Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.XXV. Ist's möglich, ein Geschöpf in der Natur zu seyn, Und stets und wiederum auf falscher Spur zu seyn? Ward nicht dieselbe Kraft, die dort im Sterne flammt, Bestimmt als Rose hier die Zier der Flur zu seyn? Was seufzt ihr euch zurück in's sonst'ge Paradies, Um wie das Sonnenlicht verklärt und pur zu seyn? Was wünscht ihr schmerzbewegt euch bald im Erden¬ schooß, Und über Wolken bald und im Azur zu seyn? Was forscht ihr früh und spat dem Quell des Uebels nach, Das doch kein andres ist, als Kreatur zu seyn? Sich selbst zu schau'n, erschuf der Ewige das All, Das ist der Schmerz des All's, ein Spiegel nur zu seyn! XXV. Iſt's moͤglich, ein Geſchoͤpf in der Natur zu ſeyn, Und ſtets und wiederum auf falſcher Spur zu ſeyn? Ward nicht dieſelbe Kraft, die dort im Sterne flammt, Beſtimmt als Roſe hier die Zier der Flur zu ſeyn? Was ſeufzt ihr euch zuruͤck in's ſonſt'ge Paradies, Um wie das Sonnenlicht verklaͤrt und pur zu ſeyn? Was wuͤnſcht ihr ſchmerzbewegt euch bald im Erden¬ ſchooß, Und uͤber Wolken bald und im Azur zu ſeyn? Was forſcht ihr fruͤh und ſpat dem Quell des Uebels nach, Das doch kein andres iſt, als Kreatur zu ſeyn? Sich ſelbſt zu ſchau'n, erſchuf der Ewige das All, Das iſt der Schmerz des All's, ein Spiegel nur zu ſeyn! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0153" n="143"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">XXV.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">I</hi>ſt's moͤglich, ein Geſchoͤpf in der Natur zu ſeyn,</l><lb/> <l>Und ſtets und wiederum auf falſcher Spur zu ſeyn?</l><lb/> <l>Ward nicht dieſelbe Kraft, die dort im Sterne flammt,</l><lb/> <l>Beſtimmt als Roſe hier die Zier der Flur zu ſeyn?</l><lb/> <l>Was ſeufzt ihr euch zuruͤck in's ſonſt'ge Paradies,</l><lb/> <l>Um wie das Sonnenlicht verklaͤrt und pur zu ſeyn?</l><lb/> <l>Was wuͤnſcht ihr ſchmerzbewegt euch bald im Erden¬<lb/><hi rendition="#et">ſchooß,</hi></l><lb/> <l>Und uͤber Wolken bald und im Azur zu ſeyn?</l><lb/> <l>Was forſcht ihr fruͤh und ſpat dem Quell des Uebels<lb/><hi rendition="#et">nach,</hi></l><lb/> <l>Das doch kein andres iſt, als Kreatur zu ſeyn?</l><lb/> <l>Sich ſelbſt zu ſchau'n, erſchuf der Ewige das All,</l><lb/> <l>Das iſt der Schmerz des All's, ein Spiegel nur zu<lb/><hi rendition="#et">ſeyn!</hi></l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [143/0153]
XXV.
Iſt's moͤglich, ein Geſchoͤpf in der Natur zu ſeyn,
Und ſtets und wiederum auf falſcher Spur zu ſeyn?
Ward nicht dieſelbe Kraft, die dort im Sterne flammt,
Beſtimmt als Roſe hier die Zier der Flur zu ſeyn?
Was ſeufzt ihr euch zuruͤck in's ſonſt'ge Paradies,
Um wie das Sonnenlicht verklaͤrt und pur zu ſeyn?
Was wuͤnſcht ihr ſchmerzbewegt euch bald im Erden¬
ſchooß,
Und uͤber Wolken bald und im Azur zu ſeyn?
Was forſcht ihr fruͤh und ſpat dem Quell des Uebels
nach,
Das doch kein andres iſt, als Kreatur zu ſeyn?
Sich ſelbſt zu ſchau'n, erſchuf der Ewige das All,
Das iſt der Schmerz des All's, ein Spiegel nur zu
ſeyn!
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