Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.bey der Froschmäusler-Gesellschaft. nes Brocks und anderer uns fatalen erhabenenPoeten anatomiren, ihre darinn versteckte Kunst- Regeln herausdistilliren; und wenn ich solche gerade umgekehret, werden nothwendig gar sichere Cautelen einer kriechenden Poesie her- auskommen. 9. Maxime. Das erste, worüber ein Hans-Sachsen- und 10. Maxime. Folglich kan einerley Thema sowol bey einer 11. Maxime. Man darf aus allen Disciplinen in der Welt 12. Ma- E 2
bey der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft. nes Brocks und anderer uns fatalen erhabenenPoeten anatomiren, ihre darinn verſteckte Kunſt- Regeln herausdiſtilliren; und wenn ich ſolche gerade umgekehret, werden nothwendig gar ſichere Cautelen einer kriechenden Poeſie her- auskommen. 9. Maxime. Das erſte, woruͤber ein Hans-Sachſen- und 10. Maxime. Folglich kan einerley Thema ſowol bey einer 11. Maxime. Man darf aus allen Diſciplinen in der Welt 12. Ma- E 2
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bey der Froſchmaͤusler-Geſellſchaft.
nes Brocks und anderer uns fatalen erhabenen
Poeten anatomiren, ihre darinn verſteckte Kunſt-
Regeln herausdiſtilliren; und wenn ich ſolche
gerade umgekehret, werden nothwendig gar
ſichere Cautelen einer kriechenden Poeſie her-
auskommen.
9. Maxime.
Das erſte, woruͤber ein Hans-Sachſen- und
kriechender Poete ſich die Naͤgel oͤfters zu zer-
beiſſen pfleget, iſt die Erfindung des Thematis
oder auszufuͤhrenden Satzes. Die Froſchmaͤus-
ler-Geſellſchaft aber geſtattet bey denen ihr uͤber-
reichten Gedichten alle nur erſinnliche Thema-
ta auf alle und jede Faͤlle zu appliciren.
10. Maxime.
Folglich kan einerley Thema ſowol bey einer
froͤhlichen als traurigen Begebenheit durchfuͤhren.
Der Held, der in einem Gedichte an einen groſ-
ſen Herrn aufgefuͤhrt wird, kann auch in einem
Gratulanten-Vers an einen Kaufmann oder
Buͤrgermeiſter kommen; man giebt ihm nur
eine kleine andere Tour, z. E. a contrario, a
ſimili, a diſſimili, etc.
11. Maxime.
Man darf aus allen Diſciplinen in der Welt
einen Satz herausnehmen, er ſey wahr oder
falſch, und ihn in allen Gedichten anbringen,
ſollte man auch einen Sprung von der Suͤnd-
fluth bis auf einen maͤßigen Platz-Regen thun,
den man poetiſch beſchreiben wollte.
12. Ma-
E 2
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Zitationshilfe: | Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 67. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/75>, abgerufen am 03.03.2025. |