untergeht.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0058]
Antwort.
Was ſoll dies kindiſche Verzagen,
Dies eitle Wuͤnſchen ohne Halt?
Da du der Welt nicht kannſt entſagen,
Erob're dir ſie mit Gewalt!
Und koͤnnteſt du dich auch entfernen,
Es triebe Sehnſucht dich zuruͤck;
Denn ach, die Menſchen lieben lernen,
Es iſt das einz'ge wahre Gluͤck!
Unwiderruflich dorrt die Bluͤthe,
Unwiderruflich waͤchſt das Kind,
Abgruͤnde liegen im Gemuͤthe,
Die tiefer als die Hoͤlle ſind.
Du ſiehſt ſie, doch du fliehſt voruͤber,
Im gluͤcklichen, im ernſten Lauf,
Dem frohen Tage folgt ein truͤber,
Doch alles wiegt zulezt ſich auf.
Und wie der Mond, im leichten Schweben,
Bald rein und bald in Wolken ſteht,
So ſchwinde wechſelnd dir das Leben,
Bis es in Wellen untergeht.
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/58>, abgerufen am 03.03.2025. |