Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.mit den Reim-Schmieden. genesung. Wer hätte nun wol in solchem Ge-dichte suchen sollen, daß er sich mit den Tyran- nen herumkeifen, und dem Minister anmuthen würde, da er ordentlich anhebet: Sagt, ihr Tyrannen, etc. daß er seinem poetischen unzeiti- gen Eifer und Geschwätze eine halbe Stunde zu- hören solle? Jn Prose ist Cicero, wegen sei- ner allotrischen Ausschweifung, einer der größ- ten Kupfer-Schmiede in der Redner-Kunst ge- wesen. Denn wer sollte wol in dessen Rede vor dem Poeten Archius, da er zeigen will, er sey ein römischer Bürger, eine ausführliche Be- schreibung der litterarum humaniarum, und in der Rede pro Milone, daß solcher den Clo- dium nicht heimlich massacrirt, einen Beweis der Existenz Gottes suchen? Doch genug hievon, ein andermal ein mehrers! Transeant haec, cum caeteris erroribus! Drittes Probestück. Funfzig Maximen und Cautelen, enthaltend alle Haupt-Kunst-Griffe und Geheimnisse der kriechenden Poesie auch Reimschmiede- Kunst. Erste Maxime. Sonst heißt das Sprüchwort: Poeta na- wir
mit den Reim-Schmieden. geneſung. Wer haͤtte nun wol in ſolchem Ge-dichte ſuchen ſollen, daß er ſich mit den Tyran- nen herumkeifen, und dem Miniſter anmuthen wuͤrde, da er ordentlich anhebet: Sagt, ihr Tyrannen, ꝛc. daß er ſeinem poetiſchen unzeiti- gen Eifer und Geſchwaͤtze eine halbe Stunde zu- hoͤren ſolle? Jn Proſe iſt Cicero, wegen ſei- ner allotriſchen Ausſchweifung, einer der groͤß- ten Kupfer-Schmiede in der Redner-Kunſt ge- weſen. Denn wer ſollte wol in deſſen Rede vor dem Poeten Archius, da er zeigen will, er ſey ein roͤmiſcher Buͤrger, eine ausfuͤhrliche Be- ſchreibung der litterarum humaniarum, und in der Rede pro Milone, daß ſolcher den Clo- dium nicht heimlich maſſacrirt, einen Beweis der Exiſtenz Gottes ſuchen? Doch genug hievon, ein andermal ein mehrers! Tranſeant haec, cum caeteris erroribus! Drittes Probeſtuͤck. Funfzig Maximen und Cautelen, enthaltend alle Haupt-Kunſt-Griffe und Geheimniſſe der kriechenden Poeſie auch Reimſchmiede- Kunſt. Erſte Maxime. Sonſt heißt das Spruͤchwort: Poëta na- wir
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mit den Reim-Schmieden.
geneſung. Wer haͤtte nun wol in ſolchem Ge-
dichte ſuchen ſollen, daß er ſich mit den Tyran-
nen herumkeifen, und dem Miniſter anmuthen
wuͤrde, da er ordentlich anhebet: Sagt, ihr
Tyrannen, ꝛc. daß er ſeinem poetiſchen unzeiti-
gen Eifer und Geſchwaͤtze eine halbe Stunde zu-
hoͤren ſolle? Jn Proſe iſt Cicero, wegen ſei-
ner allotriſchen Ausſchweifung, einer der groͤß-
ten Kupfer-Schmiede in der Redner-Kunſt ge-
weſen. Denn wer ſollte wol in deſſen Rede vor
dem Poeten Archius, da er zeigen will, er ſey
ein roͤmiſcher Buͤrger, eine ausfuͤhrliche Be-
ſchreibung der litterarum humaniarum, und
in der Rede pro Milone, daß ſolcher den Clo-
dium nicht heimlich maſſacrirt, einen Beweis
der Exiſtenz Gottes ſuchen? Doch genug
hievon, ein andermal ein mehrers! Tranſeant
haec, cum caeteris erroribus!
Drittes Probeſtuͤck.
Funfzig Maximen und Cautelen, enthaltend
alle Haupt-Kunſt-Griffe und Geheimniſſe
der kriechenden Poeſie auch Reimſchmiede-
Kunſt.
Erſte Maxime.
Sonſt heißt das Spruͤchwort: Poëta na-
ſcitur, non fit. Ein Poete wird gebohren, nicht
durch die Kunſt gemacht. Wir kehrens um.
Ein kriechender Poete und Reim-Schmied aber
wird in unſerer Geſellſchaft nicht gebohren: denn
wir
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