Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.II. Mädchens Nachruf. Schwalben ziehen, Blätter fallen, Und gesammelt liegt die Frucht: Ach, mit meinen Freuden allen Nahm auch er die rasche Flucht! Unter niederm Hüttendache Wohn' ich, jener im Pallast, Doch aus fürstlichem Gemache Trieb ihn Muth und Kampfeshast. Als des Frühroths erstes Tagen Mich vom Traume heut erweckt, War mit Dienern, Rossen, Wagen Dieser ganze Raum bedeckt. Und er kam im Jugendflore, Hob sich auf sein Pferd im Nu, Bebend stand ich unter'm Thore, Sah dem schönen Reiter zu. Und im leichten Morgenkleide
Trat zu ihm die Braut hervor, Diesmal ohne Gold und Seide, Doch wie er im Jugendflor. II. Maͤdchens Nachruf. Schwalben ziehen, Blaͤtter fallen, Und geſammelt liegt die Frucht: Ach, mit meinen Freuden allen Nahm auch er die raſche Flucht! Unter niederm Huͤttendache Wohn' ich, jener im Pallaſt, Doch aus fuͤrſtlichem Gemache Trieb ihn Muth und Kampfeshaſt. Als des Fruͤhroths erſtes Tagen Mich vom Traume heut erweckt, War mit Dienern, Roſſen, Wagen Dieſer ganze Raum bedeckt. Und er kam im Jugendflore, Hob ſich auf ſein Pferd im Nu, Bebend ſtand ich unter'm Thore, Sah dem ſchoͤnen Reiter zu. Und im leichten Morgenkleide
Trat zu ihm die Braut hervor, Diesmal ohne Gold und Seide, Doch wie er im Jugendflor. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0017" n="7"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Maͤdchens Nachruf.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l><hi rendition="#in">S</hi>chwalben ziehen, Blaͤtter fallen,</l><lb/> <l>Und geſammelt liegt die Frucht:</l><lb/> <l>Ach, mit meinen Freuden allen</l><lb/> <l>Nahm auch er die raſche Flucht!</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Unter niederm Huͤttendache</l><lb/> <l>Wohn' ich, jener im Pallaſt,</l><lb/> <l>Doch aus fuͤrſtlichem Gemache</l><lb/> <l>Trieb ihn Muth und Kampfeshaſt.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Als des Fruͤhroths erſtes Tagen</l><lb/> <l>Mich vom Traume heut erweckt,</l><lb/> <l>War mit Dienern, Roſſen, Wagen</l><lb/> <l>Dieſer ganze Raum bedeckt.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Und er kam im Jugendflore,</l><lb/> <l>Hob ſich auf ſein Pferd im Nu,</l><lb/> <l>Bebend ſtand ich unter'm Thore,</l><lb/> <l>Sah dem ſchoͤnen Reiter zu.</l><lb/> </lg> <lg n="5"> <l>Und im leichten Morgenkleide</l><lb/> <l>Trat zu ihm die Braut hervor,</l><lb/> <l>Diesmal ohne Gold und Seide,</l><lb/> <l>Doch wie er im Jugendflor.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [7/0017]
II.
Maͤdchens Nachruf.
Schwalben ziehen, Blaͤtter fallen,
Und geſammelt liegt die Frucht:
Ach, mit meinen Freuden allen
Nahm auch er die raſche Flucht!
Unter niederm Huͤttendache
Wohn' ich, jener im Pallaſt,
Doch aus fuͤrſtlichem Gemache
Trieb ihn Muth und Kampfeshaſt.
Als des Fruͤhroths erſtes Tagen
Mich vom Traume heut erweckt,
War mit Dienern, Roſſen, Wagen
Dieſer ganze Raum bedeckt.
Und er kam im Jugendflore,
Hob ſich auf ſein Pferd im Nu,
Bebend ſtand ich unter'm Thore,
Sah dem ſchoͤnen Reiter zu.
Und im leichten Morgenkleide
Trat zu ihm die Braut hervor,
Diesmal ohne Gold und Seide,
Doch wie er im Jugendflor.
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