Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.II. O scheue dich nicht, in Noth zu seyn, Von Liebesgefahr bedroht zu seyn, Auf schäumendem Meer des Glücks bestürmt Ein schaukelgewohntes Boot zu seyn! O scheue dich nicht, daß nicht du bist, Was unser Prophet gebot zu seyn! Wie schön, in der Wage Mustafa's Wenn auch nur ein leichtes Loth zu seyn! Schattirungen liebt die Tulpe zwar, Doch freut sich die Rose, roth zu seyn: Wer sehnte sich nicht, um stets zu blühn Im Liede, wie Hafis todt zu seyn? III. O nimm die Rosen auf, und um den Becher schlinge, Daß duftig sey der Trank, gewobne Rosenringe! Verletzen mögt ihr mich, ihr kalten, Liebelosen, Doch wenn berauscht ich bin, eracht' ich euch geringe! Was ihr ergrübeln wollt, es raubt mir nicht die Ruhe: Geheim entsteht das Ich, geheim entstehn die Dinge; Doch hört, was Hafis spricht: Der Wein, was ist er? Sonne. Die Schaale? Halber Mond. Die Sonn' im Monde bringe! II. O ſcheue dich nicht, in Noth zu ſeyn, Von Liebesgefahr bedroht zu ſeyn, Auf ſchaͤumendem Meer des Gluͤcks beſtuͤrmt Ein ſchaukelgewohntes Boot zu ſeyn! O ſcheue dich nicht, daß nicht du biſt, Was unſer Prophet gebot zu ſeyn! Wie ſchoͤn, in der Wage Muſtafa's Wenn auch nur ein leichtes Loth zu ſeyn! Schattirungen liebt die Tulpe zwar, Doch freut ſich die Roſe, roth zu ſeyn: Wer ſehnte ſich nicht, um ſtets zu bluͤhn Im Liede, wie Hafis todt zu ſeyn? III. O nimm die Roſen auf, und um den Becher ſchlinge, Daß duftig ſey der Trank, gewobne Roſenringe! Verletzen moͤgt ihr mich, ihr kalten, Liebeloſen, Doch wenn berauſcht ich bin, eracht' ich euch geringe! Was ihr ergruͤbeln wollt, es raubt mir nicht die Ruhe: Geheim entſteht das Ich, geheim entſtehn die Dinge; Doch hoͤrt, was Hafis ſpricht: Der Wein, was iſt er? Sonne. Die Schaale? Halber Mond. Die Sonn' im Monde bringe! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb n="104" facs="#f0114"/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#aq">II.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">O</hi> ſcheue dich nicht, in Noth zu ſeyn,</l><lb/> <l>Von Liebesgefahr bedroht zu ſeyn,</l><lb/> <l>Auf ſchaͤumendem Meer des Gluͤcks beſtuͤrmt</l><lb/> <l>Ein ſchaukelgewohntes Boot zu ſeyn!</l><lb/> <l>O ſcheue dich nicht, daß nicht du biſt,</l><lb/> <l>Was unſer Prophet gebot zu ſeyn!</l><lb/> <l>Wie ſchoͤn, in der Wage Muſtafa's</l><lb/> <l>Wenn auch nur ein leichtes Loth zu ſeyn!</l><lb/> <l>Schattirungen liebt die Tulpe zwar,</l><lb/> <l>Doch freut ſich die Roſe, roth zu ſeyn:</l><lb/> <l>Wer ſehnte ſich nicht, um ſtets zu bluͤhn</l><lb/> <l>Im Liede, wie <hi rendition="#g">Hafis</hi> todt zu ſeyn?</l><lb/> </lg> </div> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#aq">III.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <l><hi rendition="#in">O</hi> nimm die Roſen auf, und um den Becher ſchlinge,</l><lb/> <l>Daß duftig ſey der Trank, gewobne Roſenringe!</l><lb/> <l>Verletzen moͤgt ihr mich, ihr kalten, Liebeloſen,</l><lb/> <l>Doch wenn berauſcht ich bin, eracht' ich euch geringe!</l><lb/> <l>Was ihr ergruͤbeln wollt, es raubt mir nicht die Ruhe:</l><lb/> <l>Geheim entſteht das Ich, geheim entſtehn die Dinge;</l><lb/> <l>Doch hoͤrt, was <hi rendition="#g">Hafis</hi> ſpricht: Der Wein, was iſt<lb/><hi rendition="#et">er? Sonne.</hi></l><lb/> <l>Die Schaale? Halber Mond. Die Sonn' im Monde<lb/><hi rendition="#et">bringe!</hi></l><lb/> </lg> </div> <milestone unit="section" rendition="#hr"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0114]
II.
O ſcheue dich nicht, in Noth zu ſeyn,
Von Liebesgefahr bedroht zu ſeyn,
Auf ſchaͤumendem Meer des Gluͤcks beſtuͤrmt
Ein ſchaukelgewohntes Boot zu ſeyn!
O ſcheue dich nicht, daß nicht du biſt,
Was unſer Prophet gebot zu ſeyn!
Wie ſchoͤn, in der Wage Muſtafa's
Wenn auch nur ein leichtes Loth zu ſeyn!
Schattirungen liebt die Tulpe zwar,
Doch freut ſich die Roſe, roth zu ſeyn:
Wer ſehnte ſich nicht, um ſtets zu bluͤhn
Im Liede, wie Hafis todt zu ſeyn?
III.
O nimm die Roſen auf, und um den Becher ſchlinge,
Daß duftig ſey der Trank, gewobne Roſenringe!
Verletzen moͤgt ihr mich, ihr kalten, Liebeloſen,
Doch wenn berauſcht ich bin, eracht' ich euch geringe!
Was ihr ergruͤbeln wollt, es raubt mir nicht die Ruhe:
Geheim entſteht das Ich, geheim entſtehn die Dinge;
Doch hoͤrt, was Hafis ſpricht: Der Wein, was iſt
er? Sonne.
Die Schaale? Halber Mond. Die Sonn' im Monde
bringe!
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gedichte_1828/114>, abgerufen am 03.03.2025. |