Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.XXVII. Hier wuchs die Kunst wie eine Tulipane, Mit ihrer Farbenpracht dem Meer entstiegen, Hier scheint auf bunten Wolken sie zu fliegen, Gleich einer zauberischen Fee Morgane. Wie seyd ihr groß, ihr hohen Tiziane, Wie zart Bellin, dal Piombo wie gediegen, Und o wie lernt sich ird'scher Schmerz besiegen Vor Paolo's heiligem Sebastiane! Doch was auch Farb' und Pinsel hier vollbrachte, Der Meissel ist nicht ungebraucht geblieben, Und manchen Stein durchdringt das Schöngedachte: Ja, wen es je nach San Giulian getrieben, Damit er dort des Heilands Schlaf betrachte, Der muß den göttlichen Campagna lieben! XXVII. Hier wuchs die Kunſt wie eine Tulipane, Mit ihrer Farbenpracht dem Meer entſtiegen, Hier ſcheint auf bunten Wolken ſie zu fliegen, Gleich einer zauberiſchen Fee Morgane. Wie ſeyd ihr groß, ihr hohen Tiziane, Wie zart Bellin, dal Piombo wie gediegen, Und o wie lernt ſich ird'ſcher Schmerz beſiegen Vor Paolo's heiligem Sebaſtiane! Doch was auch Farb' und Pinſel hier vollbrachte, Der Meiſſel iſt nicht ungebraucht geblieben, Und manchen Stein durchdringt das Schoͤngedachte: Ja, wen es je nach San Giulian getrieben, Damit er dort des Heilands Schlaf betrachte, Der muß den goͤttlichen Campagna lieben! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0205" n="195"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">XXVII.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">H</hi>ier wuchs die Kunſt wie eine Tulipane,</l><lb/> <l>Mit ihrer Farbenpracht dem Meer entſtiegen,</l><lb/> <l>Hier ſcheint auf bunten Wolken ſie zu fliegen,</l><lb/> <l>Gleich einer zauberiſchen Fee Morgane.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Wie ſeyd ihr groß, ihr hohen Tiziane,</l><lb/> <l>Wie zart Bellin, dal Piombo wie gediegen,</l><lb/> <l>Und o wie lernt ſich ird'ſcher Schmerz beſiegen</l><lb/> <l>Vor Paolo's heiligem Sebaſtiane!</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Doch was auch Farb' und Pinſel hier vollbrachte,</l><lb/> <l>Der Meiſſel iſt nicht ungebraucht geblieben,</l><lb/> <l>Und manchen Stein durchdringt das Schoͤngedachte:</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ja, wen es je nach San Giulian getrieben,</l><lb/> <l>Damit er dort des Heilands Schlaf betrachte,</l><lb/> <l>Der muß den goͤttlichen Campagna lieben!</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [195/0205]
XXVII.
Hier wuchs die Kunſt wie eine Tulipane,
Mit ihrer Farbenpracht dem Meer entſtiegen,
Hier ſcheint auf bunten Wolken ſie zu fliegen,
Gleich einer zauberiſchen Fee Morgane.
Wie ſeyd ihr groß, ihr hohen Tiziane,
Wie zart Bellin, dal Piombo wie gediegen,
Und o wie lernt ſich ird'ſcher Schmerz beſiegen
Vor Paolo's heiligem Sebaſtiane!
Doch was auch Farb' und Pinſel hier vollbrachte,
Der Meiſſel iſt nicht ungebraucht geblieben,
Und manchen Stein durchdringt das Schoͤngedachte:
Ja, wen es je nach San Giulian getrieben,
Damit er dort des Heilands Schlaf betrachte,
Der muß den goͤttlichen Campagna lieben!
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