Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688.

Bild:
<< vorherige Seite
Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch]
Hierzu wird/ als dero erste und
vornehmste Nothwendigkeit erfor-
dert/ welche ist
1. Die Form uud beste Gestalt
der Stangen.

OBgleich die gute Gestalt einer Stangen/ das
wenigste bey derselben guten Würckung thun
kan/ wie auch eine unformliche Gestalt/ die Wür-
ckungen an sich selber nicht hindert: so ist doch in Ord-
nang der Stangen auch auff die Gestalt der Stangen
zu sehen/ nicht zwar daß man wegen der guten Pro-
portion/ die Regeln der Außtheilung überschreiten
und auß der Acht lassen/ und lieber ein wolgestalte/
als recht außgetheilte Stangen führen solte/ welches
dem Reuter in der Ubung deß Pferdes/ mehr Ubel-
stand bringen/ als ihm die wohl-formirte Stangen
Zierde geben würde/ weil sein und deß Pferdes gute
Bezeigungen/ nicht von den wolgestalten/ sondern
allein von denen recht außgetheilten Stangen her-
kommet.

Dieses nun kommt her 1. wegen deß Wolstands
selber/ so eine zierliche Stangen eines Pferdes gu-
te Gestalt verursachet/ wie und wieviel dieselbe da-
durch zu vermehren/ wie durch eine unproportionirte
zu vermindern ist. 2. So werden die wolgestalten
Stangen jederzeit am nechsten bey der rechten Auß-
theilung/ die ungestalten aber am weitesten von der-
selben seyn/ und wird sich in der Warheit und Erfah-
rung befinden/ daß die Stangen/ welche nur auß
weniger Wissenschafft/ mehr nach der rechten Auß-
theilung/ nach der besten Gestalt gemachet werden/
und demnach von ungefehr/ bey weitem nicht so bö-
ser Würckungen/ als die jenigen seyn werden/ welche
bey der schönsten Form der Außtheilung ermangel-
ten.

Daher kommet es allein/ daß eine Hand/ (welche
von der guten Reiß- oder Mahler-Kunst/ nicht das
geringste weiß/ dennoch eine gantz wol proportionir-
te Stangen vorstellen kan/ ob gleich die Linien/ oder
die Riß an sich selber grob und ungeschicket seynd/ so
repräsentiret sie doch ein wolgestalte Bildnuß/ die e-
ben so wohl formir et seyn kan/ als ob sie die beste rei-
neste Mahlers Hand angezeichnet hätte: welche mehr
nicht als einen subtilen Riß darzu contribuiren/ zu der
rechten Form aber/ weiter nichts/ als einigen Zierath
beyfügen kan. Die Form an sich selber aber bleibet
so weit zierlich/ als es in der rechten Außtheilung ver-
bleibet/ welche wiederum an den Circul und gerade
Linien verbunden/ die diese gute Eigenschafften in und
an sich haben/ daß sie keine böse Proportion machen/
so fern sie anderst recht gebrauchet werden/ weil sie der
guten Gestalt nicht allein niemahls widerstreben/ son-
dern vielmehr darein leiten/ daher sie denen/ so nicht
reissen können/ solchen Abgang ihrer Wissenschafft
und gewisser Handführung ersetzen helffen: so kan der
Sporer den allerzierlichsten Riß/ nicht anderst als in
der Haupt-Bildung/ mit in die Stangen bringen/
ja den wenigsten Theil/ der subtilesten Striche/
Schattirung/ oder zierlichen Blumen Wercks nach-
machen: hergegen aber einer groben Hand/ wol ge-
[Spaltenumbruch] theilete und nach der rechten Maaß vorgerissene
Stangen/ eben so gut nachmachen/ als ob sie die al-
lersubtileste Hand vorgerissen hätte/ welche Reinig-
keit der Hand nicht weiter/ als auff das Papier nach-
folget/ in deß Sporers Werckstat aber wieder um-
wenden und hinderbleiben muß.

Ein ander Beschaffenheit hat es hergegen mit ei-
ner wol außgetheilten Stangen/ deren völlige Bil-
dung dem eisernen Original nachgehet/ und als ein
rechtes Conterfait/ nicht allein die gute Gestalt/ an
und ausser dem Pferde bloß zuzeigen/ sondern auch
desselben Nothwendigkeit/ in den guten Würckungen
zu spühren/ an welchen so viel gelegen ist/ als in deren
Beschreibungen vermeldet/ daß auch ungleich besser
wäre/ lauter ungestalte als übel außgetheilete Stan-
gen zu gebrauchen: wann man je eines von denselben
entbehren solte oder müste/ dessen es aber nicht bedarff/
weil die allerbeste Gestaltvielmehr in der rechten
Außtheilung/ als in der zierlichen Form stecket/ so ein
gute Mahlers-Hand geben oder erdencken möchte:
können also die rechte Außtheilung und gute Gestalt/
in diesem Fall und Stück/ gar wol beysammen stehen/
eines des andern Wolstand vermehren.

2. Seynd die Stangen im Gebrauch/ (sonder-
lich in währender Abrichtung/) der Pferde/ die be-
quemsten und sichersten/ welche fein glat/ und also ge-
machet seynd/ das man sie im Anfassen/ vest halten/
ohne Schmertzen oder Verletzung sicher begreiffen
kan/ dann wo die scharffen Ecken/ Spitzen und der-
gleichen schneidige Außschweiffungen/ ausserhalb
den Stangen hervorreichen/ könen sie nicht allein/ den
der die Pferde bey den Stangen halten und wolver-
sichern solle/ sondern auch das Pferd selber angreif-
fen/ und grosse Unordnung und Schaden verursa-
chen.

Wo man nun die Stangen sehr köstlich machen
will/ sollen die Zierrathen vielmehr inwendig auff den
starcken Stangen als außwendigstehen.

3. Dabey die saubere Arbeit deß Sporers/ in dem
reinen Ausfällen un Verzinen/ auch wann man es
weiter außhauen oder mosieren soll/ sehr viel Wol-
stand geben kan/ welches aber noch nicht soviel auf
sich hat/ als daß die Stangen/ von gutem zähen
Eysen/ (welches dabey auch mehr als andere glat ist/)
recht nach dem Abriß gemachet sey/ daß sie dem Riß
durchauß gleich seyn. Sonderlich daß sie an denen
rundgebogenen Orten/ keinen Bruch haben/ so in
dem Knie und im Schluß deß Mundstücks am ehe-
sten und leichtesten geschiecht/ und wann dasselbe ver-
schlagen oder sonst verdecket wird/ kan darüber grosse
Gefahr und Schaden entstehen. Denn einem paar
Stangen wird die Erhaltung und Verwahrlosung
deß Lebens aufgeladen.

Viel Reuter haben die Buggeln/ an den Stangen
für so wolständig gehalten/ daß sie Sprichsworts-
weiß gesagt/ daß man in Mangel baaren Geldes ein
Stück Kleyd verkauffen/ und dieselbe dafür schaffe/
wie denn dieselbe einen zimlichen Wolstand/ und ein
zierliches Ansehen machen.

So viel nun die Krümmen und Rundung/ (ohne
Verfälschung der rechten Richtung und Außthei-
lung) wol formiret werden/ um soviel wolständiger

wird
Neuer vollkommener
[Spaltenumbruch]
Hierzu wird/ als dero erſte und
vornehmſte Nothwendigkeit erfor-
dert/ welche iſt
1. Die Form uud beſte Geſtalt
der Stangen.

OBgleich die gute Geſtalt einer Stangen/ das
wenigſte bey derſelben guten Wuͤrckung thun
kan/ wie auch eine unformliche Geſtalt/ die Wuͤr-
ckungen an ſich ſelber nicht hindert: ſo iſt doch in Ord-
nang der Stangen auch auff die Geſtalt der Stangen
zu ſehen/ nicht zwar daß man wegen der guten Pro-
portion/ die Regeln der Außtheilung uͤberſchreiten
und auß der Acht laſſen/ und lieber ein wolgeſtalte/
als recht außgetheilte Stangen fuͤhren ſolte/ welches
dem Reuter in der Ubung deß Pferdes/ mehr Ubel-
ſtand bringen/ als ihm die wohl-formirte Stangen
Zierde geben wuͤrde/ weil ſein und deß Pferdes gute
Bezeigungen/ nicht von den wolgeſtalten/ ſondern
allein von denen recht außgetheilten Stangen her-
kommet.

Dieſes nun kommt her 1. wegen deß Wolſtands
ſelber/ ſo eine zierliche Stangen eines Pferdes gu-
te Geſtalt verurſachet/ wie und wieviel dieſelbe da-
durch zu vermehren/ wie durch eine unproportionirte
zu vermindern iſt. 2. So werden die wolgeſtalten
Stangen jederzeit am nechſten bey der rechten Auß-
theilung/ die ungeſtalten aber am weiteſten von der-
ſelben ſeyn/ und wird ſich in der Warheit und Erfah-
rung befinden/ daß die Stangen/ welche nur auß
weniger Wiſſenſchafft/ mehr nach der rechten Auß-
theilung/ nach der beſten Geſtalt gemachet werden/
und demnach von ungefehr/ bey weitem nicht ſo boͤ-
ſer Wuͤrckungen/ als die jenigen ſeyn werden/ welche
bey der ſchoͤnſten Form der Außtheilung ermangel-
ten.

Daher kommet es allein/ daß eine Hand/ (welche
von der guten Reiß- oder Mahler-Kunſt/ nicht das
geringſte weiß/ dennoch eine gantz wol proportionir-
te Stangen vorſtellen kan/ ob gleich die Linien/ oder
die Riß an ſich ſelber grob und ungeſchicket ſeynd/ ſo
repraͤſentiret ſie doch ein wolgeſtalte Bildnuß/ die e-
ben ſo wohl formir et ſeyn kan/ als ob ſie die beſte rei-
neſte Mahlers Hand angezeichnet haͤtte: welche mehr
nicht als einen ſubtilen Riß darzu contribuiren/ zu der
rechten Form aber/ weiter nichts/ als einigen Zierath
beyfuͤgen kan. Die Form an ſich ſelber aber bleibet
ſo weit zierlich/ als es in der rechten Außtheilung ver-
bleibet/ welche wiederum an den Circul und gerade
Linien verbunden/ die dieſe gute Eigenſchafften in und
an ſich haben/ daß ſie keine boͤſe Proportion machen/
ſo fern ſie anderſt recht gebrauchet werden/ weil ſie der
guten Geſtalt nicht allein niemahls widerſtreben/ ſon-
dern vielmehr darein leiten/ daher ſie denen/ ſo nicht
reiſſen koͤnnen/ ſolchen Abgang ihrer Wiſſenſchafft
und gewiſſer Handfuͤhrung erſetzen helffen: ſo kan der
Sporer den allerzierlichſten Riß/ nicht anderſt als in
der Haupt-Bildung/ mit in die Stangen bringen/
ja den wenigſten Theil/ der ſubtileſten Striche/
Schattirung/ oder zierlichen Blumen Wercks nach-
machen: hergegen aber einer groben Hand/ wol ge-
[Spaltenumbruch] theilete und nach der rechten Maaß vorgeriſſene
Stangen/ eben ſo gut nachmachen/ als ob ſie die al-
lerſubtileſte Hand vorgeriſſen haͤtte/ welche Reinig-
keit der Hand nicht weiter/ als auff das Papier nach-
folget/ in deß Sporers Werckſtat aber wieder um-
wenden und hinderbleiben muß.

Ein ander Beſchaffenheit hat es hergegen mit ei-
ner wol außgetheilten Stangen/ deren voͤllige Bil-
dung dem eiſernen Original nachgehet/ und als ein
rechtes Conterfait/ nicht allein die gute Geſtalt/ an
und auſſer dem Pferde bloß zuzeigen/ ſondern auch
deſſelben Nothwendigkeit/ in den guten Wuͤrckungen
zu ſpuͤhren/ an welchen ſo viel gelegen iſt/ als in deren
Beſchreibungen vermeldet/ daß auch ungleich beſſer
waͤre/ lauter ungeſtalte als uͤbel außgetheilete Stan-
gen zu gebrauchen: wann man je eines von denſelben
entbehren ſolte oder muͤſte/ deſſen es aber nicht bedarff/
weil die allerbeſte Geſtaltvielmehr in der rechten
Außtheilung/ als in der zierlichen Form ſtecket/ ſo ein
gute Mahlers-Hand geben oder erdencken moͤchte:
koͤnnen alſo die rechte Außtheilung und gute Geſtalt/
in dieſem Fall und Stuͤck/ gar wol beyſammen ſtehen/
eines des andern Wolſtand vermehren.

2. Seynd die Stangen im Gebrauch/ (ſonder-
lich in waͤhrender Abrichtung/) der Pferde/ die be-
quemſten und ſicherſten/ welche fein glat/ und alſo ge-
machet ſeynd/ das man ſie im Anfaſſen/ veſt halten/
ohne Schmertzen oder Verletzung ſicher begreiffen
kan/ dann wo die ſcharffen Ecken/ Spitzen und der-
gleichen ſchneidige Außſchweiffungen/ auſſerhalb
den Stangen hervorreichen/ koͤnen ſie nicht allein/ den
der die Pferde bey den Stangen halten und wolver-
ſichern ſolle/ ſondern auch das Pferd ſelber angreif-
fen/ und groſſe Unordnung und Schaden verurſa-
chen.

Wo man nun die Stangen ſehr koͤſtlich machen
will/ ſollen die Zierrathen vielmehr inwendig auff den
ſtarcken Stangen als außwendigſtehen.

3. Dabey die ſaubere Arbeit deß Sporers/ in dem
reinen Ausfaͤllen un Verzinen/ auch wann man es
weiter außhauen oder moſieren ſoll/ ſehr viel Wol-
ſtand geben kan/ welches aber noch nicht ſoviel auf
ſich hat/ als daß die Stangen/ von gutem zaͤhen
Eyſen/ (welches dabey auch mehr als andere glat iſt/)
recht nach dem Abriß gemachet ſey/ daß ſie dem Riß
durchauß gleich ſeyn. Sonderlich daß ſie an denen
rundgebogenen Orten/ keinen Bruch haben/ ſo in
dem Knie und im Schluß deß Mundſtuͤcks am ehe-
ſten und leichteſten geſchiecht/ und wann daſſelbe ver-
ſchlagen oder ſonſt verdecket wird/ kan daruͤber groſſe
Gefahr und Schaden entſtehen. Denn einem paar
Stangen wird die Erhaltung und Verwahrloſung
deß Lebens aufgeladen.

Viel Reuter haben die Buggeln/ an den Stangen
fuͤr ſo wolſtaͤndig gehalten/ daß ſie Sprichsworts-
weiß geſagt/ daß man in Mangel baaren Geldes ein
Stuͤck Kleyd verkauffen/ und dieſelbe dafuͤr ſchaffe/
wie denn dieſelbe einen zimlichen Wolſtand/ und ein
zierliches Anſehen machen.

So viel nun die Kruͤmmen und Rundung/ (ohne
Verfaͤlſchung der rechten Richtung und Außthei-
lung) wol formiret werden/ um ſoviel wolſtaͤndiger

wird
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0242" n="228"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Neuer vollkommener</hi> </fw><lb/>
              <cb/>
            </div>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#b">Hierzu wird/ als dero er&#x017F;te und</hi><lb/>
vornehm&#x017F;te Nothwendigkeit erfor-<lb/>
dert/ welche i&#x017F;t<lb/><hi rendition="#b">1. Die Form uud be&#x017F;te Ge&#x017F;talt</hi><lb/>
der Stangen.</head><lb/>
              <p><hi rendition="#in">O</hi>Bgleich die gute Ge&#x017F;talt einer Stangen/ das<lb/>
wenig&#x017F;te bey der&#x017F;elben guten Wu&#x0364;rckung thun<lb/>
kan/ wie auch eine unformliche Ge&#x017F;talt/ die Wu&#x0364;r-<lb/>
ckungen an &#x017F;ich &#x017F;elber nicht hindert: &#x017F;o i&#x017F;t doch in Ord-<lb/>
nang der Stangen auch auff die Ge&#x017F;talt der Stangen<lb/>
zu &#x017F;ehen/ nicht zwar daß man wegen der guten Pro-<lb/>
portion/ die Regeln der Außtheilung u&#x0364;ber&#x017F;chreiten<lb/>
und auß der Acht la&#x017F;&#x017F;en/ und lieber ein wolge&#x017F;talte/<lb/>
als recht außgetheilte Stangen fu&#x0364;hren &#x017F;olte/ welches<lb/>
dem Reuter in der Ubung deß Pferdes/ mehr Ubel-<lb/>
&#x017F;tand bringen/ als ihm die wohl-formirte Stangen<lb/>
Zierde geben wu&#x0364;rde/ weil &#x017F;ein und deß Pferdes gute<lb/>
Bezeigungen/ nicht von den wolge&#x017F;talten/ &#x017F;ondern<lb/>
allein von denen recht außgetheilten Stangen her-<lb/>
kommet.</p><lb/>
              <p>Die&#x017F;es nun kommt her 1. wegen deß Wol&#x017F;tands<lb/>
&#x017F;elber/ &#x017F;o eine zierliche Stangen eines Pferdes gu-<lb/>
te Ge&#x017F;talt verur&#x017F;achet/ wie und wieviel die&#x017F;elbe da-<lb/>
durch zu vermehren/ wie durch eine unproportionirte<lb/>
zu vermindern i&#x017F;t. 2. So werden die wolge&#x017F;talten<lb/>
Stangen jederzeit am nech&#x017F;ten bey der rechten Auß-<lb/>
theilung/ die unge&#x017F;talten aber am weite&#x017F;ten von der-<lb/>
&#x017F;elben &#x017F;eyn/ und wird &#x017F;ich in der Warheit und Erfah-<lb/>
rung befinden/ daß die Stangen/ welche nur auß<lb/>
weniger Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft/ mehr nach der rechten Auß-<lb/>
theilung/ nach der be&#x017F;ten Ge&#x017F;talt gemachet werden/<lb/>
und demnach von ungefehr/ bey weitem nicht &#x017F;o bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;er Wu&#x0364;rckungen/ als die jenigen &#x017F;eyn werden/ welche<lb/>
bey der &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten Form der Außtheilung ermangel-<lb/>
ten.</p><lb/>
              <p>Daher kommet es allein/ daß eine Hand/ (welche<lb/>
von der guten Reiß- oder Mahler-Kun&#x017F;t/ nicht das<lb/>
gering&#x017F;te weiß/ dennoch eine gantz wol proportionir-<lb/>
te Stangen vor&#x017F;tellen kan/ ob gleich die Linien/ oder<lb/>
die Riß an &#x017F;ich &#x017F;elber grob und unge&#x017F;chicket &#x017F;eynd/ &#x017F;o<lb/>
repra&#x0364;&#x017F;entiret &#x017F;ie doch ein wolge&#x017F;talte Bildnuß/ die e-<lb/>
ben &#x017F;o wohl formir et &#x017F;eyn kan/ als ob &#x017F;ie die be&#x017F;te rei-<lb/>
ne&#x017F;te Mahlers Hand angezeichnet ha&#x0364;tte: welche mehr<lb/>
nicht als einen &#x017F;ubtilen Riß darzu contribuiren/ zu der<lb/>
rechten Form aber/ weiter nichts/ als einigen Zierath<lb/>
beyfu&#x0364;gen kan. Die Form an &#x017F;ich &#x017F;elber aber bleibet<lb/>
&#x017F;o weit zierlich/ als es in der rechten Außtheilung ver-<lb/>
bleibet/ welche wiederum an den Circul und gerade<lb/>
Linien verbunden/ die die&#x017F;e gute Eigen&#x017F;chafften in und<lb/>
an &#x017F;ich haben/ daß &#x017F;ie keine bo&#x0364;&#x017F;e Proportion machen/<lb/>
&#x017F;o fern &#x017F;ie ander&#x017F;t recht gebrauchet werden/ weil &#x017F;ie der<lb/>
guten Ge&#x017F;talt nicht allein niemahls wider&#x017F;treben/ &#x017F;on-<lb/>
dern vielmehr darein leiten/ daher &#x017F;ie denen/ &#x017F;o nicht<lb/>
rei&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen/ &#x017F;olchen Abgang ihrer Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafft<lb/>
und gewi&#x017F;&#x017F;er Handfu&#x0364;hrung er&#x017F;etzen helffen: &#x017F;o kan der<lb/>
Sporer den allerzierlich&#x017F;ten Riß/ nicht ander&#x017F;t als in<lb/>
der Haupt-Bildung/ mit in die Stangen bringen/<lb/>
ja den wenig&#x017F;ten Theil/ der &#x017F;ubtile&#x017F;ten Striche/<lb/>
Schattirung/ oder zierlichen Blumen Wercks nach-<lb/>
machen: hergegen aber einer groben Hand/ wol ge-<lb/><cb/>
theilete und nach der rechten Maaß vorgeri&#x017F;&#x017F;ene<lb/>
Stangen/ eben &#x017F;o gut nachmachen/ als ob &#x017F;ie die al-<lb/>
ler&#x017F;ubtile&#x017F;te Hand vorgeri&#x017F;&#x017F;en ha&#x0364;tte/ welche Reinig-<lb/>
keit der Hand nicht weiter/ als auff das Papier nach-<lb/>
folget/ in deß Sporers Werck&#x017F;tat aber wieder um-<lb/>
wenden und hinderbleiben muß.</p><lb/>
              <p>Ein ander Be&#x017F;chaffenheit hat es hergegen mit ei-<lb/>
ner wol außgetheilten Stangen/ deren vo&#x0364;llige Bil-<lb/>
dung dem ei&#x017F;ernen Original nachgehet/ und als ein<lb/>
rechtes Conterfait/ nicht allein die gute Ge&#x017F;talt/ an<lb/>
und au&#x017F;&#x017F;er dem Pferde bloß zuzeigen/ &#x017F;ondern auch<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben Nothwendigkeit/ in den guten Wu&#x0364;rckungen<lb/>
zu &#x017F;pu&#x0364;hren/ an welchen &#x017F;o viel gelegen i&#x017F;t/ als in deren<lb/>
Be&#x017F;chreibungen vermeldet/ daß auch ungleich be&#x017F;&#x017F;er<lb/>
wa&#x0364;re/ lauter unge&#x017F;talte als u&#x0364;bel außgetheilete Stan-<lb/>
gen zu gebrauchen: wann man je eines von den&#x017F;elben<lb/>
entbehren &#x017F;olte oder mu&#x0364;&#x017F;te/ de&#x017F;&#x017F;en es aber nicht bedarff/<lb/>
weil die allerbe&#x017F;te Ge&#x017F;taltvielmehr in der rechten<lb/>
Außtheilung/ als in der zierlichen Form &#x017F;tecket/ &#x017F;o ein<lb/>
gute Mahlers-Hand geben oder erdencken mo&#x0364;chte:<lb/>
ko&#x0364;nnen al&#x017F;o die rechte Außtheilung und gute Ge&#x017F;talt/<lb/>
in die&#x017F;em Fall und Stu&#x0364;ck/ gar wol bey&#x017F;ammen &#x017F;tehen/<lb/>
eines des andern Wol&#x017F;tand vermehren.</p><lb/>
              <p>2. Seynd die Stangen im Gebrauch/ (&#x017F;onder-<lb/>
lich in wa&#x0364;hrender Abrichtung/) der Pferde/ die be-<lb/>
quem&#x017F;ten und &#x017F;icher&#x017F;ten/ welche fein glat/ und al&#x017F;o ge-<lb/>
machet &#x017F;eynd/ das man &#x017F;ie im Anfa&#x017F;&#x017F;en/ ve&#x017F;t halten/<lb/>
ohne Schmertzen oder Verletzung &#x017F;icher begreiffen<lb/>
kan/ dann wo die &#x017F;charffen Ecken/ Spitzen und der-<lb/>
gleichen &#x017F;chneidige Auß&#x017F;chweiffungen/ au&#x017F;&#x017F;erhalb<lb/>
den Stangen hervorreichen/ ko&#x0364;nen &#x017F;ie nicht allein/ den<lb/>
der die Pferde bey den Stangen halten und wolver-<lb/>
&#x017F;ichern &#x017F;olle/ &#x017F;ondern auch das Pferd &#x017F;elber angreif-<lb/>
fen/ und gro&#x017F;&#x017F;e Unordnung und Schaden verur&#x017F;a-<lb/>
chen.</p><lb/>
              <p>Wo man nun die Stangen &#x017F;ehr ko&#x0364;&#x017F;tlich machen<lb/>
will/ &#x017F;ollen die Zierrathen vielmehr inwendig auff den<lb/>
&#x017F;tarcken Stangen als außwendig&#x017F;tehen.</p><lb/>
              <p>3. Dabey die &#x017F;aubere Arbeit deß Sporers/ in dem<lb/>
reinen Ausfa&#x0364;llen un Verzinen/ auch wann man es<lb/>
weiter außhauen oder mo&#x017F;ieren &#x017F;oll/ &#x017F;ehr viel Wol-<lb/>
&#x017F;tand geben kan/ welches aber noch nicht &#x017F;oviel auf<lb/>
&#x017F;ich hat/ als daß die Stangen/ von gutem za&#x0364;hen<lb/>
Ey&#x017F;en/ (welches dabey auch mehr als andere glat i&#x017F;t/)<lb/>
recht nach dem Abriß gemachet &#x017F;ey/ daß &#x017F;ie dem Riß<lb/>
durchauß gleich &#x017F;eyn. Sonderlich daß &#x017F;ie an denen<lb/>
rundgebogenen Orten/ keinen Bruch haben/ &#x017F;o in<lb/>
dem Knie und im Schluß deß Mund&#x017F;tu&#x0364;cks am ehe-<lb/>
&#x017F;ten und leichte&#x017F;ten ge&#x017F;chiecht/ und wann da&#x017F;&#x017F;elbe ver-<lb/>
&#x017F;chlagen oder &#x017F;on&#x017F;t verdecket wird/ kan daru&#x0364;ber gro&#x017F;&#x017F;e<lb/>
Gefahr und Schaden ent&#x017F;tehen. Denn einem paar<lb/>
Stangen wird die Erhaltung und Verwahrlo&#x017F;ung<lb/>
deß Lebens aufgeladen.</p><lb/>
              <p>Viel Reuter haben die Buggeln/ an den Stangen<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;o wol&#x017F;ta&#x0364;ndig gehalten/ daß &#x017F;ie Sprichsworts-<lb/>
weiß ge&#x017F;agt/ daß man in Mangel baaren Geldes ein<lb/>
Stu&#x0364;ck Kleyd verkauffen/ und die&#x017F;elbe dafu&#x0364;r &#x017F;chaffe/<lb/>
wie denn die&#x017F;elbe einen zimlichen Wol&#x017F;tand/ und ein<lb/>
zierliches An&#x017F;ehen machen.</p><lb/>
              <p>So viel nun die Kru&#x0364;mmen und Rundung/ (ohne<lb/>
Verfa&#x0364;l&#x017F;chung der rechten Richtung und Außthei-<lb/>
lung) wol formiret werden/ um &#x017F;oviel wol&#x017F;ta&#x0364;ndiger<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wird</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[228/0242] Neuer vollkommener Hierzu wird/ als dero erſte und vornehmſte Nothwendigkeit erfor- dert/ welche iſt 1. Die Form uud beſte Geſtalt der Stangen. OBgleich die gute Geſtalt einer Stangen/ das wenigſte bey derſelben guten Wuͤrckung thun kan/ wie auch eine unformliche Geſtalt/ die Wuͤr- ckungen an ſich ſelber nicht hindert: ſo iſt doch in Ord- nang der Stangen auch auff die Geſtalt der Stangen zu ſehen/ nicht zwar daß man wegen der guten Pro- portion/ die Regeln der Außtheilung uͤberſchreiten und auß der Acht laſſen/ und lieber ein wolgeſtalte/ als recht außgetheilte Stangen fuͤhren ſolte/ welches dem Reuter in der Ubung deß Pferdes/ mehr Ubel- ſtand bringen/ als ihm die wohl-formirte Stangen Zierde geben wuͤrde/ weil ſein und deß Pferdes gute Bezeigungen/ nicht von den wolgeſtalten/ ſondern allein von denen recht außgetheilten Stangen her- kommet. Dieſes nun kommt her 1. wegen deß Wolſtands ſelber/ ſo eine zierliche Stangen eines Pferdes gu- te Geſtalt verurſachet/ wie und wieviel dieſelbe da- durch zu vermehren/ wie durch eine unproportionirte zu vermindern iſt. 2. So werden die wolgeſtalten Stangen jederzeit am nechſten bey der rechten Auß- theilung/ die ungeſtalten aber am weiteſten von der- ſelben ſeyn/ und wird ſich in der Warheit und Erfah- rung befinden/ daß die Stangen/ welche nur auß weniger Wiſſenſchafft/ mehr nach der rechten Auß- theilung/ nach der beſten Geſtalt gemachet werden/ und demnach von ungefehr/ bey weitem nicht ſo boͤ- ſer Wuͤrckungen/ als die jenigen ſeyn werden/ welche bey der ſchoͤnſten Form der Außtheilung ermangel- ten. Daher kommet es allein/ daß eine Hand/ (welche von der guten Reiß- oder Mahler-Kunſt/ nicht das geringſte weiß/ dennoch eine gantz wol proportionir- te Stangen vorſtellen kan/ ob gleich die Linien/ oder die Riß an ſich ſelber grob und ungeſchicket ſeynd/ ſo repraͤſentiret ſie doch ein wolgeſtalte Bildnuß/ die e- ben ſo wohl formir et ſeyn kan/ als ob ſie die beſte rei- neſte Mahlers Hand angezeichnet haͤtte: welche mehr nicht als einen ſubtilen Riß darzu contribuiren/ zu der rechten Form aber/ weiter nichts/ als einigen Zierath beyfuͤgen kan. Die Form an ſich ſelber aber bleibet ſo weit zierlich/ als es in der rechten Außtheilung ver- bleibet/ welche wiederum an den Circul und gerade Linien verbunden/ die dieſe gute Eigenſchafften in und an ſich haben/ daß ſie keine boͤſe Proportion machen/ ſo fern ſie anderſt recht gebrauchet werden/ weil ſie der guten Geſtalt nicht allein niemahls widerſtreben/ ſon- dern vielmehr darein leiten/ daher ſie denen/ ſo nicht reiſſen koͤnnen/ ſolchen Abgang ihrer Wiſſenſchafft und gewiſſer Handfuͤhrung erſetzen helffen: ſo kan der Sporer den allerzierlichſten Riß/ nicht anderſt als in der Haupt-Bildung/ mit in die Stangen bringen/ ja den wenigſten Theil/ der ſubtileſten Striche/ Schattirung/ oder zierlichen Blumen Wercks nach- machen: hergegen aber einer groben Hand/ wol ge- theilete und nach der rechten Maaß vorgeriſſene Stangen/ eben ſo gut nachmachen/ als ob ſie die al- lerſubtileſte Hand vorgeriſſen haͤtte/ welche Reinig- keit der Hand nicht weiter/ als auff das Papier nach- folget/ in deß Sporers Werckſtat aber wieder um- wenden und hinderbleiben muß. Ein ander Beſchaffenheit hat es hergegen mit ei- ner wol außgetheilten Stangen/ deren voͤllige Bil- dung dem eiſernen Original nachgehet/ und als ein rechtes Conterfait/ nicht allein die gute Geſtalt/ an und auſſer dem Pferde bloß zuzeigen/ ſondern auch deſſelben Nothwendigkeit/ in den guten Wuͤrckungen zu ſpuͤhren/ an welchen ſo viel gelegen iſt/ als in deren Beſchreibungen vermeldet/ daß auch ungleich beſſer waͤre/ lauter ungeſtalte als uͤbel außgetheilete Stan- gen zu gebrauchen: wann man je eines von denſelben entbehren ſolte oder muͤſte/ deſſen es aber nicht bedarff/ weil die allerbeſte Geſtaltvielmehr in der rechten Außtheilung/ als in der zierlichen Form ſtecket/ ſo ein gute Mahlers-Hand geben oder erdencken moͤchte: koͤnnen alſo die rechte Außtheilung und gute Geſtalt/ in dieſem Fall und Stuͤck/ gar wol beyſammen ſtehen/ eines des andern Wolſtand vermehren. 2. Seynd die Stangen im Gebrauch/ (ſonder- lich in waͤhrender Abrichtung/) der Pferde/ die be- quemſten und ſicherſten/ welche fein glat/ und alſo ge- machet ſeynd/ das man ſie im Anfaſſen/ veſt halten/ ohne Schmertzen oder Verletzung ſicher begreiffen kan/ dann wo die ſcharffen Ecken/ Spitzen und der- gleichen ſchneidige Außſchweiffungen/ auſſerhalb den Stangen hervorreichen/ koͤnen ſie nicht allein/ den der die Pferde bey den Stangen halten und wolver- ſichern ſolle/ ſondern auch das Pferd ſelber angreif- fen/ und groſſe Unordnung und Schaden verurſa- chen. Wo man nun die Stangen ſehr koͤſtlich machen will/ ſollen die Zierrathen vielmehr inwendig auff den ſtarcken Stangen als außwendigſtehen. 3. Dabey die ſaubere Arbeit deß Sporers/ in dem reinen Ausfaͤllen un Verzinen/ auch wann man es weiter außhauen oder moſieren ſoll/ ſehr viel Wol- ſtand geben kan/ welches aber noch nicht ſoviel auf ſich hat/ als daß die Stangen/ von gutem zaͤhen Eyſen/ (welches dabey auch mehr als andere glat iſt/) recht nach dem Abriß gemachet ſey/ daß ſie dem Riß durchauß gleich ſeyn. Sonderlich daß ſie an denen rundgebogenen Orten/ keinen Bruch haben/ ſo in dem Knie und im Schluß deß Mundſtuͤcks am ehe- ſten und leichteſten geſchiecht/ und wann daſſelbe ver- ſchlagen oder ſonſt verdecket wird/ kan daruͤber groſſe Gefahr und Schaden entſtehen. Denn einem paar Stangen wird die Erhaltung und Verwahrloſung deß Lebens aufgeladen. Viel Reuter haben die Buggeln/ an den Stangen fuͤr ſo wolſtaͤndig gehalten/ daß ſie Sprichsworts- weiß geſagt/ daß man in Mangel baaren Geldes ein Stuͤck Kleyd verkauffen/ und dieſelbe dafuͤr ſchaffe/ wie denn dieſelbe einen zimlichen Wolſtand/ und ein zierliches Anſehen machen. So viel nun die Kruͤmmen und Rundung/ (ohne Verfaͤlſchung der rechten Richtung und Außthei- lung) wol formiret werden/ um ſoviel wolſtaͤndiger wird

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/242
Zitationshilfe: Pinter von der Au, Johann Christoph: Neuer, vollkommener, verbesserter und ergänzter Pferd-Schatz. Frankfurt (Main), 1688, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pinter_pferdschatz_1688/242>, abgerufen am 21.12.2024.