Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.

Bild:
<< vorherige Seite
LVIII.
Die Liebe scheint der zarteste der Triebe,
Das wissen selbst die Blinden und die Tauben,
Ich aber weiß, was wen'ge Menschen glauben,
Daß wahre Freundschaft zarter ist als Liebe.
Die Liebe wird mit feurigem Betriebe
Sich in sich selber zu verzehren schnauben;
Doch meines Freundes kann mich nichts berauben,
Bis nicht ich selbst im leichten Staub zerstiebe.
Er zeigt mir Kälte nur und Uebelwollen,
Er spottet mein, er hat mich längst vergessen,
Doch dacht' ich nie daran, mit ihm zu grollen.
Nie wird er meine Hand in seine pressen,
Stets aber werd' ich neues Lob ihm zollen,
Und was man lobt, hat man im Geist besessen.

LVIII.
Die Liebe ſcheint der zarteſte der Triebe,
Das wiſſen ſelbſt die Blinden und die Tauben,
Ich aber weiß, was wen'ge Menſchen glauben,
Daß wahre Freundſchaft zarter iſt als Liebe.
Die Liebe wird mit feurigem Betriebe
Sich in ſich ſelber zu verzehren ſchnauben;
Doch meines Freundes kann mich nichts berauben,
Bis nicht ich ſelbſt im leichten Staub zerſtiebe.
Er zeigt mir Kaͤlte nur und Uebelwollen,
Er ſpottet mein, er hat mich laͤngſt vergeſſen,
Doch dacht' ich nie daran, mit ihm zu grollen.
Nie wird er meine Hand in ſeine preſſen,
Stets aber werd' ich neues Lob ihm zollen,
Und was man lobt, hat man im Geiſt beſeſſen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0236" n="226"/>
          </div>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq">LVIII.</hi><lb/>
            </head>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l><hi rendition="#in">D</hi>ie Liebe &#x017F;cheint der zarte&#x017F;te der Triebe,</l><lb/>
                <l>Das wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;elb&#x017F;t die Blinden und die Tauben,</l><lb/>
                <l>Ich aber weiß, was wen'ge Men&#x017F;chen glauben,</l><lb/>
                <l>Daß wahre Freund&#x017F;chaft zarter i&#x017F;t als Liebe.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="2">
                <l>Die Liebe wird mit feurigem Betriebe</l><lb/>
                <l>Sich in &#x017F;ich &#x017F;elber zu verzehren &#x017F;chnauben;</l><lb/>
                <l>Doch meines Freundes kann mich nichts berauben,</l><lb/>
                <l>Bis nicht ich &#x017F;elb&#x017F;t im leichten Staub zer&#x017F;tiebe.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="3">
                <l>Er zeigt mir Ka&#x0364;lte nur und Uebelwollen,</l><lb/>
                <l>Er &#x017F;pottet mein, er hat mich la&#x0364;ng&#x017F;t verge&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Doch dacht' ich nie daran, mit ihm zu grollen.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="4">
                <l>Nie wird er meine Hand in &#x017F;eine pre&#x017F;&#x017F;en,</l><lb/>
                <l>Stets aber werd' ich neues Lob ihm zollen,</l><lb/>
                <l>Und was man lobt, hat man im Gei&#x017F;t be&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0236] LVIII. Die Liebe ſcheint der zarteſte der Triebe, Das wiſſen ſelbſt die Blinden und die Tauben, Ich aber weiß, was wen'ge Menſchen glauben, Daß wahre Freundſchaft zarter iſt als Liebe. Die Liebe wird mit feurigem Betriebe Sich in ſich ſelber zu verzehren ſchnauben; Doch meines Freundes kann mich nichts berauben, Bis nicht ich ſelbſt im leichten Staub zerſtiebe. Er zeigt mir Kaͤlte nur und Uebelwollen, Er ſpottet mein, er hat mich laͤngſt vergeſſen, Doch dacht' ich nie daran, mit ihm zu grollen. Nie wird er meine Hand in ſeine preſſen, Stets aber werd' ich neues Lob ihm zollen, Und was man lobt, hat man im Geiſt beſeſſen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/236
Zitationshilfe: Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/236>, abgerufen am 30.12.2024.