Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.Rubajat. 1. Wenn ich Schenkenwangen küsse, denk' ich, wären's deine nur! Möchtest du an seiner Stelle kommen mit dem Weine nur! Sprich, warum, wenn auf den Straßen ich begegne dir, warum, Statt in's Auge mir zu blicken, blickst du auf die Steine nur? 2. Habt ihr nie gesehn im Walde, daß auf trübem Wasser¬ schlamm Eine Lilie bescheiden, mit unzähl'gen Blüthen, schwamm? Dieses Volks geschwätz'ge Leere gleicht gestand'nem, trock¬ nem Pfuhl, Deines Wesens ew'ge Jugend ist des Lebens grüner Stamm. 3. Da ich für des Lebens Mühen hab' erfleht zum Lohne dich,
Welch ein Recht erwarb die Stunde, zu verstreichen ohne dich? Komm, o komm! Doch willst du ferne bleiben, sey auch fern beglückt: Liebe, Liebe nur umgaukle, Friede nur umwohne dich! Rubajat. 1. Wenn ich Schenkenwangen kuͤſſe, denk' ich, waͤren's deine nur! Moͤchteſt du an ſeiner Stelle kommen mit dem Weine nur! Sprich, warum, wenn auf den Straßen ich begegne dir, warum, Statt in's Auge mir zu blicken, blickſt du auf die Steine nur? 2. Habt ihr nie geſehn im Walde, daß auf truͤbem Waſſer¬ ſchlamm Eine Lilie beſcheiden, mit unzaͤhl'gen Bluͤthen, ſchwamm? Dieſes Volks geſchwaͤtz'ge Leere gleicht geſtand'nem, trock¬ nem Pfuhl, Deines Weſens ew'ge Jugend iſt des Lebens gruͤner Stamm. 3. Da ich fuͤr des Lebens Muͤhen hab' erfleht zum Lohne dich,
Welch ein Recht erwarb die Stunde, zu verſtreichen ohne dich? Komm, o komm! Doch willſt du ferne bleiben, ſey auch fern begluͤckt: Liebe, Liebe nur umgaukle, Friede nur umwohne dich! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb n="111" facs="#f0121"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Rubajat.</hi><lb/> </head> <div n="4"> <head>1.<lb/></head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">W</hi>enn ich Schenkenwangen kuͤſſe, denk' ich, waͤren's<lb/><hi rendition="#et">deine nur!</hi></l><lb/> <l>Moͤchteſt du an ſeiner Stelle kommen mit dem Weine nur!</l><lb/> <l>Sprich, warum, wenn auf den Straßen ich begegne dir,<lb/><hi rendition="#et">warum,</hi></l><lb/> <l>Statt in's Auge mir zu blicken, blickſt du auf die Steine<lb/><hi rendition="#et">nur?</hi></l><lb/> </lg> </div> <div n="4"> <head>2.<lb/></head> <lg type="poem"> <l>Habt ihr nie geſehn im Walde, daß auf truͤbem Waſſer¬<lb/><hi rendition="#et">ſchlamm</hi></l><lb/> <l>Eine Lilie beſcheiden, mit unzaͤhl'gen Bluͤthen, ſchwamm?</l><lb/> <l>Dieſes Volks geſchwaͤtz'ge Leere gleicht geſtand'nem, trock¬<lb/><hi rendition="#et">nem Pfuhl,</hi></l><lb/> <l>Deines Weſens ew'ge Jugend iſt des Lebens gruͤner<lb/><hi rendition="#et">Stamm.</hi></l><lb/> </lg> </div> <div n="4"> <head>3.<lb/></head> <lg type="poem"> <l>Da ich fuͤr des Lebens Muͤhen hab' erfleht zum Lohne dich,</l><lb/> <l>Welch ein Recht erwarb die Stunde, zu verſtreichen ohne<lb/><hi rendition="#et">dich?</hi></l><lb/> <l>Komm, o komm! Doch willſt du ferne bleiben, ſey auch<lb/><hi rendition="#et">fern begluͤckt:</hi></l><lb/> <l>Liebe, Liebe nur umgaukle, Friede nur umwohne dich!</l><lb/> </lg> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0121]
Rubajat.
1.
Wenn ich Schenkenwangen kuͤſſe, denk' ich, waͤren's
deine nur!
Moͤchteſt du an ſeiner Stelle kommen mit dem Weine nur!
Sprich, warum, wenn auf den Straßen ich begegne dir,
warum,
Statt in's Auge mir zu blicken, blickſt du auf die Steine
nur?
2.
Habt ihr nie geſehn im Walde, daß auf truͤbem Waſſer¬
ſchlamm
Eine Lilie beſcheiden, mit unzaͤhl'gen Bluͤthen, ſchwamm?
Dieſes Volks geſchwaͤtz'ge Leere gleicht geſtand'nem, trock¬
nem Pfuhl,
Deines Weſens ew'ge Jugend iſt des Lebens gruͤner
Stamm.
3.
Da ich fuͤr des Lebens Muͤhen hab' erfleht zum Lohne dich,
Welch ein Recht erwarb die Stunde, zu verſtreichen ohne
dich?
Komm, o komm! Doch willſt du ferne bleiben, ſey auch
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Liebe, Liebe nur umgaukle, Friede nur umwohne dich!
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/121>, abgerufen am 03.03.2025. |