Platen, August von: Gedichte. Stuttgart, 1828.XX. Wie die Lilje sey dein Busen offen, ohne Groll; Aber wie die keusche Rose sey er tief und voll! Laß den Schmerz in deiner Seele wogen auf und ab, Da so oft dem Quell des Leidens dein Gesang entquoll! Peinigt dich ein Liebeskummer, sey getrost, o Herz! Traurig macht verschmähte Liebe, doch beglückte toll; Wäre Daphne nicht entronnen ihres Buhlen Arm, Welchen Kranz um seine Lyra schlänge dann Apoll? Fürchte nicht zu sterben, Guter! denn das Leben trügt: Gib der Erde gern den lezten, schauderhaften Zoll! Laß das welke Blatt vom Baume stürzen in den Teich, Weil es noch im Todestaumel sich berauschen soll! v. Platen's Gedichte. 7
XX. Wie die Lilje ſey dein Buſen offen, ohne Groll; Aber wie die keuſche Roſe ſey er tief und voll! Laß den Schmerz in deiner Seele wogen auf und ab, Da ſo oft dem Quell des Leidens dein Geſang entquoll! Peinigt dich ein Liebeskummer, ſey getroſt, o Herz! Traurig macht verſchmaͤhte Liebe, doch begluͤckte toll; Waͤre Daphne nicht entronnen ihres Buhlen Arm, Welchen Kranz um ſeine Lyra ſchlaͤnge dann Apoll? Fuͤrchte nicht zu ſterben, Guter! denn das Leben truͤgt: Gib der Erde gern den lezten, ſchauderhaften Zoll! Laß das welke Blatt vom Baume ſtuͤrzen in den Teich, Weil es noch im Todestaumel ſich berauſchen ſoll! v. Platen's Gedichte. 7
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XX.
Wie die Lilje ſey dein Buſen offen, ohne Groll;
Aber wie die keuſche Roſe ſey er tief und voll!
Laß den Schmerz in deiner Seele wogen auf und ab,
Da ſo oft dem Quell des Leidens dein Geſang entquoll!
Peinigt dich ein Liebeskummer, ſey getroſt, o Herz!
Traurig macht verſchmaͤhte Liebe, doch begluͤckte toll;
Waͤre Daphne nicht entronnen ihres Buhlen Arm,
Welchen Kranz um ſeine Lyra ſchlaͤnge dann Apoll?
Fuͤrchte nicht zu ſterben, Guter! denn das Leben truͤgt:
Gib der Erde gern den lezten, ſchauderhaften Zoll!
Laß das welke Blatt vom Baume ſtuͤrzen in den Teich,
Weil es noch im Todestaumel ſich berauſchen ſoll!
v. Platen's Gedichte. 7
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