Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.

Bild:
<< vorherige Seite

Funfzig Maximen
miger Bullenbeisser, oder heimtückischer Dachs-
Hund,
oder ein kurzweiliges Möppelgen. Die
letztere Art können unsere Gegner noch am ersten
vertragen; denn sie haben keine Zähne zu beissen.

35. Maxime.

Ein poetischer Floh überraschelt einen mit
seinen angebrachten Stichen oft, ehe man sichs
versiehet; und wenn man im Begriff ist, ihn zu
erhaschen, hüpft er davon, und läßt sich nicht in
die gestellte Floh-Falle locken.

36. Maxime.

Eine poetische Laus suchet sich gern bey an-
gesehenen Familien, oder dem Pöbel, einzuni-
sten; und wenn sie sich einmal in den Grind
eingefressen, wird man sie schwerlich wieder her-
ausbringen: man müßte sich denn selber die Haa-
re knapp verschneiden lassen.

37. Maxime.

Ein poetischer Mistkäfer kriechet, euch zu
gefallen, wenn ihr ihm die Mühe bezahlet, in
ein heimliches Gemach, oder wird ein Wahrsa-
ger aus dem Urin-Glase, oder versinkt selber so
tief in den Schlamm, daß er sich nicht wieder
heraushelfen kann.

38. Maxime.

Ein poetischer Schmetterling fleucht um ein
brennend Licht, gleich einer Mücke, so lange her-
um, bis er sich die Flügel verbrennet, oder ihm
solche in den Tollhäusern beschnitten werden.

39. Ma-

Funfzig Maximen
miger Bullenbeiſſer, oder heimtuͤckiſcher Dachs-
Hund,
oder ein kurzweiliges Moͤppelgen. Die
letztere Art koͤnnen unſere Gegner noch am erſten
vertragen; denn ſie haben keine Zaͤhne zu beiſſen.

35. Maxime.

Ein poetiſcher Floh uͤberraſchelt einen mit
ſeinen angebrachten Stichen oft, ehe man ſichs
verſiehet; und wenn man im Begriff iſt, ihn zu
erhaſchen, huͤpft er davon, und laͤßt ſich nicht in
die geſtellte Floh-Falle locken.

36. Maxime.

Eine poetiſche Laus ſuchet ſich gern bey an-
geſehenen Familien, oder dem Poͤbel, einzuni-
ſten; und wenn ſie ſich einmal in den Grind
eingefreſſen, wird man ſie ſchwerlich wieder her-
ausbringen: man muͤßte ſich denn ſelber die Haa-
re knapp verſchneiden laſſen.

37. Maxime.

Ein poetiſcher Miſtkaͤfer kriechet, euch zu
gefallen, wenn ihr ihm die Muͤhe bezahlet, in
ein heimliches Gemach, oder wird ein Wahrſa-
ger aus dem Urin-Glaſe, oder verſinkt ſelber ſo
tief in den Schlamm, daß er ſich nicht wieder
heraushelfen kann.

38. Maxime.

Ein poetiſcher Schmetterling fleucht um ein
brennend Licht, gleich einer Muͤcke, ſo lange her-
um, bis er ſich die Fluͤgel verbrennet, oder ihm
ſolche in den Tollhaͤuſern beſchnitten werden.

39. Ma-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0090" n="82"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Funfzig Maximen</hi></fw><lb/>
miger <hi rendition="#fr">Bullenbei&#x017F;&#x017F;er,</hi> oder heimtu&#x0364;cki&#x017F;cher <hi rendition="#fr">Dachs-<lb/>
Hund,</hi> oder ein kurzweiliges <hi rendition="#fr">Mo&#x0364;ppelgen.</hi> Die<lb/>
letztere Art ko&#x0364;nnen un&#x017F;ere Gegner noch am er&#x017F;ten<lb/>
vertragen; denn &#x017F;ie haben <hi rendition="#fr">keine Za&#x0364;hne</hi> zu bei&#x017F;&#x017F;en.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">35. Maxime.</hi> </head><lb/>
          <p>Ein <hi rendition="#fr">poeti&#x017F;cher Floh</hi> u&#x0364;berra&#x017F;chelt einen mit<lb/>
&#x017F;einen angebrachten Stichen oft, ehe man &#x017F;ichs<lb/>
ver&#x017F;iehet; und wenn man im Begriff i&#x017F;t, ihn zu<lb/>
erha&#x017F;chen, hu&#x0364;pft er davon, und la&#x0364;ßt &#x017F;ich nicht in<lb/>
die ge&#x017F;tellte Floh-Falle locken.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">36. Maxime.</hi> </head><lb/>
          <p>Eine <hi rendition="#fr">poeti&#x017F;che Laus</hi> &#x017F;uchet &#x017F;ich gern bey an-<lb/>
ge&#x017F;ehenen Familien, oder dem Po&#x0364;bel, einzuni-<lb/>
&#x017F;ten; und wenn &#x017F;ie &#x017F;ich einmal in den Grind<lb/>
eingefre&#x017F;&#x017F;en, wird man &#x017F;ie &#x017F;chwerlich wieder her-<lb/>
ausbringen: man mu&#x0364;ßte &#x017F;ich denn &#x017F;elber die Haa-<lb/>
re knapp ver&#x017F;chneiden la&#x017F;&#x017F;en.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">37. Maxime.</hi> </head><lb/>
          <p>Ein <hi rendition="#fr">poeti&#x017F;cher Mi&#x017F;tka&#x0364;fer</hi> kriechet, euch zu<lb/>
gefallen, wenn ihr ihm die Mu&#x0364;he bezahlet, in<lb/>
ein heimliches Gemach, oder wird ein Wahr&#x017F;a-<lb/>
ger aus dem Urin-Gla&#x017F;e, oder ver&#x017F;inkt &#x017F;elber &#x017F;o<lb/>
tief in den Schlamm, daß er &#x017F;ich nicht wieder<lb/>
heraushelfen kann.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">38. Maxime.</hi> </head><lb/>
          <p>Ein <hi rendition="#fr">poeti&#x017F;cher Schmetterling</hi> fleucht um ein<lb/>
brennend Licht, gleich einer Mu&#x0364;cke, &#x017F;o lange her-<lb/>
um, bis er &#x017F;ich die Flu&#x0364;gel verbrennet, oder ihm<lb/>
&#x017F;olche in den Tollha&#x0364;u&#x017F;ern be&#x017F;chnitten werden.</p>
        </div><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">39. Ma-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[82/0090] Funfzig Maximen miger Bullenbeiſſer, oder heimtuͤckiſcher Dachs- Hund, oder ein kurzweiliges Moͤppelgen. Die letztere Art koͤnnen unſere Gegner noch am erſten vertragen; denn ſie haben keine Zaͤhne zu beiſſen. 35. Maxime. Ein poetiſcher Floh uͤberraſchelt einen mit ſeinen angebrachten Stichen oft, ehe man ſichs verſiehet; und wenn man im Begriff iſt, ihn zu erhaſchen, huͤpft er davon, und laͤßt ſich nicht in die geſtellte Floh-Falle locken. 36. Maxime. Eine poetiſche Laus ſuchet ſich gern bey an- geſehenen Familien, oder dem Poͤbel, einzuni- ſten; und wenn ſie ſich einmal in den Grind eingefreſſen, wird man ſie ſchwerlich wieder her- ausbringen: man muͤßte ſich denn ſelber die Haa- re knapp verſchneiden laſſen. 37. Maxime. Ein poetiſcher Miſtkaͤfer kriechet, euch zu gefallen, wenn ihr ihm die Muͤhe bezahlet, in ein heimliches Gemach, oder wird ein Wahrſa- ger aus dem Urin-Glaſe, oder verſinkt ſelber ſo tief in den Schlamm, daß er ſich nicht wieder heraushelfen kann. 38. Maxime. Ein poetiſcher Schmetterling fleucht um ein brennend Licht, gleich einer Muͤcke, ſo lange her- um, bis er ſich die Fluͤgel verbrennet, oder ihm ſolche in den Tollhaͤuſern beſchnitten werden. 39. Ma-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/90
Zitationshilfe: Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/90>, abgerufen am 21.11.2024.