Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826.Zweiter Akt. Platz vor dem Hause des Mopsus. Mopsus. Wer kann sich frei erhalten von Versuchungen, Und wär' er in Arkadien auch, von Wünschen frei? Wenn Einer sich in einen Zobelpelz verliebt, Zieht's ihn aus freien Stücken nach Sibirien. Durch mein Gelust veröd' ich dieß Elysium, Wie den Heroen biblischer Sylbenstecherei Das Paradies zur Wüste wird durch eignen Wust. Vergebens sagt die Phyllis, meine Frau, zu mir: Geneuß das Leben, spare nicht für's Rittergut, Das doch ja blos an der Hoffnung Vorgebirge liegt! Was frommte dir nach einem halben Säculum Beständiger Entbehrungen ein Rittergut, Wenn dir in schlaffer Hose knackt das morsche Knie? Du solltest lieber idyllisch an des kühlen Quells Krystallnen Fluthen liegen mit dem Dudelsack! Doch ich entgegne meiner Frau gewöhniglich: Sey weniger fruchtbar, oder ich sende deine Brut Ins Findelhaus, wie Rousseau, der Erzieher, that Mit seines Weibs Emilen und Emilien, Wovon vielleicht noch Manche lebt und unbewußt Ueber ihres Rabenvaters Heloise gähnt. Zweiter Akt. Platz vor dem Hauſe des Mopſus. Mopſus. Wer kann ſich frei erhalten von Verſuchungen, Und waͤr' er in Arkadien auch, von Wuͤnſchen frei? Wenn Einer ſich in einen Zobelpelz verliebt, Zieht's ihn aus freien Stuͤcken nach Sibirien. Durch mein Geluſt veroͤd' ich dieß Elyſium, Wie den Heroen bibliſcher Sylbenſtecherei Das Paradies zur Wuͤſte wird durch eignen Wuſt. Vergebens ſagt die Phyllis, meine Frau, zu mir: Geneuß das Leben, ſpare nicht fuͤr's Rittergut, Das doch ja blos an der Hoffnung Vorgebirge liegt! Was frommte dir nach einem halben Saͤculum Beſtaͤndiger Entbehrungen ein Rittergut, Wenn dir in ſchlaffer Hoſe knackt das morſche Knie? Du ſollteſt lieber idylliſch an des kuͤhlen Quells Kryſtallnen Fluthen liegen mit dem Dudelſack! Doch ich entgegne meiner Frau gewoͤhniglich: Sey weniger fruchtbar, oder ich ſende deine Brut Ins Findelhaus, wie Rouſſeau, der Erzieher, that Mit ſeines Weibs Emilen und Emilien, Wovon vielleicht noch Manche lebt und unbewußt Ueber ihres Rabenvaters Heloiſe gaͤhnt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0027" n="[21]"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Zweiter Akt</hi>.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <stage> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Platz vor dem Hauſe des Mopſus</hi>.</hi> </stage><lb/> <sp who="#MOP"> <speaker> <hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Mopſus</hi>.</hi> </speaker><lb/> <p>Wer kann ſich frei erhalten von Verſuchungen,<lb/> Und waͤr' er in Arkadien auch, von Wuͤnſchen frei?<lb/> Wenn Einer ſich in einen Zobelpelz verliebt,<lb/> Zieht's ihn aus freien Stuͤcken nach Sibirien.<lb/> Durch mein Geluſt veroͤd' ich dieß Elyſium,<lb/> Wie den Heroen bibliſcher Sylbenſtecherei<lb/> Das Paradies zur Wuͤſte wird durch eignen Wuſt.<lb/> Vergebens ſagt die Phyllis, meine Frau, zu mir:<lb/> Geneuß das Leben, ſpare nicht fuͤr's Rittergut,<lb/> Das doch ja blos an der Hoffnung Vorgebirge liegt!<lb/> Was frommte dir nach einem halben Saͤculum<lb/> Beſtaͤndiger Entbehrungen ein Rittergut,<lb/> Wenn dir in ſchlaffer Hoſe knackt das morſche Knie?<lb/> Du ſollteſt lieber idylliſch an des kuͤhlen Quells<lb/> Kryſtallnen Fluthen liegen mit dem Dudelſack!<lb/> Doch ich entgegne meiner Frau gewoͤhniglich:<lb/> Sey weniger fruchtbar, oder ich ſende deine Brut<lb/> Ins Findelhaus, wie Rouſſeau, der Erzieher, that<lb/> Mit ſeines Weibs Emilen und Emilien,<lb/> Wovon vielleicht noch Manche lebt und unbewußt<lb/> Ueber ihres Rabenvaters Heloiſe gaͤhnt.</p><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[21]/0027]
Zweiter Akt.
Platz vor dem Hauſe des Mopſus.
Mopſus.
Wer kann ſich frei erhalten von Verſuchungen,
Und waͤr' er in Arkadien auch, von Wuͤnſchen frei?
Wenn Einer ſich in einen Zobelpelz verliebt,
Zieht's ihn aus freien Stuͤcken nach Sibirien.
Durch mein Geluſt veroͤd' ich dieß Elyſium,
Wie den Heroen bibliſcher Sylbenſtecherei
Das Paradies zur Wuͤſte wird durch eignen Wuſt.
Vergebens ſagt die Phyllis, meine Frau, zu mir:
Geneuß das Leben, ſpare nicht fuͤr's Rittergut,
Das doch ja blos an der Hoffnung Vorgebirge liegt!
Was frommte dir nach einem halben Saͤculum
Beſtaͤndiger Entbehrungen ein Rittergut,
Wenn dir in ſchlaffer Hoſe knackt das morſche Knie?
Du ſollteſt lieber idylliſch an des kuͤhlen Quells
Kryſtallnen Fluthen liegen mit dem Dudelſack!
Doch ich entgegne meiner Frau gewoͤhniglich:
Sey weniger fruchtbar, oder ich ſende deine Brut
Ins Findelhaus, wie Rouſſeau, der Erzieher, that
Mit ſeines Weibs Emilen und Emilien,
Wovon vielleicht noch Manche lebt und unbewußt
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Zitationshilfe: | Platen, August von: Die verhängnißvolle Gabel. Stuttgart u. a., 1826, S. [21]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/platen_gabel_1826/27>, abgerufen am 22.02.2025. |