Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743.XVI. Gedämpft Rindfleich etc. was er mit diesem hochtrabenden Geschreysagen wolle. Jst etwa das seine Meynung: Der Tempel des guten Geschmacks sey nun zu seiner vollkommenen Größe gelanget: So hätte er diesen natürlichen Gedanken nicht durch solche Wort-Ballonen erst bis in die dunkle Wolken schleudern sollen. Je höher der gute Geschmack steiget, je lichter wird es, und die dunkeln Wolken werden zer- streuet. Sechszehendes Couvert. Gedämpft Rindfleisch mit Lorbeern und Wacholderbeern. Wenn mir eine Stelle gefallen hat, wor- schet
XVI. Gedaͤmpft Rindfleich ꝛc. was er mit dieſem hochtrabenden Geſchreyſagen wolle. Jſt etwa das ſeine Meynung: Der Tempel des guten Geſchmacks ſey nun zu ſeiner vollkommenen Groͤße gelanget: So haͤtte er dieſen natuͤrlichen Gedanken nicht durch ſolche Wort-Ballonen erſt bis in die dunkle Wolken ſchleudern ſollen. Je hoͤher der gute Geſchmack ſteiget, je lichter wird es, und die dunkeln Wolken werden zer- ſtreuet. Sechszehendes Couvert. Gedaͤmpft Rindfleiſch mit Lorbeern und Wacholderbeern. Wenn mir eine Stelle gefallen hat, wor- ſchet
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XVI. Gedaͤmpft Rindfleich ꝛc.
was er mit dieſem hochtrabenden Geſchrey
ſagen wolle. Jſt etwa das ſeine Meynung:
Der Tempel des guten Geſchmacks ſey nun
zu ſeiner vollkommenen Groͤße gelanget: So
haͤtte er dieſen natuͤrlichen Gedanken nicht
durch ſolche Wort-Ballonen erſt bis in die
dunkle Wolken ſchleudern ſollen. Je hoͤher
der gute Geſchmack ſteiget, je lichter wird
es, und die dunkeln Wolken werden zer-
ſtreuet.
Sechszehendes Couvert.
Gedaͤmpft Rindfleiſch mit Lorbeern
und Wacholderbeern.
Wenn mir eine Stelle gefallen hat, wor-
inn der Autor zeiget, daß er noch nicht alle
geſunde Schmecke verlohren: So iſt es ſon-
derlich die elfte und zwoͤlfte Seite; ausge-
nommen die eingeflickte proſaiſche Stelle.
Denn was iſt das vor Deutſch: eine weit-
ſchweifige Beſchreibung? Man ſpricht wol:
weit ausſchweifende, aber weitſchweifig ſchickt
ſich beſſer fuͤr die Roßkaͤufer, wenn ſie die
Pferde mit weiten Schweifen beſehen. Was
ſoll ferner der Einfall ſagen: Er habe Gele-
genheit, eine umſtaͤndliche Beſchreibung der
Baukunſt bey dem Geſchmacks-Tempel an-
zubringen, wenn er Luſt haͤtte, ungeleſen zu
bleiben? Dieſer Anhang iſt vollkommen
verwirrt. Denn eben das ſuchet und wuͤn-
ſchet
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Zitationshilfe: | Philippi, Johann Ernst: Regeln und Maximen der edlen Reimschmiede-Kunst, auch kriechender Poesie. Altenburg, 1743, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/philippi_reimschmiedekunst_1743/300>, abgerufen am 03.03.2025. |