Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.XXXII. Wenn tiefe Schwermuth meine Seele wieget, Mag's um die Buden am Rialto flittern: Um nicht den Geist im Tande zu zersplittern, Such' ich die Stille, die den Tag besieget. Dann blick' ich oft, an Brücken angeschmieget, In öde Wellen, die nur leise zittern, Wo über Mauern, welche halb verwittern, Ein wilder Lorbeerbusch die Zweige bieget. Und wann ich, stehend auf versteinten Pfählen, Den Blick hinaus in's dunkle Meer verliere, Dem fürder keine Dogen sich vermählen: Dann stört mich kaum im schweigenden Reviere, Herschallend aus entlegenen Kanälen, Von Zeit zu Zeit ein Ruf der Gondoliere. XXXII. Wenn tiefe Schwermuth meine Seele wieget, Mag's um die Buden am Rialto flittern: Um nicht den Geiſt im Tande zu zerſplittern, Such' ich die Stille, die den Tag beſieget. Dann blick' ich oft, an Bruͤcken angeſchmieget, In oͤde Wellen, die nur leiſe zittern, Wo uͤber Mauern, welche halb verwittern, Ein wilder Lorbeerbuſch die Zweige bieget. Und wann ich, ſtehend auf verſteinten Pfaͤhlen, Den Blick hinaus in's dunkle Meer verliere, Dem fuͤrder keine Dogen ſich vermaͤhlen: Dann ſtoͤrt mich kaum im ſchweigenden Reviere, Herſchallend aus entlegenen Kanaͤlen, Von Zeit zu Zeit ein Ruf der Gondoliere. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0210" n="200"/> </div> <div n="3"> <head>XXXII.<lb/></head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">W</hi>enn tiefe Schwermuth meine Seele wieget,</l><lb/> <l>Mag's um die Buden am Rialto flittern:</l><lb/> <l>Um nicht den Geiſt im Tande zu zerſplittern,</l><lb/> <l>Such' ich die Stille, die den Tag beſieget.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Dann blick' ich oft, an Bruͤcken angeſchmieget,</l><lb/> <l>In oͤde Wellen, die nur leiſe zittern,</l><lb/> <l>Wo uͤber Mauern, welche halb verwittern,</l><lb/> <l>Ein wilder Lorbeerbuſch die Zweige bieget.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Und wann ich, ſtehend auf verſteinten Pfaͤhlen,</l><lb/> <l>Den Blick hinaus in's dunkle Meer verliere,</l><lb/> <l>Dem fuͤrder keine Dogen ſich vermaͤhlen:</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Dann ſtoͤrt mich kaum im ſchweigenden Reviere,</l><lb/> <l>Herſchallend aus entlegenen Kanaͤlen,</l><lb/> <l>Von Zeit zu Zeit ein Ruf der Gondoliere.</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [200/0210]
XXXII.
Wenn tiefe Schwermuth meine Seele wieget,
Mag's um die Buden am Rialto flittern:
Um nicht den Geiſt im Tande zu zerſplittern,
Such' ich die Stille, die den Tag beſieget.
Dann blick' ich oft, an Bruͤcken angeſchmieget,
In oͤde Wellen, die nur leiſe zittern,
Wo uͤber Mauern, welche halb verwittern,
Ein wilder Lorbeerbuſch die Zweige bieget.
Und wann ich, ſtehend auf verſteinten Pfaͤhlen,
Den Blick hinaus in's dunkle Meer verliere,
Dem fuͤrder keine Dogen ſich vermaͤhlen:
Dann ſtoͤrt mich kaum im ſchweigenden Reviere,
Herſchallend aus entlegenen Kanaͤlen,
Von Zeit zu Zeit ein Ruf der Gondoliere.
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