Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.XLVI. O süßer Lenz, beflügle deine Schritte, Komm früher diesmal, als du pflegst zu kommen! Du bist ein Arzt, wenn unsre Brust beklommen, Ein milder Arzt von immer sanfter Sitte! O könnt' ich schon in deiner Blumen Mitte, Wenn kaum der Tag am Horizont entglommen, Bis er in's Abendroth zulezt verschwommen, Von Träumen leben, ohne Wunsch und Bitte! Wenn deine helle Sonne flammt im Blauen, Würd' ich, in's Gras gestreckt, nach oben blicken, Und würde glauben meinen Freund zu schauen! Geblendet würde dann mein Auge nicken, Ich würde schlummern bis die Sterne thauen, Und mich im Schlaf an seinem Bild erquicken! XLVI. O ſuͤßer Lenz, befluͤgle deine Schritte, Komm fruͤher diesmal, als du pflegſt zu kommen! Du biſt ein Arzt, wenn unſre Bruſt beklommen, Ein milder Arzt von immer ſanfter Sitte! O koͤnnt' ich ſchon in deiner Blumen Mitte, Wenn kaum der Tag am Horizont entglommen, Bis er in’s Abendroth zulezt verſchwommen, Von Traͤumen leben, ohne Wunſch und Bitte! Wenn deine helle Sonne flammt im Blauen, Wuͤrd’ ich, in's Gras geſtreckt, nach oben blicken, Und wuͤrde glauben meinen Freund zu ſchauen! Geblendet wuͤrde dann mein Auge nicken, Ich wuͤrde ſchlummern bis die Sterne thauen, Und mich im Schlaf an ſeinem Bild erquicken! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0224" n="214"/> </div> <div n="3"> <head><hi rendition="#aq">XLVI</hi>.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">O</hi> ſuͤßer Lenz, befluͤgle deine Schritte,</l><lb/> <l>Komm fruͤher diesmal, als du pflegſt zu kommen!</l><lb/> <l>Du biſt ein Arzt, wenn unſre Bruſt beklommen,</l><lb/> <l>Ein milder Arzt von immer ſanfter Sitte!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>O koͤnnt' ich ſchon in deiner Blumen Mitte,</l><lb/> <l>Wenn kaum der Tag am Horizont entglommen,</l><lb/> <l>Bis er in’s Abendroth zulezt verſchwommen,</l><lb/> <l>Von Traͤumen leben, ohne Wunſch und Bitte!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Wenn deine helle Sonne flammt im Blauen,</l><lb/> <l>Wuͤrd’ ich, in's Gras geſtreckt, nach oben blicken,</l><lb/> <l>Und wuͤrde glauben meinen Freund zu ſchauen!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Geblendet wuͤrde dann mein Auge nicken,</l><lb/> <l>Ich wuͤrde ſchlummern bis die Sterne thauen,</l><lb/> <l>Und mich im Schlaf an ſeinem Bild erquicken!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [214/0224]
XLVI.
O ſuͤßer Lenz, befluͤgle deine Schritte,
Komm fruͤher diesmal, als du pflegſt zu kommen!
Du biſt ein Arzt, wenn unſre Bruſt beklommen,
Ein milder Arzt von immer ſanfter Sitte!
O koͤnnt' ich ſchon in deiner Blumen Mitte,
Wenn kaum der Tag am Horizont entglommen,
Bis er in’s Abendroth zulezt verſchwommen,
Von Traͤumen leben, ohne Wunſch und Bitte!
Wenn deine helle Sonne flammt im Blauen,
Wuͤrd’ ich, in's Gras geſtreckt, nach oben blicken,
Und wuͤrde glauben meinen Freund zu ſchauen!
Geblendet wuͤrde dann mein Auge nicken,
Ich wuͤrde ſchlummern bis die Sterne thauen,
Und mich im Schlaf an ſeinem Bild erquicken!
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