Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.

Bild:
<< vorherige Seite
XXIII.
Gesang der Todten.
Dich Wandersmann dort oben
Beneiden wir so sehr,
Du gehst von Luft umwoben,
Du hauchst im Aethermeer.
Wir sind zu Staub verwandelt
In dumpfer Grüfte Schoos:
O selig, wer noch wandelt,
Wie preisen wir sein Loos!
Vom Sonnenstrahl umschwärmet,
Ergehst du dich im Licht,
Doch was die Flächen wärmet,
Die Tiefe wärmt es nicht.
Dir flimmert gleich Gestirnen
Der Blumen bunter Glanz,
An unsern nackten Stirnen
Klebt ein verstäubter Kranz.
Wir horchen, ach! wir lauschen,
Wo nie ein Schall sich regt,
Dir klingt der Quell, es rauschen
Die Blätter sturmbewegt.
XXIII.
Geſang der Todten.
Dich Wandersmann dort oben
Beneiden wir ſo ſehr,
Du gehſt von Luft umwoben,
Du hauchſt im Aethermeer.
Wir ſind zu Staub verwandelt
In dumpfer Gruͤfte Schoos:
O ſelig, wer noch wandelt,
Wie preiſen wir ſein Loos!
Vom Sonnenſtrahl umſchwaͤrmet,
Ergehſt du dich im Licht,
Doch was die Flaͤchen waͤrmet,
Die Tiefe waͤrmt es nicht.
Dir flimmert gleich Geſtirnen
Der Blumen bunter Glanz,
An unſern nackten Stirnen
Klebt ein verſtaͤubter Kranz.
Wir horchen, ach! wir lauſchen,
Wo nie ein Schall ſich regt,
Dir klingt der Quell, es rauſchen
Die Blaͤtter ſturmbewegt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0045" n="35"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq">XXIII.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Ge&#x017F;ang der Todten.</hi><lb/>
            </head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">D</hi>ich Wandersmann dort oben</l><lb/>
                <l>Beneiden wir &#x017F;o &#x017F;ehr,</l><lb/>
                <l>Du geh&#x017F;t von Luft umwoben,</l><lb/>
                <l>Du hauch&#x017F;t im Aethermeer.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Wir &#x017F;ind zu Staub verwandelt</l><lb/>
                <l>In dumpfer Gru&#x0364;fte Schoos:</l><lb/>
                <l>O &#x017F;elig, wer noch wandelt,</l><lb/>
                <l>Wie prei&#x017F;en wir &#x017F;ein Loos!</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Vom Sonnen&#x017F;trahl um&#x017F;chwa&#x0364;rmet,</l><lb/>
                <l>Ergeh&#x017F;t du dich im Licht,</l><lb/>
                <l>Doch was die Fla&#x0364;chen wa&#x0364;rmet,</l><lb/>
                <l>Die Tiefe wa&#x0364;rmt es nicht.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>Dir flimmert gleich Ge&#x017F;tirnen</l><lb/>
                <l>Der Blumen bunter Glanz,</l><lb/>
                <l>An un&#x017F;ern nackten Stirnen</l><lb/>
                <l>Klebt ein ver&#x017F;ta&#x0364;ubter Kranz.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="5">
                <l>Wir horchen, ach! wir lau&#x017F;chen,</l><lb/>
                <l>Wo nie ein Schall &#x017F;ich regt,</l><lb/>
                <l>Dir klingt der Quell, es rau&#x017F;chen</l><lb/>
                <l>Die Bla&#x0364;tter &#x017F;turmbewegt.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[35/0045] XXIII. Geſang der Todten. Dich Wandersmann dort oben Beneiden wir ſo ſehr, Du gehſt von Luft umwoben, Du hauchſt im Aethermeer. Wir ſind zu Staub verwandelt In dumpfer Gruͤfte Schoos: O ſelig, wer noch wandelt, Wie preiſen wir ſein Loos! Vom Sonnenſtrahl umſchwaͤrmet, Ergehſt du dich im Licht, Doch was die Flaͤchen waͤrmet, Die Tiefe waͤrmt es nicht. Dir flimmert gleich Geſtirnen Der Blumen bunter Glanz, An unſern nackten Stirnen Klebt ein verſtaͤubter Kranz. Wir horchen, ach! wir lauſchen, Wo nie ein Schall ſich regt, Dir klingt der Quell, es rauſchen Die Blaͤtter ſturmbewegt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/45
Zitationshilfe: Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/45>, abgerufen am 30.12.2024.