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Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

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Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch] hen/ jedoch ohne außschlagen noch außstreichen/ eben
so wenig als die Croupaden.
6. Die hohen Croupaden sind eine Schule mit
Macht und Stärcke/ und kommen den capriolen
sehr nahe/ wenn aber das Pferd nicht außschläget o-
der außstreichet/ so wird diese Schule hohe Croupaden
genennet.
7. Die Capriolen sind Sprünge von grosser Höhe/
und einer gantz sonderlichen Stärcke/ und wenn das
Pferd in seiner grössesten Höhe sich befindet/ so schlägt
und streicht es auß/ aus seiner gantzen Macht/ als
wenn es sich selber/ dem Ansehen nach/ mit sothanen
ungestümen Ausschlagen von einander theilen wolte.
Ein Pferd das wol abgerichtet in den Capriolen
zu nennen/ soll zwischen den Seulen springen/ stet
und steiff/ langs einem Carrier gerade hin und her ge-
hen/ in die Runde/ welches man auff den Volten
springen nennet/ und endlich hinter sich und vor sich/
und auf beyde Seiten/ welches man Creutz-Caprio-
len
heisset/ und so lange/ daß es alles obgemeldte voll-
bringet/ ohne Erhitzung/ ohne Boßheit/ ohne Wi-
dersetzung und Ubereilung/ und daß es nicht auf die
Faust dringet oder auff die Schenckel sich leget.
Wenn man ein solches Pferd antrifft/ das könte
man wol vollkommen und völlig abgerichtet heissen.
8. Die Sprünge oder Schulen von einem tempo
sind eine gantz sonderbahre und schöne Schule/ an
Stärcke und Macht/ auch vornen und hinten gantz
gleich.
Das Pferd muß sich mit allen vier Füssen zusam-
men in die Höhe begeben/ und mit den vier Eisen zu-
gleich wieder auff den Boden fallen/ mit solcher
Gleichheit und Richtigkeit/ daß man nicht mehr als
einen Schlag höret/ wenn es herab fällt/ hernach
muß es sich auch alsofort mit eben der Cadentz wieder
erheben/ und so viel tempo machen als seine Stärcke
und Macht zulassen wil. Diese Schule ist die aller-
schwerste/ unter allen Schulen in die Höhe/ wie auch
die allerseltzamste und ungemeineste/ und sind wenig
Pferd die in dieser Schule continuiren. Was mich an-
langet/ so habe ich derselben niemals mehr als zwey
gesehen/ seit fünff und zwanzig Jahren her/ daß ich
dieser Kunst obgelegen.
Die allerleichteste/ nach meiner Meinung/ wird
unterschiedlich genennet. Etliche nennen sie den
Schritt der Sprung; Andere sagen zwey Schritt/
der Sprung; Einige wollen es nennen einen Schritt/
eine Courbette, und einen Sprung; Was mich be-
trifft/ solte ich meines Erachtens nicht irren/ wenn ich
sie nennete eine Schule von zwey tempo, und einen
Sprung/ weil nothwendig diese Cadentz oder Maaß
darbey in Acht genommen werden muß: die Pferde
bleiben gerne bey dieser Schule/ dieweil die Zeit/ die
sie haben/ sie nicht verunruhiget/ und gar wenig be-
schweret/ welches ihnen eine Lust gibt. Dieses ist/
was ich euch von den Schulen über der Erden lehren
wollen/ und würde sehr erfruet seyn/ wenn ich
euch hierinen einige Vergnügung werde
gegeben haben.
[Spaltenumbruch]
Von dem Ring-Rennen/ Lantzen-
brechen und Kopffren-
nen.

MAn lässet sich zimlich angelegen seyn/ daß man
nicht in Vergessenheit gerahte/ in dessen Anse-
hung habe ich dieses erste Capitel davon anfangen
wollen.

Es findet sich/ sagt man/ Leute/ die in dieser Be-
gebenheit eine natürliche Zuneigung zu der Ubung in
der Reit-Kunst haben/ und die/ ohne Erlernung
derselben/ alsbald Anfangs etwas annehmliches in
ihrer Positur und Fest-Sitzung an den Tag geben/
dergleichen saget man auch von den Waffen/ und
Tantzen/ und andern Leibes-Ubungen. Aber was das
Ringrennen anlanget/ sehen wir niemand/ ins ge-
mein davon zu reden/ der entweder Geschicklichkeit
oder Wolanständigkeit/ oder eine rechte Art in dieser
Ubung erweise/ wo er nicht wol darinnen unterrichtet/
und solche eine Zeitlang geübet/ ob solche schon/ die
Warheit zusagen/ die jenige unter allen ist/ welche
mehr einen Reuter zu erkennen giebt/ indem sie eine
von den allerschönsten Handlungen ist/ so sehr zierlich
in ihrer Vorstellung und Außübung seyn soll.

Was mich anlanget/ so halte ich sie für die aller-
schwereste/ denn weil sie offentlich geschicht/ so begeh-
ret man darinnen sich sonderlich sehen zu lassen/ und
diese Eifersucht oder Begierde wol zu thun/ gebieret
offt eine widerwertige Wirckung/ also daß das Ge-
müth von solcher Begierde sich darein zu begeben
übernehmen lässer/ und sich nicht erinnert/ was zu ei-
nem schönen Rennen erfordert wird.

Uber dieses geschicht diese Ubung zum öfftersten/
dem Frauenzimmer eine Ergetzlichkeit zu machen/ wie
es denn auch allein das jenige ist/ warum sie den Preiß
geben/ und also ihnen zugefallen befindet sich ein jed-
weder von der Ehre eingenommen/ sie zu vergnügen/
und ist man bemühet in gemein sich vollkommen und
beliebt gegen eine und andere insonderheit zu erwei-
sen.

Also reitzet die ehrgeitzige Begierde den Preiß da-
von zu tragen uns mit so dringender Hitze an/ daß al-
ler dieser Eifer und Begierde/ welche die Bewegun-
gen unsers Gemüths einnimmet/ gar offt machet/
daß einer die gute Postur verlieret/ welches den Feh-
ler und Ubelanstädigkeit in dieser schönen Handlung
verursachet/ die in allem just und recht seyn solte. Da-
hero ich einem Cavalier rathe/ sich also vollkommen zu
machen/ damit er der Vergnügung geniessen möge
davon ich geredet habe; über dieses rathe ich allen
tapfferen Cavalieren, sich nicht auff die Rennbahn zu
begeben/ und sich dieser Ubung auff offenen Platzen zu
enthalten/ ehe und bevor sie insonderheit ihrer Sachen
gewiß sind.

Dieweil denn/ gedachter massen/ diese Ubung ge-
meiniglich im Anschauen der Damen geschicht/ und
dieselben ihnen düncken lassen mehr Recht und Frey-
heit zu haben/ die übel-geschickten zu beschimpffen/ so
rathe ich einem verständigen Cavalier, sich nicht in die-
se Gefahr zu begeben/ auß Beysorge eines mercklichen
Praejudizes an seiner Ehre/ welche ihm einige Streit-
händel verursachen könte.

Von
Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch] hen/ jedoch ohne außſchlagen noch außſtreichen/ eben
ſo wenig als die Croupaden.
6. Die hohen Croupaden ſind eine Schule mit
Macht und Staͤrcke/ und kommen den capriolen
ſehr nahe/ wenn aber das Pferd nicht außſchlaͤget o-
der außſtreichet/ ſo wird dieſe Schule hohe Croupaden
genennet.
7. Die Capriolen ſind Spruͤnge von groſſer Hoͤhe/
und einer gantz ſonderlichen Staͤrcke/ und wenn das
Pferd in ſeiner groͤſſeſten Hoͤhe ſich befindet/ ſo ſchlaͤgt
und ſtreicht es auß/ aus ſeiner gantzen Macht/ als
wenn es ſich ſelber/ dem Anſehen nach/ mit ſothanen
ungeſtuͤmen Ausſchlagen von einander theilen wolte.
Ein Pferd das wol abgerichtet in den Capriolen
zu nennen/ ſoll zwiſchen den Seulen ſpringen/ ſtet
und ſteiff/ langs einem Carrier gerade hin und her ge-
hen/ in die Runde/ welches man auff den Volten
ſpringen nennet/ und endlich hinter ſich und vor ſich/
und auf beyde Seiten/ welches man Creutz-Caprio-
len
heiſſet/ und ſo lange/ daß es alles obgemeldte voll-
bringet/ ohne Erhitzung/ ohne Boßheit/ ohne Wi-
derſetzung und Ubereilung/ und daß es nicht auf die
Fauſt dringet oder auff die Schenckel ſich leget.
Wenn man ein ſolches Pferd antrifft/ das koͤnte
man wol vollkommen und voͤllig abgerichtet heiſſen.
8. Die Spruͤnge oder Schulen von einem tempo
ſind eine gantz ſonderbahre und ſchoͤne Schule/ an
Staͤrcke und Macht/ auch vornen und hinten gantz
gleich.
Das Pferd muß ſich mit allen vier Fuͤſſen zuſam-
men in die Hoͤhe begeben/ und mit den vier Eiſen zu-
gleich wieder auff den Boden fallen/ mit ſolcher
Gleichheit und Richtigkeit/ daß man nicht mehr als
einen Schlag hoͤret/ wenn es herab faͤllt/ hernach
muß es ſich auch alſofort mit eben der Cadentz wieder
erheben/ und ſo viel tempo machen als ſeine Staͤrcke
und Macht zulaſſen wil. Dieſe Schule iſt die aller-
ſchwerſte/ unter allen Schulen in die Hoͤhe/ wie auch
die allerſeltzamſte und ungemeineſte/ und ſind wenig
Pferd die in dieſer Schule continuirẽ. Was mich an-
langet/ ſo habe ich derſelben niemals mehr als zwey
geſehen/ ſeit fuͤnff und zwanzig Jahren her/ daß ich
dieſer Kunſt obgelegen.
Die allerleichteſte/ nach meiner Meinung/ wird
unterſchiedlich genennet. Etliche nennen ſie den
Schritt der Sprung; Andere ſagen zwey Schritt/
der Sprung; Einige wollen es nennen einen Schritt/
eine Courbette, und einen Sprung; Was mich be-
trifft/ ſolte ich meines Erachtens nicht irren/ wenn ich
ſie nennete eine Schule von zwey tempo, und einen
Sprung/ weil nothwendig dieſe Cadentz oder Maaß
darbey in Acht genommen werden muß: die Pferde
bleiben gerne bey dieſer Schule/ dieweil die Zeit/ die
ſie haben/ ſie nicht verunruhiget/ und gar wenig be-
ſchweret/ welches ihnen eine Luſt gibt. Dieſes iſt/
was ich euch von den Schulen uͤber der Erden lehren
wollen/ und wuͤrde ſehr erfruet ſeyn/ wenn ich
euch hierinen einige Vergnuͤgung werde
gegeben haben.
[Spaltenumbruch]
Von dem Ring-Rennen/ Lantzen-
brechen und Kopffren-
nen.

MAn laͤſſet ſich zimlich angelegen ſeyn/ daß man
nicht in Vergeſſenheit gerahte/ in deſſen Anſe-
hung habe ich dieſes erſte Capitel davon anfangen
wollen.

Es findet ſich/ ſagt man/ Leute/ die in dieſer Be-
gebenheit eine natuͤrliche Zuneigung zu der Ubung in
der Reit-Kunſt haben/ und die/ ohne Erlernung
derſelben/ alsbald Anfangs etwas annehmliches in
ihrer Poſitur und Feſt-Sitzung an den Tag geben/
dergleichen ſaget man auch von den Waffen/ und
Tantzen/ und andern Leibes-Ubungen. Aber was das
Ringrennen anlanget/ ſehen wir niemand/ ins ge-
mein davon zu reden/ der entweder Geſchicklichkeit
oder Wolanſtaͤndigkeit/ oder eine rechte Art in dieſer
Ubung erweiſe/ wo er nicht wol darinnen unterrichtet/
und ſolche eine Zeitlang geuͤbet/ ob ſolche ſchon/ die
Warheit zuſagen/ die jenige unter allen iſt/ welche
mehr einen Reuter zu erkennen giebt/ indem ſie eine
von den allerſchoͤnſten Handlungen iſt/ ſo ſehr zierlich
in ihrer Vorſtellung und Außuͤbung ſeyn ſoll.

Was mich anlanget/ ſo halte ich ſie fuͤr die aller-
ſchwereſte/ denn weil ſie offentlich geſchicht/ ſo begeh-
ret man darinnen ſich ſonderlich ſehen zu laſſen/ und
dieſe Eiferſucht oder Begierde wol zu thun/ gebieret
offt eine widerwertige Wirckung/ alſo daß das Ge-
muͤth von ſolcher Begierde ſich darein zu begeben
uͤbernehmen laͤſſer/ und ſich nicht erinnert/ was zu ei-
nem ſchoͤnen Rennen erfordert wird.

Uber dieſes geſchicht dieſe Ubung zum oͤffterſten/
dem Frauenzimmer eine Ergetzlichkeit zu machen/ wie
es denn auch allein das jenige iſt/ warum ſie den Preiß
geben/ und alſo ihnen zugefallen befindet ſich ein jed-
weder von der Ehre eingenommen/ ſie zu vergnuͤgen/
und iſt man bemuͤhet in gemein ſich vollkommen und
beliebt gegen eine und andere inſonderheit zu erwei-
ſen.

Alſo reitzet die ehrgeitzige Begierde den Preiß da-
von zu tragen uns mit ſo dringender Hitze an/ daß al-
ler dieſer Eifer und Begierde/ welche die Bewegun-
gen unſers Gemuͤths einnimmet/ gar offt machet/
daß einer die gute Poſtur verlieret/ welches den Feh-
ler und Ubelanſtaͤdigkeit in dieſer ſchoͤnen Handlung
verurſachet/ die in allem juſt und recht ſeyn ſolte. Da-
hero ich einem Cavalier rathe/ ſich alſo vollkommen zu
machen/ damit er der Vergnuͤgung genieſſen moͤge
davon ich geredet habe; uͤber dieſes rathe ich allen
tapfferen Cavalieren, ſich nicht auff die Rennbahn zu
begeben/ und ſich dieſer Ubung auff offenen Platzen zu
enthalten/ ehe und bevor ſie inſonderheit ihrer Sachen
gewiß ſind.

Dieweil denn/ gedachter maſſen/ dieſe Ubung ge-
meiniglich im Anſchauen der Damen geſchicht/ und
dieſelben ihnen duͤncken laſſen mehr Recht und Frey-
heit zu haben/ die uͤbel-geſchickten zu beſchimpffen/ ſo
rathe ich einem verſtaͤndigen Cavalier, ſich nicht in die-
ſe Gefahr zu begeben/ auß Beyſorge eines mercklichen
Præjudizes an ſeiner Ehre/ welche ihm einige Streit-
haͤndel verurſachen koͤnte.

Von
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[362/0414] Neuer vollkommener hen/ jedoch ohne außſchlagen noch außſtreichen/ eben ſo wenig als die Croupaden. 6. Die hohen Croupaden ſind eine Schule mit Macht und Staͤrcke/ und kommen den capriolen ſehr nahe/ wenn aber das Pferd nicht außſchlaͤget o- der außſtreichet/ ſo wird dieſe Schule hohe Croupaden genennet. 7. Die Capriolen ſind Spruͤnge von groſſer Hoͤhe/ und einer gantz ſonderlichen Staͤrcke/ und wenn das Pferd in ſeiner groͤſſeſten Hoͤhe ſich befindet/ ſo ſchlaͤgt und ſtreicht es auß/ aus ſeiner gantzen Macht/ als wenn es ſich ſelber/ dem Anſehen nach/ mit ſothanen ungeſtuͤmen Ausſchlagen von einander theilen wolte. Ein Pferd das wol abgerichtet in den Capriolen zu nennen/ ſoll zwiſchen den Seulen ſpringen/ ſtet und ſteiff/ langs einem Carrier gerade hin und her ge- hen/ in die Runde/ welches man auff den Volten ſpringen nennet/ und endlich hinter ſich und vor ſich/ und auf beyde Seiten/ welches man Creutz-Caprio- len heiſſet/ und ſo lange/ daß es alles obgemeldte voll- bringet/ ohne Erhitzung/ ohne Boßheit/ ohne Wi- derſetzung und Ubereilung/ und daß es nicht auf die Fauſt dringet oder auff die Schenckel ſich leget. Wenn man ein ſolches Pferd antrifft/ das koͤnte man wol vollkommen und voͤllig abgerichtet heiſſen. 8. Die Spruͤnge oder Schulen von einem tempo ſind eine gantz ſonderbahre und ſchoͤne Schule/ an Staͤrcke und Macht/ auch vornen und hinten gantz gleich. Das Pferd muß ſich mit allen vier Fuͤſſen zuſam- men in die Hoͤhe begeben/ und mit den vier Eiſen zu- gleich wieder auff den Boden fallen/ mit ſolcher Gleichheit und Richtigkeit/ daß man nicht mehr als einen Schlag hoͤret/ wenn es herab faͤllt/ hernach muß es ſich auch alſofort mit eben der Cadentz wieder erheben/ und ſo viel tempo machen als ſeine Staͤrcke und Macht zulaſſen wil. Dieſe Schule iſt die aller- ſchwerſte/ unter allen Schulen in die Hoͤhe/ wie auch die allerſeltzamſte und ungemeineſte/ und ſind wenig Pferd die in dieſer Schule continuirẽ. Was mich an- langet/ ſo habe ich derſelben niemals mehr als zwey geſehen/ ſeit fuͤnff und zwanzig Jahren her/ daß ich dieſer Kunſt obgelegen. Die allerleichteſte/ nach meiner Meinung/ wird unterſchiedlich genennet. Etliche nennen ſie den Schritt der Sprung; Andere ſagen zwey Schritt/ der Sprung; Einige wollen es nennen einen Schritt/ eine Courbette, und einen Sprung; Was mich be- trifft/ ſolte ich meines Erachtens nicht irren/ wenn ich ſie nennete eine Schule von zwey tempo, und einen Sprung/ weil nothwendig dieſe Cadentz oder Maaß darbey in Acht genommen werden muß: die Pferde bleiben gerne bey dieſer Schule/ dieweil die Zeit/ die ſie haben/ ſie nicht verunruhiget/ und gar wenig be- ſchweret/ welches ihnen eine Luſt gibt. Dieſes iſt/ was ich euch von den Schulen uͤber der Erden lehren wollen/ und wuͤrde ſehr erfruet ſeyn/ wenn ich euch hierinen einige Vergnuͤgung werde gegeben haben. Von dem Ring-Rennen/ Lantzen- brechen und Kopffren- nen. MAn laͤſſet ſich zimlich angelegen ſeyn/ daß man nicht in Vergeſſenheit gerahte/ in deſſen Anſe- hung habe ich dieſes erſte Capitel davon anfangen wollen. Es findet ſich/ ſagt man/ Leute/ die in dieſer Be- gebenheit eine natuͤrliche Zuneigung zu der Ubung in der Reit-Kunſt haben/ und die/ ohne Erlernung derſelben/ alsbald Anfangs etwas annehmliches in ihrer Poſitur und Feſt-Sitzung an den Tag geben/ dergleichen ſaget man auch von den Waffen/ und Tantzen/ und andern Leibes-Ubungen. Aber was das Ringrennen anlanget/ ſehen wir niemand/ ins ge- mein davon zu reden/ der entweder Geſchicklichkeit oder Wolanſtaͤndigkeit/ oder eine rechte Art in dieſer Ubung erweiſe/ wo er nicht wol darinnen unterrichtet/ und ſolche eine Zeitlang geuͤbet/ ob ſolche ſchon/ die Warheit zuſagen/ die jenige unter allen iſt/ welche mehr einen Reuter zu erkennen giebt/ indem ſie eine von den allerſchoͤnſten Handlungen iſt/ ſo ſehr zierlich in ihrer Vorſtellung und Außuͤbung ſeyn ſoll. Was mich anlanget/ ſo halte ich ſie fuͤr die aller- ſchwereſte/ denn weil ſie offentlich geſchicht/ ſo begeh- ret man darinnen ſich ſonderlich ſehen zu laſſen/ und dieſe Eiferſucht oder Begierde wol zu thun/ gebieret offt eine widerwertige Wirckung/ alſo daß das Ge- muͤth von ſolcher Begierde ſich darein zu begeben uͤbernehmen laͤſſer/ und ſich nicht erinnert/ was zu ei- nem ſchoͤnen Rennen erfordert wird. Uber dieſes geſchicht dieſe Ubung zum oͤffterſten/ dem Frauenzimmer eine Ergetzlichkeit zu machen/ wie es denn auch allein das jenige iſt/ warum ſie den Preiß geben/ und alſo ihnen zugefallen befindet ſich ein jed- weder von der Ehre eingenommen/ ſie zu vergnuͤgen/ und iſt man bemuͤhet in gemein ſich vollkommen und beliebt gegen eine und andere inſonderheit zu erwei- ſen. Alſo reitzet die ehrgeitzige Begierde den Preiß da- von zu tragen uns mit ſo dringender Hitze an/ daß al- ler dieſer Eifer und Begierde/ welche die Bewegun- gen unſers Gemuͤths einnimmet/ gar offt machet/ daß einer die gute Poſtur verlieret/ welches den Feh- ler und Ubelanſtaͤdigkeit in dieſer ſchoͤnen Handlung verurſachet/ die in allem juſt und recht ſeyn ſolte. Da- hero ich einem Cavalier rathe/ ſich alſo vollkommen zu machen/ damit er der Vergnuͤgung genieſſen moͤge davon ich geredet habe; uͤber dieſes rathe ich allen tapfferen Cavalieren, ſich nicht auff die Rennbahn zu begeben/ und ſich dieſer Ubung auff offenen Platzen zu enthalten/ ehe und bevor ſie inſonderheit ihrer Sachen gewiß ſind. Dieweil denn/ gedachter maſſen/ dieſe Ubung ge- meiniglich im Anſchauen der Damen geſchicht/ und dieſelben ihnen duͤncken laſſen mehr Recht und Frey- heit zu haben/ die uͤbel-geſchickten zu beſchimpffen/ ſo rathe ich einem verſtaͤndigen Cavalier, ſich nicht in die- ſe Gefahr zu begeben/ auß Beyſorge eines mercklichen Præjudizes an ſeiner Ehre/ welche ihm einige Streit- haͤndel verurſachen koͤnte. Von

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Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/414>, abgerufen am 21.11.2024.